Sozialkapital als Asset  DeFi vor 300 Jahren in Irland: Das lehrt uns die Geschichte

Bereits vor 300 Jahren gab es DeFi-Ansätze, um Menschen einen Zugang zu Finanzdienstleistungen zu bieten. Das können wir am Beispiel Irlands für die Token-Ökonomie lernen. Ein Auszug aus dem Buch: Geld – Die nächsten 10 Jahre.

Sven Wagenknecht
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Beitragsbild: Shutterstock

| Kredite auf Basis des Sozialkapitals haben viel mit Vertrauen zu tun.

Um für die Regulierung eher dezentraler Finanzdienstleistungen ein historisches Beispiel zu finden, muss man nach Irland schauen. Wie in den meisten anderen Ländern waren im 18. Jahrhundert in Irland Finanzdienstleistungen nur etwas für die oberen gesellschaftlichen Schichten. Die einfachen Arbeiter und Migranten, die zu dieser Zeit nach Irland strömten, hatten keinen Zugang zu Bankdienstleistungen.

Sozialkapital als Kreditsicherheit

Um dies zu ändern, hatte der Buchautor und Geschäftsmann Jonathan Swift um 1720 eine Idee. Er vergab zinslose Mikrokredite basierend auf dem Sozialkapital der Menschen. Wer einen Kredit aus dem Fonds erhalten wollte, musste mindestens zwei Bürgen organisieren. Das Modell der Kleinkredite war so erfolgreich, dass bereits im 19. Jahrhundert über 300 Kreditfonds existierten, die pro Jahr 500.000 Kredite vergaben und damit rund 20 Prozent der Bevölkerung versorgten.

Das Kreditgeschäft entwickelte sich deshalb so gut, weil die Banken kein Interesse an Geschäften mit der ärmeren Bevölkerung hatten. Doch ebenjener Erfolg rief Banken und Regulatoren auf den Plan. Es folgte eine Überregulierung, die den “Crowdfunding-Kreditmarkt” zum Erliegen brachte. Die Bankenlobby selbst hatte dazu beigetragen, dass sich die Innovation nicht weiterentwickeln konnte.

“Banking the unbanked” durch DeFi

Auch heute finden wir viele Parallelen im dezentralen Finanzsektor, die uns an das Beispiel Irlands erinnern. Für die über zwei Milliarden Menschen auf dieser Welt, die nur eingeschränkten Zugang zu Bankdienstleistungen haben, könnten unter anderem dezentrale Blockchain-Kredite eine große Hilfe sein. Nur fehlt es auch hier an einer schlagkräftigen Lobby. So lange JPMorgan oder Silicon-Valley-Unternehmen wie PayPal von Kryptodienstleistungen profitieren können, sind die Chancen gut, dass es nicht zu einer massiven Überregulierung kommt.

Doch ist der Ansatz bei DeFi genau der, dass eben diese einflussreichen Mittelsmänner umgangen werden sollen. Wirklich dezentrale Finanzdienstleistungen sind nicht nur eine Bedrohung für die staatliche Kontrolle, sondern auch für bestehende Unternehmen aus der Finanzindustrie. Gerade dieser Umstand macht es dezentralen Finanzdienstleistungen alles andere als leicht, sich in Zukunft gegen diese starken Kräfte durchzusetzen.

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