Das Gros aller internationalen Finanztransaktionen wird über das SWIFT-System abgewickelt. Die in Belgien ansässige Organisation SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) stellt damit eine Art “Internet für Banken” dar. Praktisch alle großen Banken sind diesem Telekommunikationsstandard für Finanztransaktionen angeschlossen.
Ähnlich wie man Textnachrichten als SMS versenden kann, können Banken Finanznachrichten via SWIFT versenden. Nun nutzen die wenigsten Menschen heute noch SMS, um Textnachrichten zu versenden, sondern greifen auf Messenger oder Chatprogramme wie WhatsApp, Telegram oder Slack zurück. Entsprechend stellt sich die Frage, ob das SWIFT-Netzwerk angesichts programmierbarer und flexibler Kommunikationsinfrastrukturen noch zeitgemäß ist. Dabei ist die Technik nur eine Dimension von SWIFT.
SWIFT: Fest in der Hand des Westens
Noch wichtiger ist die politische und regulatorische Bedeutung, die SWIFT aufgrund seiner globalen Monopolstellung zukommt. Obwohl SWIFT für Finanztransaktionen in der gesamten Welt zuständig ist, stehen die insgesamt drei Datenzentren in den Niederlanden, der Schweiz und den USA – es dominieren also wie auch bei den großen internationalen Finanzorganisationen Weltbank oder IWF vor allem westliche Nationen.
Diese westliche Zentrierung und Datenkontrolle hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die SWIFT-Organisation Länder vom Zahlungsverkehr ausschloss, die auf westlichen Sanktionslisten stehen. Ein Beispiel dafür ist der Iran, der 2018 von den USA sanktioniert wurde. In diesem Kontext wurden iranische Banken vom SWIFT-Netz genommen. Deutlich präsenter in den Köpfen der Menschen dürften die Ende Februar 2022 beschlossenen SWIFT-Teilausschlüsse russischer Banken sein. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich primär die westlichen Staaten darauf geeinigt, die “finanzielle Atombombe” zu zünden.
Der Schaden für die russische Wirtschaft ist enorm, da das Import- und Exportgeschäft dadurch empfindlich getroffen wird. Mit dem Ausschluss einzelner russischer Banken vom Zahlungsverkehr kommt auch der internationale Waren- und Dienstleistungsverkehr in Bedrängnis. Darunter leiden allerdings nicht nur diejenigen, die man sanktionieren möchte. Russische Unternehmen, die bei sanktionierten Banken ihr Konto haben, können die Forderungen ausländischer Unternehmer nicht mehr bedienen, da ihnen keine regulären Zahlungen möglich sind.
Alternativen immer wahrscheinlicher
Immer wieder kam es daher in der Vergangenheit zu Initiativen einzelner Regierungen, die sich nicht mit den Vorgaben von SWIFT abfinden möchten. Auch der ehemalige deutsche Außenminister Heiko Maas hatte im Zuge der SWIFT-Sanktionen gegen den Iran die Gründung einer europäischen Zweckgesellschaft vorgeschlagen, um sich unabhängig von der Organisation SWIFT zu machen.
Schließlich, so die Argumentation, sollte es einem Land selbst überlassen bleiben, mit wem es Handelsgeschäfte betreibt. Eine solche Zweckgesellschaft muss dabei keinerlei technologische Innovation darstellen. Es geht hier ausschließlich um politische Absichten und nicht darum, eine per se effizientere Zahlungsinfrastruktur aufzubauen.