Blockchain-Musikrevolution  DAOs und Smart Contracts statt Labels und Manager?

DAOs und Smart Contracts basieren auf der Blockchain und bergen enormes Potenzial für die Musiker, die es zunehmend schwer in der Musikindustrie haben. Steht die nächste Revolution bevor?

Jonas Oppermann
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DAO und Smart Contracts in der Musikindustrie.

Beitragsbild: Shutterstock

Alle paar Jahrzehnte prägen neue Revolutionen die Musikindustrie. Die Erfindung von Schallplatten, Kasetten und CDs, der Transfer von physischer zu digitaler Musik und letztendlich das Streaming von Musik. Die jüngsten Revolutionen spielen allerdings vermehrt den großen Akteuren der Musikindustrie in die Karten. Können Blockchain-Technologien wie Smart Contracts und DAOs helfen, Künstler unabhängiger und finanziell stärker zu machen?

Viel Geld bleibt nicht beim Künstler

Im Jahr 2021 wurden 165 Milliarden Abrufe von Musik über Streamingplattformen allein in Deutschland registriert. Spotify, der größte Anbieter für Musikstreaming, zahlt 0,2 Cent pro Stream – das ist ziemlich wenig. In der Musikindustrie sind die meisten Künstler also auf eine Zwischeninstanz angewiesen. Sie müssen das Urheberrecht an einem Musikstück an Labels und Musikverlage übertragen. Die Verlage übernehmen dann die Lizenzierung für unterschiedliche Nutzungsarten wie Konzerte oder Clubauftritte, Filmmusik, Werbungen oder Computerspiele. Allein über das Streaming landet nicht genug Geld bei dem jeweiligen Künstler. In Zeiten von physischen Tonträgern war das noch ganz anders.

Trotz des oligopolistischen Marktes beuten viele Labels ihre Künstler zusätzlich systematisch aus. Eine Lösung für dieses Problem könnten Dezentralisierte Autonome Organisationen (DAOs) und Smart Contracts sein.

DAOs und Smart Contracts

Durch die dezentrale Infrastruktur der Blockchain kommen DAOs und Smart Contracts völlig ohne Mittelsmann aus. Low End Activist, ein Künstler aus Berlins elektronischer Musikszene, mit dem wir auf der Kryptokunstausstellung NFT Art Berlin gesprochen haben, sieht vor allem für aufstrebende Künstler viel Potenzial.

Stell dir vor, es gibt 100 Artists, die sich untereinander kennen, mit je 100 Fans. Dies resultiert in 10.000 Fans. Da steckt viel Geld und Potenzial für diese Community [DAO] drin, da diese Fans potenziell dazu bereit sind, Kunst oder Musik dieser Künstler zu kaufen.

Low End Activist

Besonders schwierig, aber notwendig, ist für ihn die Organisation auf globaler Ebene. DAOs bieten genau diese Organisation über einen Code. Dieser Code ist nicht änderbar. Sind die Regeln einmal gesetzt, gelten sie für jedes DAO-Mitglied gleichermaßen.

Beispielweise könnten mehrere Künstler aus jeder Ecke der Welt an einem Projekt kollaborativ arbeiten. Bereits im Vorfeld könnte durch den Code im Smart Contract hinterlegt sein, wie viel Prozent der Einnahmen an welche Instanz geht. Somit ist eine faire Verteilung des Geldes für die Künstler innerhalb der DAO gewährleistet. Kein Label kann sich davon ein zu großes Stück abschneiden.

DAOs und Blockchain-Musik-Start-ups

Low End Activist ist Teil der Friends With Benefits (FWB) DAO. FWB ist eine Gruppe von Kulturschaffenden, die Web 3.0-Tools nutzen, um kreative Arbeit zu fördern. Jede DAO hat dabei oft eine eigene Kryptowährung. Bei Friends With Benefits ist es der FWB-Token. Er dient als finanzielle Einlage, ähnlich wie bei einer Aktiengesellschaft, und notiert zu Redaktionsschluss bei etwa 37 Euro. Der Token macht es möglich, dass die Unternehmung kollektiv besessen und gesteuert werden kann. Der Wert, der dabei gemeinsam geschaffen wird, wird ebenfalls kollektiv und gleichmäßig verteilt.

Der Community-Gedanke wird bei DAO-Sympathisanten immer gerne hervorgehoben. Low End Activist sieht es ähnlich. Er ist der Meinung, dass sich dezentrale Organisationen hervorragend dazu eignen, ein Netzwerk unter Künstlern aufzubauen. “Ein gutes Netzwerk ist im Bereich der Musik essenziell”, sagte er.

Soziale Musikindustrie

Auch andere Unternehmen versuchen, mithilfe von Blockchain-Technologien neue Möglichkeiten der Monetarisierung zu etablieren. Ziel ist es vor allem, die Wertschöpfungskette zu verschieben und einen faireren Markt zu gestalten. Einige dieser Start-ups bilden bereits folgende Dienstleistungen in der Musikindustrie ab:

  1. Streaming
  2. Handelsplattformen
  3. Urheberdatenbanken

Bandcamp, einer der fairsten Marktplätze unter allen Anbietern, wurde zuletzt von Blockchain-Sympathisant Epic Games aufgekauft. Das weniger bekannte Unternehmen Ujo Music zum Beispiel ist vergleichbar mit iTunes und hat es sich zum Ziel gemacht, die Musikindustrie sozialer zu gestalten. Künstler können vor dem Upload ihrer Musik auf den Plattformen alle Beteiligten an dem Werk nennen und die Verteilung vor dem Release prozentual festlegen. Ein Smart Contract auf Ethereum-Basis führt dann alles voll automatisch aus. Ein ähnliches Verfahren gibt es auf dem NFT Marktplatz Foundation.

Grammy-Gewinnerin Imogen Heap und DJ Rac haben die Plattform bereits getestet, großes mediales Aufsehen erregt und auch schon Gewinne generiert. Das beweist, dass mit dieser neuen Technologie prinzipiell ein Geschäftsmodell etabliert werden kann.