Dieser Artikel ist zuerst auf dem Fin Law Blog erschienen.
In Deutschland ist am 10. Juni 2021 das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWPG) in Kraft getreten. Seither besteht für Unternehmen die Möglichkeit der Ausgabe von Schuldverschreibungen als elektronische Wertpapiere. Ein Spezialfall von elektronischen Wertpapieren sind dabei Kryptowertpapiere, bei denen es sich um elektronische Wertpapiere handelt, die in ein Kryptowertpapierregister eingetragen sind. Das eWPG selbst schreibt zwar nicht vor, dass Kryptowertpapiere irgendeinen Bezug zu kryptografischen Technologien haben müssen. Es ordnet lediglich an, dass Kryptowertpapierregister auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt werden müssen, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden. Der Gesetzgeber entschied sich insoweit bewusst für eine technikneutrale Regulierung, um zwar Blockchain- und sonstige Distributed Ledger-Technologien als technische Grundlage für Kryptowertpapierregister zu erfassen, künftige Technologien jedoch nicht auszuschließen.
Tokenisierte Wertpapiere nicht automatisch Kryptowertpapiere
Schon vor Inkrafttreten des eWPG hatten Unternehmen die Möglichkeit, Wertpapiere in tokenisierter Form als sog. Security Token auszugeben. Die Rechte und Pflichten für Emittent und Anleger werden bei tokenisierten Schuldverschreibungen über die zugrundeliegenden Anleihebedingungen mit den Token verknüpft. Bei Transferierung der Token erfolgt zugleich eine Abtretung der mit dem Token verknüpften Rechte an den neuen Tokeninhaber. Nach der vom Gesetzgeber gewählten Konstruktion, dass Kryptowertpapiere nur dann vorliegen können, wenn sie in ein Kryptowertpapierregister eingetragen werden, werden Security Token ohne eine solche Eintragung keine Kryptowertpapiere darstellen und als rechtliche Alternative bleiben. Tokenemittenten können deshalb zwischen der Begabe eines Kryptowertpapiers oder eines klassischen Security Token wählen. Doch welche Vor- und Nachteile sind mit den beiden Varianten verbunden?
Registerpflicht von Kryptowertpapieren
Zunächst müssen Kryptowertpapiere in Kryptowertpapierregister eingetragen werden. Die Registerpflicht ist für Emittenten mit nicht unerheblichem Mehraufwand verbunden. Zwar räumt das eWPG Emittenten die Möglichkeit ein, selbst als registerführende Stelle die Eintragung aller durch das Gesetz vorgeschriebenen Angaben in das Kryptowertpapierregister zu leisten. Einfacher und deshalb häufiger wird in der Praxis aber wohl die Beauftragung eines spezialisierten Dienstleisters sein, was natürlich mit zusätzlichem Kostenaufwand verbunden ist. Ein klarer Vorteil der Kryptowertpapiere ist der durch das eWPG gewährte Gutglaubensschutz. Erwirbt ein Anleger ein Kryptowertpapier von einem unberechtigten Veräußerer, kann der Anleger dennoch neuer rechtmäßiger Inhaber des Kryprowertpapiers werden, solange er von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers nichts wusste. Diese Eigenschaft ermöglicht eine verlässliche Übertragung und damit perspektivisch auch einen börslichen Handel mit Kryptowertpapieren. Der Gutglaubensschutz kann deshalb eindeutig als Vorteil von Kryptowertpapieren eingeordnet werden.
Klassische Security Token verwahrbar durch Kryptoverwahrer
Ein Vorteil von klassischen Security Token ist die Möglichkeit der Verwahrung durch Kryptoverwahrdienstleister. Für die Verwahrung von Kryptowertpapieren, die als Wertpapiere im Sinne des Depotgesetzes gelten, ist demgegenüber eine zugelassene Depotbank als Verwahrstelle erforderlich. Im Hinblick auf die gegenüber Depotbanken doch eher überschaubaren aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Kryptoverwahrer können klassische Security Token deshalb aller Voraussicht nach günstiger verwahrt werden als Kryptowertpapiere.