EU-Verbot sinnvoll? So hoch ist Bitcoins CO₂-Ausstoß wirklich

Die EU will Bitcoin verbieten – für den Klimaschutz. Wie umweltschädlich ist das digitale Gold wirklich? Das sagen die Studien.

Giacomo Maihofer
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Bitcoin MIning

Beitragsbild: AP Photo/Ted Shaffrey

| Die Greenidge Generation Bitcoin Mining Anlage in Dresden, New York, am 29. November 2021.

Die Zukunft von Bitcoin in Europa entscheidet sich an diesem Montag, dem 14. März, um 14.30 Uhr in Brüssel. Dann wird im EU-Parlament über die umstrittene MiCA-Verordnung (Markets in Crypto Assets) abgestimmt. Sie sieht ein Verbot für Kryptowährungen vor, die als nicht nachhaltig eingestuft werden, BTC-ECHO berichtete. Das Verbot zielt vor allem auf Blockchains ab, die den energieaufwendigen Proof-of-Work-Konsens-Algorithmus benutzen. Dazu gehört auch Bitcoin.

Ein ähnlicher Paragraf in der MiCA-Verordnung wurde am Dienstag, den 8. März, auf öffentlichen Druck zurückgenommen. Am Freitag kamen dann neue Änderungseinträge in letzter Sekunde, die auf dasselbe Ergebnis hinauslaufen würden: ein Bitcoin-Verbot – zum Schutz der Umwelt. Sozialdemokraten, Grüne und Linke wollen es durchsetzen. Proof of Work und Bitcoin, das sei Energieverschwendung und eine zu große Belastung für das Klima, so ihr Argument. Unter ähnlichen Vorwänden hat bereits die Volksrepublik China 2021 Bitcoin verboten. Das führte zu einem Massenexodus der dortigen Bitcoin- und Blockchain-Unternehmer.

Die Konsequenzen eines potenziellen BTC-Verbots in Europa wären verheerend: Das digitale Gold macht immer noch rund 40 Prozent des gesamten Handelsvolumens an Kryptowährungen aus. Ein solcher Schritt würde große Teile der Blockchain-Branche aus dem Kontinent drängen, ihn im Wettbewerb schwächen und Finanzkriminalität durch die Illegalisierung fördern.

Rechtfertigt Bitcoins Umweltbelastung wirklich ein solches Verbot? Und wie schneidet das digitale Gold im Vergleich mit anderen Industrien ab?

Stromverbrauch und CO₂-Emissionen

Bitcoins Image als Klimakiller ist alt. Tausende von Spezialcomputern überall auf der Welt lösen jede Sekunde äußerst komplizierte Rechnungen, um das dezentrale System am Laufen zu halten. Dieser als Mining bekannte Prozess beruht auf dem sogenannten Proof-of-Work-Algorithmus. Er ist der Kern des Versprechens, das Bitcoin ausmacht. Mining garantiert die größtmögliche Dezentralität und Sicherheit sowie die Authentizität aller Transaktionen auf der Mutter aller Blockchains. Es gibt auch andere Varianten, um per Algorithmen Konsens in einer Blockchain zu erreichen, beispielsweise Proof of Stake. Aber sie gelten als anfälliger für feindliche Übernahmen und Zentralisierung durch wenige besonders mächtige Player.

Bitcoin ist im Bereich Dezentralität und Sicherheit der König unter den Kryptowährungen. Und dieser Wesenskern hat seinen Preis: Denn BTC-Mining frisst mittlerweile so viel Strom wie kleine Nationen, beispielsweise Finnland oder die Schweiz. Da gibt es nichts schön zu reden.

Blicken wir auf die tatsächlichen CO₂-Emissionen, sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Sie sagen weit mehr aus über die Umweltbelastung als der Stromverbrauch. Entscheidend ist: Woher kommt der Strom? Aus erneuerbaren Energien oder Kohle und Gas? Der europäische Vermögensverwalter Coinshares vergleicht in einer Studie vom Januar 2022 Bitcoin mit anderen längst etablierten Branchen. Das globale Bankensystem, die Gold-Industrie, Datencenter, Flugverkehr und Schiffsfahrt – sie sind viel größere CO₂-Schleudern als Bitcoin.

Bitcoins CO2-Ausstoß im Vergleich zu anderen Industrien.

Coinshares hat nach eigenen Angaben umfassende Datensätze aus verschiedenen Quellen zu einem Modell zusammengelegt, dem bis heute vollständigsten Report. Ihr Ergebnis: 42 Millionen Tonnen soll der CO₂-Ausstoß jährlich betragen. Es gibt auch andere Zahlen: Eine Studie von Forex schätzt den CO₂-Ausstoß auf 57 und Digiconomist kommt gar auf 65 Millionen Tonnen. Das wäre immer noch ein Bruchteil der anderen Industrien.

Die Ergebnisse dieser Modelle hängen von den verfügbaren Datensätzen zum Mining ab. Wo wird Bitcoin geschürft, wie viel und aus welchen Energiequellen? Da existieren – auch im Coinshares-Report – große Lücken, die durch Schätzungen geschlossen werden. Dieselbe Spannbreite ist beim Stromverbrauch zu beobachten: Coinshares schätzt ihn auf 89 Terawatt pro Jahr, eine Studie aus Cambridge spricht von einem jährlichen Verbrauch von 299 Terawatt. Coinshares verdient als Investmentfirma selbst am Verkauf von ETPs (Exchange Traded Products) für Bitcoin, ist also nicht unabhängig in dieser Angelegenheit.

Zentral für die Debatte um Bitcoin und das Klima bleibt: Welcher Energiemix kommt beim Mining zum Einsatz? Denn BTC-Miner lassen sich oft in bestimmten Regionen nieder, bauen dort große Hardware-Farmen auf. Sie haben eine ganz unterschiedliche CO₂-Bilanz.

Eine Minerfarm für Bitcoin. Die Grafikkarten werden für die Berechnungen genutzt.
Eine Minerfarm für Bitcoin. Die Grafikkarten werden für die Berechnungen des Proof of Work-Algorithmus benutzt.

Aus Kasachstan, den US-Bundesstaaten Montana und Kentucky sowie der kanadischen Provinz Alberta kommen beispielsweise 26 Prozent der gesamten Energie für das Netzwerk, sie sind aber für 43 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich, so der Report. Diese Miner setzen vor allem auf Kohle, Gas und Öl. Andere Regionen wie Schweden und die kanadischen Provinzen Quebec, Manitoba und neuerdings auch Texas verursachen nur geringe Emissionen, bei vergleichsweisem hohen Nutzen für das Netzwerk.

Der Trend war laut Digiconomist im letzten Jahr leider negativ: Der Anteil an erneuerbaren Energien beim BTC-Mining sei drastisch gefallen, von insgesamt 43 auf 25 Prozent. Grund dafür ist das Verbot von Mining in China, dort schürfte man besonders viel und umweltfreundlich. Wenn überhaupt hatte dieser Schritt der Volksrepublik also negative Konsequenzen für die Umwelt. Warum sollte es bei einem Verbot durch Europa anders sein?

Das Bewusstsein für mehr Umweltschutz wächst auch in der Branche: Mehr als 200 Unternehmen und Einzelpersonen haben sich im vergangenen Jahr für den Crypto Climate Accord zusammen getan. In dieser Klimavereinbarung verpflichten sie sich bis 2030 zu Netto-Null-Emissionen beim Krypto-Mining, vor allem durch den Wechsel hin zu erneuerbaren Energiequellen.

Disclaimer: Dieser Artikel erschien in abgewandelter Form bereits am Sonntag, dem 13. März 2022.

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