Internetadresse im Web 3.0 Ethereum Name Service (ENS): Domains für das Internet von morgen

Der Ethereum Name Service (ENS) will den Krypto-Space zugänglicher machen und dem Internet von morgen (Web 3.0) den Weg ebnen.

Leon Waidmann
Teilen
Ethereum

Beitragsbild: Shutterstock

Der Ethereum Name Service ist ein ETH-Protokoll, welches es Nutzern ermöglicht, dezentralisierte Namen für Krypto-Wallets, Websites und mehr zu erstellen. Im Grunde bietet ENS somit eine Plattform, auf der User Domainnamen für die Web-3.0-Welt erstellen können. Das Besondere an diesen Domains ist, dass sie unter anderem mit Informationen von Blockchains (Wallet-Adressen, Transaktions-Hashes, etc.) verknüpft werden können.

Ziel des Projekts ist es, das Ethereum-Ökosystem leichter zugänglich und verständlich zu machen, indem es die Interaktion mit diesem vereinfacht. Gänzlich frei von Kontroversen ist das Projekt jedoch nicht – warum ein ehemaliger Entwickler von ENS derzeit im Knast sitzt, könnt ihr hier nachlesen:

Was ist der Ethereum Name Service?

Das Ethereum-Name-Service-Protokoll ist ein spezielles System, das im Grunde genommen Informationen mit einfach zu merkenden Namen (z.B. leon.eth, amazon.eth, etc.) verknüpft. User können mit ENS Internetdomains erstellen, deren URL-Adressen auf “.eth” enden. Diese erstellten URL-Adressen beziehungsweise Namen können anschließend direkt mit Ethereum Wallets oder anderen Informationen verknüpft werden.

Das Projekt ähnelt somit den Domain Name Services (DNS) des Web 2.0, das uns den Zugang zu Informationen im heutigen Internet über Namen ermöglicht und uns das Surfen im Netz enorm erleichter. Denn einfach war das nicht immer: In der frühen Phase des Internets konnte man Informationen nur dann finden, wenn man die exakte IP-Adresse kannte – DNS änderte das.

Wenn man heute Informationen im Internet abruft, muss man dank DNS statt einer komplizierten IP-Adresse nur noch einen Domainnamen eingeben (btc-echo.de, wikipedia.de, etc.), der dann automatisch zur entsprechenden IP-Adresse weiterleitet.

Die Krypto-Welt steht derzeit an einem ähnlichen Punkt wie das Internet vor der Einführung von DNS. Nutzer sind aktuell gezwungen, lange alphanumerische Codes wie ihre Wallet-Adresse oder Transaktions-Hashes zu benutzen, um durch das Web 3.0 zu navigieren. Das Ethereum-Name-Service-Projekt möchte genau das ändern.

Beispielsweise lässt sich mit ENS eine Domain wie amazon.eth oder volkswagen.eth erstellen, die sich mit einer Ethereum Wallet verknüpfen lässt. Normalerweise sieht eine derartige Wallet etwa so aus: 0x5bsfjbk634bssf1iwark … Mit ENS können Krypto-User nun aber direkt mit dem ENS-Domainnamen interagieren und müssen nicht erst die wenig verständliche Wallet-Adresse eingeben.

Wie funktioniert der Ethereum Name Service?

Das ENS-Protokoll wandelt Domainnamen mit Hilfe von Smart Contracts in maschinenlesbare Adressen um. Jeder ENS-Domainname erhält automatisiert den richtigen User, die richtige Website oder eine bestimmte Adresse zugeteilt.

Ein großer Unterschied zwischen ENS und DNS besteht darin, dass ENS auf der Ethereum Blockchain basiert. Domainnamen werden aus diesem Grund als NFTs auf der ETH Blockchain erzeugt und können nach Belieben erstellt, gekauft und verkauft werden, wobei jeder ENS-Domainname nur ein einziges Mal auf der Ethereum Blockchain existiert.

In der Theorie ist der Ethereum Name Service dadurch sicherer, privater und Zensur-resistenter als herkömmliche DNS-Domains.

