Von Dogecoin, Lambos und dem Mond Die Memefizierung der Krypto-Kultur

Sparen? Okay, Boomer, ich hodl lieber. The Sky is the limit? LEL! To the Moon ist ein Naturgesetz. Und überhaupt: When Lambo? Falls der Kopf jetzt schon dröhnt: Keine Sorge, es kommt noch schlimmer – ein Rundgang durch den Meme-Kaninchenbau.

Moritz Draht
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Meme

Beitragsbild: Shutterstock

Was eine fliegende Katze, ein trauriger Frosch und ein treudoofer Hund gemeinsam haben? Richtig: Sie sind Teil des Meme-Kanons, und damit auch unweigerlich Bestandteil der Krypto-Kultur.

Ihr Schattenwurf reicht weit – so weit, dass sogar ganze Projekte allein von ihrer Anziehungskraft zehren. Ob Dogecoin, Shiba Inu oder Kätzchen-NFTs: Memes sind allgegenwärtig – und alles kann zum Meme werden. Text, Bild, Audiospur oder alles zusammen, Hauptsache schräg, trashig und durchgeknallt. Die Meme-Doktrin: je dümmer, desto besser. Eine Schamgrenze? Fehlanzeige. Stumpf ist Trumpf. Per Cut-up-Technik wird zusammengeschnippelt, was schlechter Geschmack, Paint-Programm und Situationskomik hergeben.

Im Grunde eine gewaltige Dekonstruktionsmaschinerie. Die zusammengekleisterten Montagen entzerren den ursprünglichen Sinn, kontextualisieren ihn neu, entwickeln sich zu einem Geheimcode für Eingeweihte der sich meist über Foren wie Reddit vernetzenden Communitys, geben dem schwarmintelligenten Haufen einen gemeinsamen Referenzpunkt und entfesseln damit eine unberechenbare ökonomische Macht – oder man malt halt Kätzchen mit Manga-Augen. Ach ja, das Internet. Unendliche Weiten – die nicht alle erkundet werden wollen.

Sparst du noch oder hodlst du schon?

Memes waren und sind schon immer Teil der Token-DNA gewesen. Das im Krypto-Dunstkreis wohl berühmteste Beispiel ist das auf Reddit im Vollsuff entstandene „Hodln“.

Im Dezember 2013, als der Bitcoin-Kurs kurz nach seinem ersten Ausflug über 1.000 US-Dollar auf 500 US-Dollar zurückfiel, verfasste der User GameKyuubi einen Post, in dem er – offensichtlich nicht ganz nüchtern – begründete, warum er seine Bitcoin trotz des aus heutiger Sicht kurios wirkenden Kursverfalls nicht verkaufen will. Er sei ein „Bad Trader“ und halt nicht so „cool“ wie die „Smart Trader“. Ob einem Flüchtigkeitsfehler oder der Whiskeyflasche neben ihm geschuldet: Der Post trug den verkorksten Titel „I am Hodling“. Der Rest ist Geschichte.

Fast 800.000-mal wurde der Post seitdem aufgerufen und die Genese nahm ihren Lauf: Aus Hold wurde unfreiwillig Hodl und aus Hodl schließlich ein geflügeltes Wort für Langzeitinvestments, das seinen unironischen Eingang selbst in die Marketingsprache seriöser Unternehmen gefunden hat. Aus dem Krypto-Jargon ist Hodln seitdem nicht mehr wegzudenken und hat sogar eine eigene Rap-Hymne von Sido und Kool Savas verpasst bekommen.

Hand in Hand mit Hodln geht das zahlreiche GIFs schmückende Meme „When Moon?“. Zusammen bilden sie das Yin und Yang der Krypto-Meme-Kultur: Schmeißt sich der Kurs nach vorn, heißt es: „When Moon?“, schmiert der Kurs ab, wird gehodlt, was das Zeug hält. Wer braucht da schon Investmentberater?

Quasi synonym mit „When Moon?“ hat sich die nicht weniger platte Frage „When Lambo?“ in diversen Trading-Telegram-Gruppen kultiviert – Materialismus in Reinform lässt grüßen.

