“Ein einzelne Kryptowährung wird in Europa nie als ETF zugelassen – zumindest nicht unter den aktuellen Regeln.” Bernhard Wenger, Head of Northern Europe bei 21Shares, bringt auf den Punkt, warum es in Europa keine Krypto-ETFs im klassischen Sinne gibt. Zwar existieren längst börsengehandelte Krypto-Produkte (ETPs bzw. ETCs), doch diese sind rechtlich keine Fonds im Sinne der UCITS-Richtlinie.
Wenger betont allerdings: “Unsere ETPs sind den ETFs funktional sehr ähnlich – wie man es auch von den Gold-ETCs kennt, die sich bei institutionellen Investoren längst etabliert haben. Es braucht deshalb nicht zwangsläufig zusätzliche ETFs auf Einzel-Krypto-Assets in Europa.”

ETPs statt ETFs: Das regulatorische Dilemma
Im Gegensatz zu den USA, wo im Januar 2024 gleich elf Bitcoin-Spot-ETFs live gingen und seither Milliarden an Kapital absorbieren, bleibt Europa auf ETPs beschränkt. Der Grund: die sogenannte UCITS-Richtlinie der ESMA. Sie schreibt vor, dass ein ETF nur zugelassen wird, wenn das zugrunde liegende Portfolio ausreichend diversifiziert ist.
“Solange Bitcoin und Co. als einzelne Positionen gelten, die nicht breit genug gestreut sind, wird ein echter Krypto-ETF keine Chance auf Zulassung haben”, erklärt Wenger. Der Weg führe daher über diversifizierte Basket-Produkte – also Portfolios mit mehreren Kryptowerten, die unabhängig voneinander performen.
Doch hier liegt das Problem: Die Märkte sind noch zu eng miteinander korreliert. “Wir sehen derzeit einfach noch keine ausreichende Entkopplung zwischen den einzelnen Krypto-Sektoren”, so Wenger. “Ein diversifizierter Index à la MSCI World für Krypto – den gibt es schlicht noch nicht.”
Regulatorik: Krypto wie Rohstoffe behandeln?
21Shares arbeitet bereits mit Klassifikationsstandards für verschiedene Krypto-Sektoren – ähnlich der GICS-Systematik bei Aktien. Ziel ist es, einzelne Branchen innerhalb des Sektors identifizierbar zu machen, um langfristig thematische oder sektorale ETFs aufzulegen.

“Ich glaube fest daran, dass Krypto in Zukunft wie Rohstoffe behandelt werden könnte”, so Wenger. “Im Rohstoffbereich war es genauso: Einzelrohstoffe waren lange nicht als ETF abbildbar – aber ein diversifizierter Korb mit Agrar-, Energie- und Industriemetallen wurde irgendwann zugelassen. Das Gleiche muss bei Krypto passieren.”
Die ESMA hat es in der Hand
Ein Hoffnungsschimmer: Die ESMA führt derzeit eine neue Konsultation durch, um die Kriterien für sogenannte “Eligible Assets” zu überarbeiten. Sollte Krypto hier künftig als zulässige Anlageklasse anerkannt werden, wäre ein wichtiger regulatorischer Schritt getan.
Wichtig ist: Für institutionelle Investoren zählt vor allem, ob sie ein Produkt im Rahmen ihrer Anlagerichtlinien und regulatorischen Vorgaben erwerben dürfen – nicht, ob es formal als ETF klassifiziert ist.
Wenger präzisiert: “Das institutionelle Interesse wird dann spürbar steigen, wenn unsere ETPs – unter Berücksichtigung der aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen – auch für UCITS-Fonds investierbar sind. In Deutschland ist das unter bestimmten Voraussetzungen bereits möglich, insbesondere bei physisch besicherten Delta-One-Strukturen. In Luxemburg hingegen ist eine solche Allokation derzeit nicht zulässig, obwohl dort viele Fonds deutscher Asset Manager domiziliert sind.”
