Die Welt wird vernetzter. Der Meat Space umfasst längst nicht mehr die gesamte Welt, mehr und mehr verschiebt sich in virtuelle Realitäten. Am 22. März berichteten wir etwa von einem VR-Bitcoin-Event. Nicht nur via Zoom, auch über die virtuelle Realität möchten sich immer mehr Menschen austauschen, wodurch sich ganze Welten entwickeln. Wo sich Welten entwickeln, möchte der Mensch sesshaft werden. Und andere davon profitieren. Ein Markt über virtuelle Immobilien kann entstehen.
Das ist keine Phantasterei, sondern auf verschiedenen Plattformen schon Realität. Auf Decentraland und auf Cryptovoxels existiert inzwischen ein Markt für Grundstücke.
Tokenisierte Immobilien mal anders
Tokenisierung von Vermögenswerten ist ein Thema, welches aus der Welt der STOs bekannt ist. BTC-ECHO hatte häufiger über Unternehmen berichtet, welche Immobilien in tokenisierter Form verkaufen. Der Vorteil: Mit vergleichsweise kleinen Summen können Anleger einen Bruchteil einer Immobilie erwerben.
Auch in diesem Fall kann man von „tokenisierten Immobilien“ sprechen. Der Unterschied: Hier handelt es sich um NFT-Token. Wie wir in der letzten Woche schon erklärten, handelt es sich bei Non Fungible Token um Token, die auf Unterscheidbarkeit ausgelegt sind. Im Ethereum-Ökosystem werden derartige Token über den ERC-721-Tokenstandard realisiert.
Bezogen auf Immobilien in der virtuellen Welt beteutet das: Einmalige Grundstücke sind, auch im VR, wirkliche Unikate. Besitzer können ihre Besitzrechte durch das Versenden von Token abgeben. Genau das geschieht auch. Eine Seite, über die derartige Geschäfte verfolgbar sind, ist Open Sea. Dabei handelt es sich um einen Explorer für unterschiedliche NFT-basierte Projekte. Generell kann die Seite eine große Hilfe sein, wenn man den NFT-Markt unter die Lupe nehmen möchte.
Die Seite beweist, dass ein virtueller Immobilienmarkt existiert. Nehmen wir mal diese Kunstgalerie als Beispiel:
Zweifellos eine nette Kunstgalerie. Was das Besondere an diesem Gebäude ist: Vor rund zwei Monaten wechselte dieses und ein Nachbargebäude für umgerechnet über 10.000 US-Dollar den Besitzer.
Ähnliches lässt sich über Decentraland sagen: Auch hier konnte das teuerste Grundstück für rund 16.000 US-Dollar den Besitzer rechnen. Während in Cryptovoxels dieser Kauf in Ether getätigt wurde, ist in Decentraland MANA die Standardwährung. Das Besondere: Hier handelt es sich nicht einmal um ein Gebäude, sondern nur um die Besitzansprüche für eine bestimmte Parzelle. Wer sie besuchen möchte: Die Koordinaten liegen bei 22,2:
Open Sea: Brücke zur virtuellen Ökonomie
Wie kann ein interessierter Investor zu Grundstücken kommen beziehungsweise sie wieder verkaufen? Ein guter zentraler Anlaufpunkt hierfür ist die schon erwähnte Plattform Open Sea. Auf diesem NFT-Marktplatz können Interessierte unter anderem Decentraland– und Cryptovoxels-Objekte an- und verkaufen. Ähnlich wie bei dem in der letzten Woche erwähnten Superrare finden viele Verkäufe in der Form einer Auktion statt. Teilnehmen kann, wie immer, jeder, dessen Ethereum-Wallet mit Open Sea verbunden ist.
Wer an einer Auktion teilnehmen möchte, wählt das Objekt seiner Wahl aus und gibt über die Open-Sea-Plattform ein Angebot:
Gibt man dieses Angebot ab, kann man einstellen, wie lange das Angebot gelten soll. Die Zeit über heißt es wieder warten, bis das Angebot angenommen wird oder jemand anderes die Auktion gewinnt. Natürlich kann man ein Angebot auch wieder zurückziehen. Das geschieht über den Menüpunkt „Offers“ in der Ansicht „Account“:
Ähnlich gehen Grundstückbesitzer vor, die ihren Besitz verkaufen möchten. Sie können wählen, ob sie das Grundstück zu einem festen Kurs verkaufen oder über eine Auktion versteigern möchten.
