"Wann lernen wir endlich daraus?" Folgen des FTX-Crashs: Warum der Krypto-Traum gefährdet ist

Eine Zukunft, zwei Pfade: Die Wall Street frisst CeFi und DeFi wird das Krypto-Napster. Oder: Die Kryptobranche besinnt sich auf ihre gemeinsamen Werte.

Giacomo Maihofer
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FTX

Beitragsbild: Shutterstock

| Der Kurs der Krypto-Leitwährung Bitcoin (BTC) tendiert unverändert gen Süden.

Über neun Milliarden US-Dollar futsch. Vor allem aber: der wenige Rest Vertrauen in eine Branche, die immer schon unter einem schlechten Ruf litt. Der Crash von FTX im November 2022 zog ein heftiges mediales Erdbeben nach sich, dessen Folgen noch immer zu spüren ist. Die zweitgrößte Kryptobörse der Welt stellte sich als Milliardenbetrug heraus, eine der schlimmsten Finanzskandale der US-Geschichte. Nun steht die Industrie auf dem Weg zum nächsten Bullrun am Scheideweg. Der Geburtstraum eines freien und unabhängigen Finanzsystems, der 2009 mit Bitcoin als radikalem Gegenentwurf zur Wall Street startete, ist in Gefahr. Das meint zumindest Jack Mia, gemäßigter Bitcoiner und Krypto-Chef des 2009 gegründeten Bezahldienstes Unlimint.

FTX erinnert an ein Kernprinzip der Branche

“Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Die Leute vergessen, das sowas wie FTX schon oft im Space passiert ist”, meint Mia. Mt. Gox, Bitstamp, Crispy: So viele zentralisierte Kryptobörsen seien über die Jahre kompromittiert worden, durch Hacks und Missmanagement oder weil sie sich als massiver Betrug herausstellten. “Wann lernen wir endlich daraus?” Seine Antwort, ein altes Sprichwort der Branche: “Not your keys, not your coins. Das müssen wir endlich verstehen, bevor der nächste Bullrun kommt und damit Millionen von neuen Nutzern.” Doch genau diese Ursprungsvision sieht er immer mehr gefährdet.

“Wir sehen eine immer härtere Regulierung des Sektors und damit einhergehend: das Eindringen der Wall Street. Der traditionelle Finanzsektor stand lange an der Seitenlinie und wartete auf den richtigen Moment. Jetzt frisst Wall Street CeFi (kurz für: Centralized Finance).” BlackRock, Fidelity, Nasdaq: Sie alle bieten mittlerweile Krypto-Produkte als Alternative zu Binance und Co. an, vom Handel bis zur Verwahrung und in einem regulierten Rahmen. Und die SEC und andere US-Behörden machen regelrecht Jagd auf unregulierte Krypto-Firmen. Mia macht dabei eine interessante Beobachtung, denn in diesem Streit konkurrieren zwei Formen des Rechts: “Code als Gesetz. Und das Gesetz als Gesetz. Beide wollen Sicherheit garantieren. Die einen durch Regularien. Die anderen durch Technologie. Keiner von beiden ist perfekt.”

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Die Kryptobranche müsse sich laut Mia jetzt auf eines fokussieren: die Entwicklung guter Software und vor allem einfach zu nutzender Self Custodial Wallets. “Aber stattdessen kämpfen wir gegeneinander. Bitcoiner gegen Ethereum. Ethereum gegen Solana. Und so weiter. Die Branche verliert den Ball aus den Augen. Sie muss verstehen: Es geht gegen gewisse Regierungen und den traditionellen Finanzsektor. Glaubst du, diese Institutionen interessiert es, ob es um Bitcoin oder Ethereum geht? Die fühlen sich davon bedroht, dass die ganze Industrie ihre Vorstellung von Geld gefährdet.”

Im schlimmsten Fall fürchtet er, wird die gegenwärtige Kryptobranche und vor allem DeFi aus dem Mainstream weg reguliert. “Das Krypto von heute ist dann das illegale Napster, während die Institutionen ihr zentralisiertes Spotify aufbauen. Alle traden und verwahren dann Bitcoin auf Nasdaq und Co. Aber das verfehlt den ursprünglichen Zweck dieser Technologie.”

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