Kommentar Lieber BaFin-Chef, Bitcoin ist nicht anonym!

Kritische Äußerungen gegenüber Bitcoin stehen von Behörden nach wie vor an der Tagesordnung. Diesmal hat sich der BaFin-Chef Mark Branson in einem Interview mit der ZEIT zum Kryptosektor geäußert. Ein Kommentar.

Sven Wagenknecht
Teilen
BaFin-Chef Mark Branson

Beitragsbild: Picture Alliance

| Wie kritisch steht der BaFin-Chef Mark Branson Kryptowährungen wirklich gegenüber?

In einem Interview mit der ZEIT wurde der Chef der Finanzaufsicht BaFin, Mark Branson, zu seiner Meinung über den Kryptosektor gefragt. Dabei wird deutlich: Er lässt kein gutes Haar an Bitcoin und Co.

So weist Branson darauf hin, dass er persönlich nicht in Kryptowährungen investieren würde. Denn “Geschäfte mit Bitcoin oder ähnlichen digitalen Werten sind hochspekulativ. Das liegt daran, dass der Bitcoin zwar eine gewisse Knappheit, aber keinen intrinsischen Wert hat”, urteilt der wichtigste Finanzaufseher Deutschlands.

Nicht nur Bitcoin ist hochspekulativ

Natürlich darf Herr Branson diese Meinung vertreten, doch greift dieses Argument auch für andere Vermögenswerte, bei denen keine derartige Warnung seitens der BaFin geäußert wird. Was ist der innere Wert von Gold? Ab wann ist ein Vermögenswert hochspekulativ?

Selbst die Kurse sicherer Staatsanleihen sind infolge der rasanten Leitzinserhöhungen regelrecht zusammengebrochen. Und wie wir seit Wirecard wissen, können selbst Aktien von DAX-Konzerne in einem Totalverlust enden. Risiken gibt es immer und auch eine hohe Volatilität kann es bei etablierten Anlageklassen – man denke nur den Energiepreisschock, insbesondere bei Erdgas, im vergangenen Jahr – geben.

Entsprechend wünschenswert wäre es, wenn man bei der Aufsicht den Finger nicht immer nur auf die Anlageklasse der Kryptowährungen richtet. Schließlich sollte keine Anlageklasse diskriminiert werden.

Bitcoin und seine vermeintliche Anonymität

Der vielleicht hartnäckigste Vorbehalt gegenüber Bitcoin und Kryptowährungen ist ihre vermeintliche Anonymität. Auf die Frage hin, ob Kryptowährungen nicht auch sinnvoll genutzt werden können, um Menschen in Autokratien Schutz vor dem Regime oder in Schwellenländern einen Zugang zum Finanzsektor zu bieten, verneint Branson die Frage. So äußert er:

“Aber Kryptowährungen sind leider auch keine sinnvolle Lösung: Gerade weil Bitcoin und andere Kryptowährungen sich anonym transferieren lassen, sind sie besonders attraktiv für die organisierte Kriminalität oder die Terrorfinanzierung.”

Leider trägt Branson mit solchen Äußerungen dazu bei, das fälschliche Image von “bösen Kryptowährungen” zu manifestieren. Zum einen sind Kryptowährungen nicht anonym, sondern pseudonym und zweitens sind aller News-Schlagzeilen zum Trotz die Summen hinsichtlich Terrorfinanzierung, relativ zu traditionellen Finanzierungsmethoden, sehr gering.

Nur unvorsichtige Verbrecher nutzen daher Bitcoin und auch die Terrororganisation Hamas hat ihre Krypto-Spendenkonten geschlossen, da derartige Transaktionen zu viele Spuren hinterlassen. Entsprechend wünschenswert wäre es auch hier gewesen, wenn der BaFin-Chef etwas differenzierter argumentiert hätte.

Verständnis für BaFin-Chef

Fairerweise muss man anerkennen, dass Mark Branson als BaFin-Chef nur schwerlich positiv über Kryptowährungen sprechen kann. Genau wie von einem Zentralbanker auch, wird von ihm in seiner Rolle erwartet, dass er mahnende Worte und Vorsicht gegenüber dem Kryptosektor walten lässt.

Es wäre riskant für ihn und seine Behörde, wenn er sich zu positiv gegenüber dem Kryptosektor äußert und es dann beim nächsten Skandal von Seiten der Presse heißt: “Sieh an, die BaFin hat mal wieder die Verbraucher nicht geschützt.”

Der Reputationsverlust durch den Wirecard-Skandal hat sich tief in das Gedächtnis der BaFin-Mitarbeiter eingebrannt. Entsprechend kann man von einer Behörde nicht die gleichen aufgeschlossenen Worte gegenüber technologischer Innovation erwarten, wie von einem Start-up oder VC-Fonds. Sehr wohl kann man aber erwarten, dass die BaFin der stattfindenden Transformation keine Steine in den Weg legt.

Podcast

BaFin: Selbstkritik gefragt

Leider gibt es hier noch einige offene Baustellen bei der BaFin. So kann es nicht angehen, dass einige Unternehmen seit über 1.000 Tagen auf ihre Kryptoverwahrlizenzen warten. Hier kann der Eindruck entstehen, dass Fristsetzungen nur für Antragssteller gelten, nicht aber für die Behörde selbst.

Bei allen Verpflichtungen, die sie als Aufsicht zu erfüllen hat, ist es ebenfalls ihre Verantwortung, internationale Wettbewerbsfähigkeit für den Standort Deutschland, in regulatorischer Hinsicht, zu gewährleisten.

Allerdings scheint sich Herr Branson besser mit dem Kryptosektor auskennen als manch einer annehmen mag. So geht er davon aus, “dass die traditionelle Finanzwelt nicht auf Dauer Abstand von Kryptowährungen halten kann, wenn die Nachfrage danach anhält und auf den Kryptowinter ein Kryptofrühling folgt.” Der BaFin-Chef scheint also sehr gut die Relevanz vom Sektor einzuschätzen zu können. Entsprechend kann man nur hoffen, dass bei der BaFin ein Kulturwandel eintritt, der sich aufgeschlossener gegenüber den Infrastrukturen und Assets der Zukunft erweist.

Du möchtest Kryptowährungen kaufen?
Wir zeigen dir die besten Anbieter für den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Solana & Co. In unserem Vergleichsportal findest du den für dich passenden Anbieter.
Zum Anbietervergleich