Fly me to the moon

Memes haben aber nicht nur den Sprachgebrauch infiltriert. Ganze Krypto-Projekte sind auf dem Rücken von Memes entstanden. Das berühmteste Beispiel: Dogecoin, die Kryptowährung mit dem nach Leckerlis lächzenden Shiba-Inu-Konterfei. Von Anfang an war Dogecoin als Spaßwährung gedacht. Als satirischer Kommentar auf hypegetriebene Blasenbildungen am Krypto-Markt, der das auf 21 Millionen Einheiten gemünzte Wertversprechen von Bitcoin mit einer unlimitierten Umlaufmenge konterkariert.

Wurde Dogecoin, der mit seinem Launch 2013 schon zu den Urgesteinen am Krypto-Markt zählt, mit Aktionen wie dem Sponsoring der jamaikanischen Bobmannschaft zunächst belächelt und nur von einer kleinen Community unterstützt, hat sich das Projekt spätestens im letzten Jahr zum Kassenschlager gemausert. Dem Tesla-Chef und selbsternannten „Dogefather“ Elon Musk, um den sich geradezu ein Götzenkult gebildet hat, ist es zu verdanken, dass die DOGE-Marktkapitalisierung in kürzester Zeit von zehn auf fast 90 Milliarden US-Dollar stieg – und damit zwischenzeitlich so viel wert war wie die Airbus Group. Ein teurer Spaß.

Auch wenn sich der Hype etwas beruhigt hat, Elon Musk nicht mehr jeden Tweet für DOGE-Promo-Zwecke nutzt und Nachzöglinge wie Shiba Inu – immerhin auf Platz 15 der wertvollsten Kryptowährungen – den Memecoin-Boden abgrasen, hat sich Dogecoin zu einer ernst zu nehmenden Anlageklasse entwickelt. Dass die zehn dicksten DOGE-Wallets die Hälfte der gesamten Umlaufmenge verwahren, die Bestände der Kryptowährung damit im höchsten Grade zentralisiert und anfällig für Pump-and-Dump-Methoden sind: geschenkt. Der Witz, vom Beckenrand zu springen, besteht ja darin, dass man es nicht machen sollte.

Ein weites Feld?

Lässt sich Dogecoin noch problemlos dem Memecoin-Lager zuordnen, sieht es bei anderen Kryptowährungen schwieriger aus. Wenn die Kriterien lauten: Popularität in den sozialen Kanälen und gemeinsame Meme-Konventionen einer lautstarken Community, dann lässt sich auch Bitcoin als Memecoin abstempeln.

Nicht nur Hodln gehört zum Meme-Repertoire von Bitcoin. Für mediale, wenn auch nur kurze Aufregung sorgte auch das Laseraugen-Meme auf Twitter, die sich mehr oder weniger berühmte Personen aus dem Krypto-Business verpasst haben, um den Bitcoin-Kurs – kraft ihres Promi-Daseins – auf 100.000 US-Dollar zu katapultieren. Es hat zwar nicht sollen sein und die Laseraugen verschwanden wieder so schnell, wie sie kamen. Aktionen wie diese zeigen aber, dass auch die Krypto-Leitwährung Bitcoin knietief im Meme-Tümpel steckt.

Ein ganz entscheidendes Memecoin-Kriterium erfüllt Bitcoin aber nicht: Nutzlosigkeit. Einen Use Case, technische Alleinstellungsmerkmale oder spezifische Anwendungsfälle sucht man bei Memecoins vergebens. Es geht um Spaß an der Freude, ausgeklügelte Konzepte geben dabei nur den Spielverderber.

In Anbetracht der „offiziellen“ Memecoin-Liste wirkt ein Dogecoin sogar noch seriös: Da hätten wir neben Shiba Inu, dessen Whitepaper – pardon, „Woofpaper“ – keinen Hehl aus seinem Meme-Status macht, noch Baby Doge Coin oder Dogelon Mars im Angebot. Nicht zu vergessen natürlich Floki Inu und Kishu Inu – schlimmer geht halt immer.

