Die Banque de France lud verschiedene Zentralbankgrößen gestern zu einem Online-Panel. Mit dabei waren unter anderem EZB-Präsidentin Christine Lagarde, Fed-Chef Jerome Powell und der Vorsitzende der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Agustín Carstens. In der Diskussion unterhielten sich die Währungshüter über disruptive und innovative Technologien im Finanzsektor, von der Tokenisierung von Vermögenswerten über Stablecoins bis hin zu dem Bereich der dezentralen Finanzen (DeFi).
Letzterer habe dabei “strukturelle Probleme” und “intrinsische Schwächen” offenbart, weshalb die Stabilitätsprobleme der vergangenen Wochen und Monate “wenig überraschend” seien, sagte Carstens.
DeFi-Anwendungen würden die Kreditaufnahme- und Vergabe zwar erleichtern, hätten oftmals jedoch keine ausreichende Infrastruktur, um etwa mit Liquiditäts- oder Ausfallrisiken umzugehen, so der General Manager der BIZ weiter.
Fed-Chef ruft nach DeFi-Regulierung
Hinzu kämen auch Transparenzdefizite, ergänzte Powell. Wenngleich die Berührungspunkte zwischen dem dezentralen und traditionellen Finanzsektor eher gering ausfielen und die Finanzstabilität durch DeFi nicht bedroht sei, müsse man dennoch für den “Fall, dass DeFi mehr in den Retail-Bereich wächst, angemessene Regulierungen finden”, so der Fed-Chef.
Während in den USA weiter ein einheitlicher regulatorischer Umgang mit Krypto noch aussteht, ist man in der EU weiter. Vor kurzem finalisierten die Regierungsorgane des Staatenbundes die Krypto-Verordnung MiCA, die Bitcoin und Co. in einen regulatorischen Rahmen pressen soll. Der Bereich DeFi ist von der Regelung allerdings ausgenommen, weshalb EZB-Chefin Christine Lagarde in der Vergangenheit bereits schärfere Regulierungen für Teilbereiche des dezentralen Finanzsektors forderte.
EZB-Chefin: “Krypto beeinträchtigt Rolle der Zentralbanken”
Allgemein seien Kryptowährungen für Lagarde ein “rätselhaftes Phänomen”. Dennoch könnten die Digitalwährungen die Rolle als “Anker” der traditionellen Finanzwelt beeinträchtigen, warnte die EZB-Präsidentin weiter.
Wenn wir nicht in dieses Spiel einsteigen, nicht experimentieren, nicht innovativ im Bereich von digitalem Zentralbankgeld sind, riskieren wir die Ankerrolle, die wir für Dekaden eingenommen haben, zu verlieren.
Dass die EZB zu Experimenten in der digitalen Währungswelt bereit ist, zeigte der europäische Währungshüter zuletzt mit einer Ausschreibung. So beauftragte die Zentralbank fünf Unternehmen, darunter E-Commerce-Riese Amazon, mit der Entwicklung von Prototypen für den E-Euro.