Das Interview ist zuerst in unserer Kryptokompass-Ausgabe im April erschienen.
BTC-ECHO: Es ist nicht möglich, nicht über den Corona-Crash zu sprechen. Was glaubst du, welchen Einfluss die Krise noch auf den Krypto-Markt haben wird?
Julian Hosp: Ich denke, der Rücksetzer vom 12. März hat jetzt zunächst die Hebel rausgenommen. Das heißt diejenigen Investoren, die stark gehebelt waren, sind jetzt aus dem Markt rausgewaschen worden. Ich denke daher: Wenn wir nach vorne blicken, werden wir eher wieder „normaleres“ Marktverhalten sehen. Ich glaube auch, dass sich Bitcoin wieder etwas von traditionellen Investments abkoppeln wird. Im Gegensatz zu einer starken Korrelation wird der Krypto-Markt folglich wieder seinen eigenen Regeln folgen.
Ich kann mir ferner vorstellen, dass Bitcoin von den geldpolitischen Stimuli durchaus profitieren könnte. Wenn du mich fragst, schätze ich die Wahrscheinlichkeit für steigende Kurse als durchaus hoch ein.
BTC-ECHO: Siehst du Bitcoin als digitales Gold, das jetzt wie das Edelmetall stark korrigiert, um anschließend in den nächsten Monaten sein antizyklisches Potential zu entfalten?
Julian Hosp: Ob Bitcoin Hand in Hand mit Gold steigen wird, weiß ich nicht. Entscheidend ist eher, dass Bitcoins Korrelation mit anderen traditionellen Investments sinken wird. Das entscheidende wird sein, ob sich Bitcoin gegen Aktien behaupten kann. Womöglich entstehen nun Dynamiken, die wir uns aktuell nicht vorstellen können.
BTC-ECHO: Das Bitcoin Halving rückt immer näher und damit auch die Spekulationen über dessen Auswirkung auf den Bitcoin-Kurs. Wie ist deine Meinung dazu?
Julian Hosp: Ich war Anfang letzten Jahres davon überzeugt, dass wir bereits vor dem Halving ein neues Allzeithoch sehen werden. Das Coronavirus hatte zum damaligen Zeitpunkt natürlich niemand voraussehen können. Trotzdem denke ich nicht, dass Bitcoins Wachstum von diesem Ereignis langfristig unterbrochen wird. Meine neue Einschätzung ist, dass wir das Allzeithoch zwar nach dem Halving aber noch vor Ende des Jahres sehen werden. Denn irgendwann wird auch die Corona–Krise ein Ende finden. Der ganz große Run dürfte allerdings erst nächstes Jahr kommen.
BTC-ECHO: Dein Projekt Cake setzt auf den Decentralized-Finance-Trend. Bitte erkläre, wie deine Plattform funktioniert und wie Anleger daran partizipieren können.
Julian Hosp: Zurzeit sind wir noch nicht zu 100 Prozent dezentral. Denn aktuell gibt es mit Cake noch eine zentralisierte Counterparty. Zurzeit haben wir zwei Business Cases: Zum einen können Anleger mit unserer Hilfe Cashflow mithilfe von Kryptowährungen generieren, indem sie Staking betreiben. Zweitens können Anleger mithilfe von unserem so genannten Lapis Service Zinsen aus der Einlage von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder DAI generieren. Wir verleihen die Einlagen sodann an große Partner weiter – ähnlich des Peer-to-Peer-Lending.
BTC-ECHO: Was ist dein Ratschlag für Investoren, die Staking betreiben möchten?
Julian Hosp: Ich denke Staking wird aus Kundensicht super wichtig werden. Die Frage wird allerdings sein: Wie reagieren die Plattformen? Ich sehe da ein Race to the Bottom, bei dem wir die Coins als Marketingmaßnahme fast gebührenfrei anbieten müssen. Anders als bisher werden wir als Plattform in Zukunft nicht mehr 15 Prozent Gewinn aus dem Staking abschöpfen können, sondern deutlich weniger.
Kunden rate ich allerdings nach wie vor „stakebare“ Coins auch zu staken. Einen Coin nur zu kaufen, weil er stakebar ist, würde ich aber nicht empfehlen. Viel wichtiger ist, ob man selbst an den Coin glaubt.
