Bankman-Fried stellt sich New York Times “Ich habe eine Pflicht, zu erklären, was passiert ist”

Im Interview mit der New York Times stellt sich Sam Bankman-Fried den Betrugsvorwürfen. Ehrliche Reue – oder der Versuch, sich reinzuwaschen?

Giacomo Maihofer
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Sam Bankman-Fried

Beitragsbild: Picture Alliance

| Sam Bankman-Fried scheint sich keiner Schuld bewusst zu sein

Er sitzt da, wie ein verschämter Junge. Zerzaustes Haar. Schwarzes T-Shirt. Den Blick oft auf den Boden gerichtet, wenn er spricht. Ab und zu beginnt er sogar zu zittern. Sam Bankman-Fried, der Gründer von FTX und Alameda Research, stellte sich gestern auf dem New York Times Dealbook Summit, am 30. November, über einer Stunde lang per Videocall den bohrenden Fragen von Andrew Ross Sorkin, einem der profiliertesten US-Finanzjournalisten.

Es ist das erste richtige Interview des einstigen Kryptostars seit dem Crash der zweitgrößten Kryptobörse der Welt, FTX, am Anfang November 2022. Einige sehen darin einen der “größten Betrugsfälle aller Zeiten”. Über zehn Milliarden US-Dollar werden vernichtet. FTX geht pleite. Kunden-Assets werden eingefroren. Im Raum stehen Vorwürfe von Bilanzfälschung, Kundengelder-Veruntreuung bis Geldwäscherei. Die ganzen Hintergründe erfahrt ihr hier.

Sam Bankman-Fried ist aus den Bahamas zugeschaltet, seit einem Jahr lebt er dort. Das Gespräch wird sehr emotional. Manchmal auch: seltsam. Als Sorkin den gefallenen Kryptohelden beispielsweise fragt, ob seine Anwälte es für eine gute Idee halten, dass er dieses Interview führt, lacht der Saal. Die Antwort des 30-Jährigen: “Nein, das tun sie nicht.” Und wieder: Gelächter. “Ich habe eine Pflicht, zu erklären, was passiert ist, das Richtige zu tun – und unseren Kunden zu helfen.”

Ehrliche Reue oder ein Versuch, sich reinzuwaschen?

Sorkin setzt gleich zu Beginn den Rahmen für das schwierige Gespräch. Für den FTX-Crash gebe es zwei Lesarten: “Entweder du bist ein junger Mann, der eine Serie von schrecklichen Entscheidungen traf. Oder du hast einen massiven Betrug begangen, das hier ist ein Ponzi Scheme”, so Sorkin. “Was ist passiert?”

Ich habe eine Menge Fehler gemacht, aber ich habe nie versucht, einen Betrug zu begehen. Vor einem Monat war ich von den Aussichten von FTX begeistert. Ich sah es als ein blühendes, wachsendes Unternehmen. Ich war schockiert über das, was in diesem Monat geschah. Und wenn ich es rekonstruiere, gab es Dinge, von denen ich wünschte, ich hätte sie anders gemacht.

Sam Bankman-Fried

Aus der Sicht von SBF ist der Crash einfach passiert, ohne Intention. Er habe die Übersicht verloren. Der Grund: Alameda Research, der von ihm gegründete Hedgefonds, habe eine immer größere Short-Position aufgebaut. Und das auch mit Kundengeldern. Er selbst habe darüber nichts gewusst.

“Ich habe Alameda nicht geleitet. Ich lernte davon, in dem Moment, in dem der Crash passiert”, so SBF. “Ich war überrascht, wie groß Alamedas Position war, was einen Fehler meinerseits in der Aufsicht zeigt. Aber wir haben nicht versucht, Kundengelder zu veruntreuen.” Zusätzlich behauptet er, dass FTX-US im Gegensatz zum internationalen Ableger noch vollkommen solvent sei. “Ich bin verwirrt darüber, warum die Gelder nicht ausgezahlt werden.”

Auf die Frage, ob er Angst vor Strafverfolgung habe, antwortet SBF:

Das ist nicht das, worauf ich mich konzentriere. Es wird eine Zeit und einen Ort geben, an dem ich über mich und meine eigene Zukunft nachdenken kann. Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt. Worauf es ankommt, ist, dass ich alles tue, um den Millionen Kunden und den Stakeholder von FTX, die verletzt wurden, zu helfen. Ich denke nicht, dass das, was mit mir passiert, der wichtigste Teil ist.

Sam Bankman-Fried

Sam Bankman-Fried beteuert, dass er sich den Behörden stellen und voll kooperieren werde, sobald die Zeit reif sei. Am Ende des Interviews erhält er sogar Applaus vom Saal dafür, dass er sich diesem Interview gestellt hat.

Podcast

Krypto-Community reagiert auf Twitter

In den sozialen Medien fallen die Reaktionen zum Auftritt gemischt aus. “Nennt mich verrückt, aber ich denke sbf sagt die Wahrheit”, twitterte Bill Ackmann, CEO des milliardenschweren Hedgefonds Pershing Square. Dem Urteil schließt sich auch Kevin O’Leary an, der nach eigenen Angaben “Millionen als Investor” verlor und als “Pressespecher der Firma” in den “Dreck gezogen” wurde.

Der Großteil der Community scheint SBF die Nummer allerdings nicht abzukaufen. Einige nehmen es mit Galgenhumor. So kursieren gerade viele Videos des sarkastischen “I’m sorry”-Memes aus der Serie South Park, mit dem Gesicht von SBF drauf.

“Ich finde es ziemlich bescheuert, dass die Financial Times mir ein härteres Interview gab als die New York Times Sam Bankman-Fried”, äußerte sich Cardano-Gründer Charles Hoskinson.

“Ich habe mir gerade das Interview angeschaut und kann nicht glauben, was ich gesehen habe. Ich bin sprachlos angesichts der Verzerrungen, die hier am Werk sind”, so der Bitcoiner David Marcus.

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