Im Schneckentempo Bundesregierung: Bis zum E-Euro werden wohl Jahre ins Land ziehen

Staatliche Digitalwährungen haben die Aufmerksamkeit vieler Regierungen auf der ganzen Welt bereits auf sich gezogen: Schweden, China, Norwegen und Großbritannien erforschen und experimentieren mit dem Konzept einer nationalen CBDC. Wird es also bald auch einen E-Euro geben? „Vorerst nicht“ lautet die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag.

Dana Hajek
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Die Hände von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der typischen Raute-der-Macht-Konfiguration

Beitragsbild: Shutterstock

Anfang Oktober wurde die Einführung des digitalen Euro in der Politik thematisiert. Hierfür hatte sogar eine Taskforce um den EZB-Direktor Fabio Penetta einen ausführlichen Bericht zu einer möglichen Ausgabe geschrieben. Die Europäische Zentralbank (EZB) selbst hatte sich zudem über ein Bürgerbefragung an die Öffentlichkeit gewandt. Doch die etwaige Einführung eines E-Euro würde Jahre in Anspruch nehmen. Dies geht aus einem Antwortschreiben der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hervor, die BTC-ECHO vorliegt.

Verschläft Deutschland den E-Euro?

Darin gibt die Bundesregierung an, dass die EZB erst Mitte nächsten Jahres überhaupt erst plane zu entscheiden, ob der digitale Euro umgesetzt werde oder nicht. Sollte sie sich für das Vorhaben entscheiden, beginne dies zunächst „mit einer formalen Untersuchungsphase”. Darüber hinaus heißt es weiter, dass „Aufgrund von Erfahrungen des Eurosystems mit zahlreichen Projekten im Zahlungsverkehr […] dürften für ein solches Großprojekt ein mehrjähriger Zeitraum zu veranschlagen sein.“ Wie Fraktionspolitiker Frank Schäffler gegenüber der Frankfurter Allgemeine Zeitung mitteilte, gehe auf diese Weise „das Thema an Europa und Deutschland vorbei. Dann findet die Entwicklung in anderen Teilen der Welt statt.“

MiCA: Die neue Verordnung der EU-Kommission

Weiterhin werden im Antwortschreiben der Bundesregierung die unterschiedlichen Aspekte der von der Europäischen Kommission „Markets in Crypto-Assets“ (MiCA) getauften Verordnung thematisiert. Darin will die FDP-Fraktion einen konkreten Zeitplan der EU-Kommission hinsichtlich der MiCA-Verordnung in Erfahrung bringen, die EU-weit für einheitliche Regeln im Umgang mit digitalen Währungen, wie auch dem E-Euro, und Krypto-Assets sorgen soll. Doch von mehr als derzeitigen Verhandlungen im Rat der Europäischen Union, ist nicht die Rede.

Auswirkungen von MiCA: Das Aus für Krypto-Start-ups?

Während die Regulierung des Marktes mit großer Wahrscheinlichkeit einen Vertrauensschub mit sich bringen und viele institutionelle Anleger Kryptowährungen stärker in ihre Aktivitäten einbinden könnten, dürften vor allem neue Krypto-Start-ups Probleme mit der Umsetzung der Verordnung haben. Denn durch die neuen Regularien der MiCA(S.87), drohen Unternehmen aus dem Krypto-Bereich sehr hohe Kosten. Beispielsweise kann sich der Erwerb von Lizenzen, die Kosten im Zusammenhang mit Meldepflichten und der Aufbau einer sicheren IT-Infrastruktur von 35.000 bis hin zu horrenden 16,5 Millionen Euro summieren. Dies kann vor allem für kleinere Projekte das Aus bedeuten.

Die Kosten sind viel zu hoch. Auf diese Weise wird die Start-Up-Szene in Deutschland zerstört,

kommentiert Schäffler gegenüber BTC-ECHO. Mit Blick auf die gegenwärtige Regulierungslandschaft könnten die hohen Kosten insbesondere in Ländern mit derzeit praktisch unregulierten Märkten ein Problem werden. Deutschland gilt derweil eher als potenziell günstiges Einstiegsland (in Europa) für Unternehmen, die in dem Krypto-Markt aktiv sein wollen.

Krypto-Kriminalität: Ein erhebliches Problem

Zudem wollte die FDP-Fraktion in Erfahrung bringen, ob KryptoAssets zur Geldwäsche respektive Terrorismusfinanzierung in Deutschland und der Europäischen Union genutzt werden. Darauf folgt die Antwort, dass Kriminelle Kryptowährungen vermehrt im Bereich des Warenbetrugs (sogenannter Ebay- Betrug) sowie bei Phishing– und Überweisungsbetrugsaktivitäten nutzen. So schreibt die Bundesregierung:

Für den Bereich der Terrorismusfinanzierung mittels Kryptowährungen sind mehrere Sachverhalte bekannt, bei denen der Verdacht der Terrorismusfinanzierung mittels Kryptowährungen besteht. Es ist insbesondere zu beobachten, dass jihadistische Gruppierungen bzw. Mitglieder von solchen Organisationen online um Unterstützungszahlungen mittels Kryptowährungen werben.

Insgesamt sind bisher rund 2.388 Verdachtsmeldungen mit Kryptowährungs-Bezug bei der Financial Intelligence Unit (FIU) eingegangen. Knapp 837 davon allein im ersten Halbjahr 2020. Hiervon wurde knapp ein Drittel an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet.

Die Staatsanwaltschaften müssen die Gefahren schneller erkennen und zeitnah Kompetenzen im Bereich der Kryptowährungen aufbauen,

kritisiert Schäffler.

Verbot von Stable Coins ist möglich

Schließlich wird im Schreiben der Bundesregierung auch ein mögliches Verbot von Kryptowährungen evaluiert. Folglich dürfen Stable Coins unter folgenden Umständen verboten werden:

[Wenn sie] eine ernsthafte Bedrohung für die Finanzstabilität, die geldpolitische Transmission oder die geldpolitische Souveränität darstellen. […] Darüber hinaus greift der Legislativvorschlag der EU-Kommission […] auf, dass sog. „globale Stablecoins“ [sic] die geldpolitische Souveränität nicht in Frage stellen, und dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU ausreichend geschützt sein sollen.

Sehr wahrscheinlich bezieht sich diese Antwort der Bundesregierung hier auf den vom Social-Media-Riesen Facebook geplante Libra Stable Coin. Der Vorstoß des amerikanischen Unternehmens könnte nicht nur den weltweiten Zahlungsmarkt revolutionieren, sondern sorgte vermutlich auch für zusätzlichen Druck bei Regierungs- und Regulierungsbehörden. Somit versucht die Bundesregierung zumindestens auf der Ebene der Gesetzesanpassung mögliche Bedrohungen aus der Welt zu schaffen. Eine tragende Rolle hinsichtlich des E-Euro will sie allerdings wohl nicht einnehmen.

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