BTC-ECHO: Wie beurteilst du das größte DeFi-Projekt MakerDAO? Ein lukratives Investment in deinen Augen?
Julian Hosp: Maker hat den gesamten DeFi-Bereich geprägt, ohne Maker gäbe es das Alles überhaupt nicht. Ich glaube, das Projekt ist super innovativ, hat aber Risiken. Das große Problem an Maker ist, dass Marktbeobachter diese Risiken nicht verstehen. Ich habe kein Verständnis für Anleger, die ihr gesamtes Hab und Gut in Maker stecken, nur um Zinsen zu generieren. Fragen wie die nach der Geldmenge sind bei Maker bisher unbeantwortet. Der Crash vom 12. März hat dieses Risiko deutlich gemacht. Ich würde mein Hab und Gut aber auch noch nicht in Cake setzen, wir sind erst am Anfang.
BTC-ECHO: In den letzten Wochen wurde viel über Ethereum 2.0 diskutiert. Glaubst du, dass das Update, sofern es denn auch dieses Jahr durchgezogen wird, einen positiven Einfluss auf den Ether-Kurs haben wird?
Julian Hosp: Eines darf man nicht vergessen: Ethereum hat die mit Abstand größte Developer und Nutzer-Community. Zudem ist Ethereum eine Marke – das fördert die Netzwerkeffekte. Wenn du heute jemanden nach Kryptowährungen fragst, kennen die Bitcoin und Ethereum. Alles andere kennen nur noch die Insider.
Ethereum 2.0 wird wichtig sein, damit das Projekt technisch mit den anderen Plattformen mithalten kann. Ich sehe die Wahrscheinlichkeit, dass Ethereum im DeFi-Bereich auf Platz Eins bleibt, bei 80 Prozent.
BTC-ECHO: Während Central Bank Digital Currencies ein großes Echo erfahren haben, ist es um ihre Antagonisten, Privacy-Kryptowährungen wie Monero oder ZCash, eher ruhig bestellt. Wie beurteilst du die Zukunft von Monero und Co.?
Julian Hosp: Am Ende des Tages muss man sich ja immer fragen, welches Problem ein Produkt löst. Ich glaube, dass der Gedanke an finanzielle Privatsphäre aktuell nicht sehr präsent ist. Das liegt daran, dass die Privatsphäre von aktuellen Lösungen immerhin in Ordnung ist. Es muss ja nicht immer aller perfekt sein. Bitcoin und Bargeld weisen eine hinreichende Privatsphäre auf. Daher denke ich, dass Privacy Coins wie ZCash und Monero dann einen Aufschwung erleben werden, wenn diese Privatsphäre eines Tages angegriffen wird – das ist derzeit nicht der Fall. Die aktuelle Krise wird daran nichts ändern. Im Gegenteil: Die einzige Kryptowährung, die jetzt wirklich eine Daseinsberechtigung hat, ist Bitcoin.
BTC-ECHO: Facebooks Libra scheint eine Never Ending Story zu sein. Glaubst du, wir werden dieses Jahr noch ein finales Ergebnis sehen? Und wenn ja, welches Szenario hältst du für realistisch?
Julian Hosp: Ich denke, dass Facebook dieses Jahr zu 75 Prozent eine Kryptowährung auf den Markt bringt. Wie diese ausgestaltet ist, kann ich aber nicht sagen.
BTC-ECHO: Auch wenn du nicht in die Zukunft schauen kannst, was ist dein Tipp für den Bitcoin-Kurs Ende 2020?
Julian Hosp: Es ist super schwierig, im Zeitraum von einem Jahr den Kurs zu prognostizieren – selbst mit meiner Glaskugel 3.000. Daher nur so viel: Ich denke, wir sehen dieses Jahr ein neues Alltime High. Das heißt jetzt nicht garantiert, sondern eher ja, als nein. Bei einem All Time High wären dann 99,9 Prozent der Bitcoin-Nutzer mindestens im Break Even, wenn nicht sogar im Plus. Klar, niemand kann das zu 100% wissen, aber ich kann mir vorstellen, dass das bis November oder Dezember passieren wird, sofern es nicht wieder ein Black Swan Event wie das Coronavirus geben wird.