BTC-ECHO: Tixl ordnet sich in die Gruppe der Privacy Coins, also Kryptowährungen mit einem besonders hohen Privatsphäre Standard, ein. Worin soll sein Mehrwert beispielsweise gegenüber Monero oder zCash liegen?
Christian Eichinger: Monero und Zcash haben für die Privatsphäre bei Kryptowährungen Bahnbrechendes geleistet. Zum einen durch die technologische Entwicklung und die neuartigen Konzepte. Zum anderen aber auch um ein Bewusstsein bei vielen zu schaffen, dass Privatsphäre ein wichtiges Thema ist, das jeden betrifft. Der Aspekt Privatsphäre ist sowohl von Monero als auch von Zcash nahezu perfekt erreicht worden. Sicherlich kann es an allen Konzepten noch gewisse Kritikpunkte geben, aber das wäre Meckern auf einem sehr hohen Niveau. Jedoch eignen sich bestehende Privacy Coins noch nicht, um für Zahlungen verwendet zu werden, bei denen heutzutage zentralisierte Anbieter wie PayPal oder Kreditkarten genutzt werden. Neben der aktuell allgemein noch geringen Adoption von Kryptowährungen liegt das vor allem auch daran, dass die Transaktionen viel zu langsam sind und zum Beispiel am Point of Sale nicht sinnvoll genutzt werden können.
Neben der Privatsphäre kann Tixl durch eine andere Datenstruktur und einen abweichenden Konsens-Algorithmus mit sehr schnellen Transaktionen überzeugen. Zudem sind Transaktionen bei Tixl komplett gebührenfrei, wodurch es sich insbesondere auch für Mikrotransaktionen perfekt eignen wird.
BTC-ECHO: Wenn die Transaktionen kostenlos sein sollen, wo liegt dann der Anreiz das Netzwerk zu betreiben?
Christian Eichinger: Ähnlich wie bei Bitcoin erhalten Validatoren etwas für ihre Arbeit. Anders als beim Mining werden aber keine neuen Coins erzeugt. Stattdessen sind 10 Prozent vom Tixl Token Supply für die Auszahlung an Validatoren reserviert. Ebenfalls ähnlich wie bei Bitcoin haben wir bei Tixl so etwas wie Halving vorgesehen. Die Tixl-Validatoren arbeiten aber anders als die Miner. Es gibt Vertrauensstrukturen zwischen den Validatoren. Anhand des Vertrauens, das ein Validator im Netzwerk genießt, ermittelt sich der Anteil an der Auszahlung. Zudem gäbe es für größere Investoren noch eine gewisse intrinsische Motivation, einen Validator zu betreiben, um die Sicherheit im Netzwerk zu unterstützen und so sein eigenes Vermögen zu schützen.
BTC-ECHO: Könnt ihr genauer erklären, wie ihr die Privatsphäre sicherstellt?
Christian Eichinger: Bei Tixl verwenden wir verschiedene Ansätze, um gute Privatsphäre zu gewährleisten. Zunächst einmal werden die Beträge von Transaktionen und die daraus resultierenden Kontostände verschlüsselt. Für die Verschlüsselung wird bereits das quantensichere Verfahren NTRU eingesetzt. NTRU war für 10 Jahre bis Ende 2017 unter einem Patent geschützt. Daher konnten bekannte Kryptowährungen diese Verschlüsselung bisher nicht einsetzen.
Wenn niemand die genauen Beträge kennt, stellt sich die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass keiner etwas verschickt, was er eigentlich gar nicht besitzt und so einfach neue Coins erzeugen kann. Um das sicherzustellen, wird bei Tixl ein kryptografisches Verfahren eingesetzt, das man auch als (Pedersen-) Commitments bezeichnet. Mit Commitments kann für andere nachgewiesen werden, dass der Sender mindestens über die Anzahl der Coins verfügt, die gesendet werden soll, ohne dabei den genauen Betrag der Transaktion oder sein Vermögen offenlegen zu müssen. Um den Empfänger zu schützen, hat ein Tixl-Nutzer neben der Accountchain noch sogenannte Stealthchains. Ähnlich wie bei Monero werden Transaktionen auf diesen Stealthchains empfangen. Für Außenstehende ist nicht erkennbar, zu welchem Account eine Stealthchain gehört. Dadurch dass diese Coins niemals auf der eigene Accountchain landen, sondern von Stealthchains zu anderen Stealthchains weitergeschickt werden, wird automatisch auch der Absender einer Transaktion geschützt.
BTC-ECHO: Auf eurer Seite steht unter dem Punkt „Data Structure“ anstatt Blockchain wie bei den anderen aufgeführten Privacy-Kryptowährungen die Begrifflichkeit „Block-lattice (DAG)“. Wie kann man diesen Unterschied verstehen?