Trash-Ästhetik als Verkaufsschlager

Auch und gerade am NFT-Markt, wo schon niemand mehr die Augenbrauen hochzieht, wenn wieder Millionen Dollar für bunte Pixelhaufen hingeblättert werden, zeigt sich die unberechenbare Macht der Meme-Kultur. CryptoPunks, CryptoKitties, Bored Ape Yacht Club: Der Wert der teuersten NFTs bemisst sich nicht gerade an ihrer künstlerischen Originalität, sondern eher durch den Grad an Memefizierung. Etwas überspitzt könnte man sogar sagen: Nur wegen Memes sprechen wir heute überhaupt über NFTs. Hätte es die flauschigen CryptoKitties nicht gegeben, wer weiß, welche Früchte der Ethereum-Token-Standard ERC-721 sonst getragen hätte.

So skurril der CryptoKitties-Hype 2017, der immerhin die Ethereum Blockchain an den Rand ihrer Belastungsgrenze brachte, in der Außenperspektive auch schien, ihr Erfolg war hausgemacht. Tamagotchis, Kätzchenfetisch, Manga-Verniedlichung: Bei den CryptoKitties wurden Meme-Erfolgszutaten besonders schmackhaft angerührt, aufgetischt als wertvolle Sammelobjekte und garniert mit einer Prise FOMO – na dann, Mahlzeit!

Memes und NFTs: Eine Lovestory

Dürfte der Memecoin-Markt mit Dogecoin, Shiba Inu und den mitplätschernden Plagiaten allmählich gesättigt sein, scheint der Meme-Hunger am NFT-Markt unstillbar. Das hat einen einfachen Grund: Via NFTs lassen sich alle Internetphänomene – und damit auch Memes – monetarisieren.

So wie Nyan Cat, die fliegende Regenbogenkatze, die als NFT für schlappe 590.000 US-Dollar verkauft wurde. Oder Bad Luck Brian, ein 2012 auf Reddit gelandetes Bild von einem zahnspangentragenden Rotschopf. NFT-Kostenpunkt: immerhin 36.000 US-Dollar. Und natürlich das Originalbild vom weltberühmten Shiba Inu „Kabosu“. Der NFT ist für vier Millionen US-Dollar unter den Hammer gekommen.

Selbst vor Tweets macht die Blockchain-Technologie nicht halt. „Just setting up my Twitter“ war der erste jemals veröffentlichte Kurzbeitrag von Twitter-Gründer Jack Dorsey – und wurde als NFT für 2,9 Millionen US-Dollar verkauft.

Unberechenbare Brandbeschleuniger

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Die Memedurchtränkten NFTs müssen nicht jedem gefallen. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die Memefizierung auch und vor allem eine unkalkulierbare ökonomische Dimension hat. Je mehr sich NFTs und auch Kryptowährungen im Meme-Dunstkreis bewegen, umso höher sind auch ihre Gewinnaussichten. Kein Wunder: Memes sind die wirkungsvollste Form von Marketing. Einmal in die Echokammer der sozialen Netzwerke entlassen, verbreiten sich Memes unaufhaltsam in der Netzkultur, verankern sich im kollektiven Bewusstsein und können identitätsstiftend für ganze Gruppen werden.

Bestes Beispiel: die sich um den Memecoin Shiba Inu formierte SHIB-Army – ein loser Verbund gleichgesinnter SHIBEnthusiasten, die den Token-Kurs im Kollektiv nach oben kurbeln. Auch bei WallStreetBets, die Reddit-Gruppe, die sich letztes Jahr dem Leerverkauf von Hedgefonds entgegengestemmt und die Spielekette GameStop vor dem Ruin gerettet hat, hat sich gezeigt, welche Eigendynamik Memes im Verbund mit sozialen Netzwerken haben können.

Die Macht der Viralität ist nicht zu unterschätzen, lässt sich aber ebenso wenig einschätzen. Da helfen weder Chart- noch Fundamental- und auch keine On-Chain-Analysen. Memes sind der Faktor X, der vermeintliche Spaßprojekte aufblähen und ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rücken kann. Was seinen Anfang in einer kleinen Bubble nimmt, kann eine Lawine auslösen – oder genauso gut wieder verpuffen.

Disclaimer

Dieser Artikel erschien bereits in der April-Ausgabe des BTC-ECHO Magazins. Hier entlang zum Shop!

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