Der User, der eine .eth-Domain als Erster registriert, erhält die Rechte an ihr. Solange er die ENS-Domain besitzt, kann er diese frei handeln, den Namen vermieten oder Subdomains (etwa donate.amazon.eth oder electriccars.volkswagen.eth) anlegen und nach eigenen Vorstellungen gestalten. Verlängert ein User jedoch seine Rechte an einer ENS-Domain nicht, dann wird die Domain nach weiteren 90 Tagen freigegeben.

Was ist der ENS Governance-Token?

Das Ethereum-Name-Service-Protokoll hatte in seinen ersten drei Betriebsjahren keinen Protokoll-eignen Token. Erst seitdem das Entwicklerteam im November 2021 bekannt gegeben hat, dass es das Ethereum-Name-Service-Protokoll weiter dezentralisieren will, indem es eine DAO (dezentrale autonome Organisation) gründet, wurde der ENS-Token ins Leben gerufen.

Die ENS-Community-Treasury erhielt damals knapp 50 Prozent des gesamten Token-Angebots, während .eth-Domainnamen-Besitzer und ENS-Entwickler jeweils 25 Prozent bekamen.

Ethereum Name Service Token-Verteilung
Quelle: Token-Verteilung ENS, messari.io

Seitdem dient ENS als Governance-Token des Protokolls. Der Token räumt seinen Inhabern das Stimmrecht ein, bei Änderungen an Parametern des Protokolls mitzubestimmen.

ENS-Token-Inhaber können somit, ähnlich wie Aktionäre bei Unternehmen, Einfluss auf die Entwicklung des ENS-Protokolls nehmen.

So können ENS-Inhaber beispielsweise darüber abstimmen, wie hoch Registrierungsgebühren für ENS-Domainnamen sind. Ferner können sie auch festlegen, was mit den Einnahmen des Protokolls passiert.

Derzeit nimmt das ENS-Protokoll auf zwei verschiedene Art und Weisen Geld ein. Einerseits durch Registrierungsgebühren, die User zahlen, wenn sie einen .eth-Domainnamen erstellen und andererseits durch die Verlängerungsgebühren.

Allein in den letzten 30 Tagen konnte der Ethereum Name Service so über 3,74 Millionen US-Dollar an Protokolleinnahmen generieren, da es immer wieder vorkommt, dass .eth-Domainnamen für mehrere hunderttausend US-Dollar verkauft werden.

ENS Protokolleinnahmen
Quelle: Kurs vs. Protokolleinnahmen in den letzten 30 Tagen. Quelle: tokenterminal.com

Außerdem kann der Zuständigkeitsbereich des ENS-Tokens durch die Verabschiedung von Änderungen an der ENS-Satzung erweitert werden. Änderungen erfordern jedoch eine Zustimmung von mindestens 67 Prozent der Stimmen und ein Quorum von mindestens 5 Prozent der Token.

Zusammenfassung

Aufgrund seiner Komplexität ist der Krypto-Space nicht besonders einsteigerfreundlich. ENS will diese Komplexität verringern und die Einstiegshürden in die Krypto-Welt beseitigen. Indem das Protokoll maschinenlesbare, öffentliche Adressen in kurze, einprägsame Links umwandelt, macht es die Blockchain-Welt zugänglicher und weniger technisch.

Überdies plant ENS, in Zukunft nicht nur .eth-Domainnamen anzubieten, sondern den gesamten DNS-Namensraum zu erschließen. Das heißt, dass sich herkömmliche Websites wie amazon.de zukünftig mit amazon.eth verknüpfen lassen könnten.

Nutzer könnten dadurch ohne Probleme Inhalte auf einer Domain ansehen und gleichzeitig Geld an dieselbe Domain schicken. Vor allem für Online-Shops oder andere Dienstleistungsunternehmen könnte dies besonders nützlich sein.

Mit über 1,67 Millionen registrierten Domainnamen, die über 482.000 verschiedenen Personen gehören, ist ENS derzeit das größte Name-Service-Protokoll im Krypto-Space.

ENS wird nicht viel wert sein, wenn sich zukünftig ein ähnliches Protokoll auf einer anderen populäreren Blockchain durchsetzen sollte. Doch nicht nur durch ähnliche Projekte auf anderen Blockchains könnte ENS in Bedrängnis bringen, auch Konkurrenz innerhalb des ETH-Ökosystems könnte ENS gefährlich werden. Insbesondere Unstoppable Domains und das Lens Protocol von Aave sind ernstzunehmende Konkurrenten.