Christian Eichinger: DAG ist die englische Abkürzung für „azyklische gerichtete Graphen“ und ist eine Datenstruktur aus der Graphentheorie. Es gibt bereits verschiedene Kryptowährungen, die sich für einen DAG anstelle der „klassischen“ Blockchain entschieden haben. Der Vorteil liegt insbesondere in der Skalierbarkeit und Geschwindigkeit. Block-lattice ist eine spezielle Ausprägung eines DAG und vor allem durch die Kryptowährung Nano bekannt geworden. Es kann dabei als Regelwerk verstanden werden, wie der DAG aufgebaut werden darf. Beim Block-lattice hat jeder Nutzer seine eigene Blockchain auf dem DAG und neue Blöcke kann nur der Nutzer selbst ins Netzwerk schicken. Bei Tixl hat man neben der Accountchain noch eine Vielzahl an Stealthchains, daher sprechen wir teilweise bereits von Multi-block-lattice.
BTC-ECHO: Warum glaubt ihr, dass Privacy-Währungen in Zukunft stärker nachgefragt werden?
Christian Eichinger: Nahezu jede größere Zentralbank arbeitet derzeit an einer digitalen Version der eigenen Währung oder beschäftigt sich zumindest intensiv mit dem Thema. Das zeigt: Digitale Währungen werden das Bargeld ablösen. In Deutschland wird derzeit das Bargeld noch sehr viel genutzt. Das sieht jedoch in einigen anderen europäischen Ländern oder in den USA schon ganz anders aus. Auch in Deutschland nimmt der Anteil am Bargeld stetig ab. In einer Welt, die sich immer mehr in Richtung digitaler Währungen bewegt, müssen wir die wesentlichen Eigenschaften des traditionellen Geldes sichern und bewahren. Niemand will, dass die Öffentlichkeit Einblick in die eigenen Geldtransaktionen nehmen kann. Das ist unabhängig davon, ob es sich um Regierungen, Unternehmen oder Privatpersonen handelt. Die größte Herausforderung liegt unserer Ansicht nach darin, sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen und Regierungen bestmöglichen Schutz durch Privatsphäre zu ermöglichen, ohne dabei Tür und Tor für Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung zu öffnen.
BTC-ECHO: Ist es nicht denkbar, dass Staaten Privacy-Währungen verbieten werden? Auch wenn dies technisch nur schwer möglich ist, würde es schließlich einen Großteil der Bevölkerung davon abhalten…
Christian Eichinger: Es ist auf jeden Fall denkbar, dass gewisse Privacy Coins verboten werden und die Exchanges und Wallet-Betreiber gezwungen sind, diese zu delisten. Gefährdet sind insbesondere Privacy Coins, die die FATF-Richtlinien (FATF steht für das internationale Gremium Financial Action Task Force) nicht ausreichend erfüllen können. Tixl möchte die Privatsphäre unterstützen und dabei trotzdem komplett konform zu den entsprechenden Richtlinien zur Geldwäscheprävention sein. Ein genaues Konzept dazu werden wir im Laufe des Jahres veröffentlichen. Wir sind beim Thema Privacy nicht komplett idealistisch unterwegs, sondern uns ist ebenso die Verantwortung bewusst, die man bei der Entwicklung einer solchen Plattform trägt.
BTC-ECHO: Wie ist denn der aktuelle Stand von eurem Projekt? Was sind die nächsten Schritte?
Christian Eichinger: Wir konnten 2019 in unserem ersten Jahr trotz eines schwierigen Markts sehr gute Ergebnisse beim Fundraising erzielen. Dadurch ist Tixl finanziell bereits solide aufgestellt. Ungefähr 10 Prozent des Geldes haben wir in der Tixl Global Reserve (TGR) auf einer Bitcoin-Adresse hinterlegt, sodass unsere Investoren sich sicher sein können, dass zumindest ein gewisser Betrag noch für die weitere Entwicklung zur Verfügung steht. Wir befinden uns in der Entwicklung des Testnet. Im Dezember konnten wir bereits die erste Version unter dem Codenamen Altona veröffentlichen. In den nächsten Monaten werden wir den Fokus darauf legen, das Testnet quasi feature-complete abzuschließen, um mit den Vorbereitungen für das Mainnet beginnen zu können. Neben einigen Optimierungen gehören insbesondere auch Security Audits dazu. Parallel sind wir stetig dabei, die Tixl Community weiter auszubauen. Auf unserem Blog geben wir in dem Status Update #4 einen noch detaillierteren Einblick in die Planung für die kommenden Monate.