Worauf beim Kauf von Immobilien zu achten ist
Soweit zum generellen Prozedere. Worauf sollte der virtuelle Eigenheimbesitzer in spe achten? Verschiedene Punkte können hier beachtet werden:
- Wie frequentiert ist der ausgesuchte Platz?
- Was macht das Gebäude/Grundstück einzigartig?
- Wie weit ist er von der Region entfernt, in der Nutzer starten?
- Wie sichtbar ist das Gebäude?
Einen gewissen Vergleich versucht Open Sea zu schaffen, indem es die verschiedenen Metriken in die Größen Area, Depth, Height und Width aggregiert. Für das das Objekt 10 Stitch Road sieht das Ganze wie folgt aus:
Cryptovoxels selbst geht hier noch etwas mehr ins Detail. Betrachtet man das obige Gebäude auf deren Seite, kann man nicht nur eine 3D-Ansicht des Gebäudes genauer studieren, sondern verschiedene Metriken analysieren:
Man kann derartigen Details viel entnehmen: Wie groß die Immobilie ist, wie häufig sie besucht wurde, wie viele Farben verwendet wurden oder in welcher Nachbarschaft sie liegt. Zusätzlich ist dem Abschnitt „Parcel content“ zu entnehmen, welche weiteren Objekte sich auf diesem Gelände befinden. All das kann in die Bewertung einer Immobilie auf Cryptovoxel einfließen.
Decentraland bietet leider nicht so viele Daten, um eine Kaufentscheidung zu fällen, jedoch sind folgende Daten zu finden:
- Entfernung von Startpunkt neuer Nutzer
- Wie viele Straßen die Parzelle berührt
- Ob das Objekt zu einem Distrikt gehört
Gerade der letzte Punkt könnte interessant sein. Die Disktrike sind Plätze, die unter einer bestimmten Governance stehen. Entsprechend ist eine gewisse Aktivität an diesen Orten zu erwarten.
Der Reiz des Neuen oder mögliche Werbefläche?
Soweit ein erster Primer, wie man eine Immobilie in Cryptovoxels und Decentraland bewerten kann. Warum sollten Investoren überhaupt für ein brachliegendes Grundstück in der virtuellen Welt absurde Summen hinblättern? Aktuell ist es zugegebenermaßen wenig ersichtlich. Aber wenn wir uns das Gebäude in der Welt von Cryptovoxels anschauen, könnte ein Investment Case tatsächlich der Aufbau einer Kunstgalerie sein. Ein gut zugängliches Gebäude, in welchem Künstler ihre Werke anbieten, könnte ein attraktiver Ort für Kunstbesitzer sein, die ihre Werke feilbieten wollen. So kann sich eine weitere Wirtschaft in der Virtual Reality entwickeln.
Sollten die virtuellen Realitäten von Cryptovoxels und Decentraland auch mehr entdeckt werden, könnten andere Investment Cases entstehen. Unternehmen könnten gut zugängliche Gebäude kaufen und diese für Werbezwecke nutzen. Die Möglichkeiten erschöpfen sich auch nicht einfach in dem Kauf oder dem Bau von Immobilien. Innerhalb der Welten von Cryptovoxels können Grundstücksbesitzer mit etwas programmiertechnischen Talent die Welt erweitern. Ein bekanntes Beispiel in Cryptovoxel sind dabei, so banal es klingt, farbige Blöcke. Im Developer Contest von 2019 stellte der Entwickler Conlan einen Farben ATM vor:
Wieder: gerade für Unternehmen, die eine virtuelle Präsenz aufbauen wollen, kann der Kauf von Farben ihren Immobilien ein gewisses Alleinstellungsmerkmal geben. Cryptovoxels erinnert an vielen Stellen an die Plattenbauviertel nach der Wende. Entsprechend kann etwas farbenfrohes Interessierte durchaus locken.
Und hier hören die Möglichkeiten nicht auf. Prinzipiell kann man sich vorstellen, dass Entwickler auf Decentraland oder Cryptovoxels eigene Spiele oder sonstige Plattformen entwickeln, deren Nutzung sie sich was kosten lassen. Es handelt sich in beiden Fällen um Welten im Aufbau, was also hier noch kommt weiß nur die Zukunft.