Ethereum-Gründer Vitalik Buterin stellte Soulbound Token erstmals im Januar 2022 vor. In einem von ihm verfassten Blog Post machte er darauf aufmerksam, dass die derzeitigen Token-Standards die Anwendungsfälle der Blockchain limitieren, weil sie alle transferierbar sind.
Diese Transferierbarkeit führt dazu, dass jegliche Token auf einem Sekundärmarkt gehandelt werden können und somit die Spekulationsgier der Krypto-Gemeinschaft befeuern. Doch diese Hyper-Kommerzialisierung des Ökosystems ist nicht immer wünschenswert.
Vielmehr macht Buterin darauf aufmerksam, dass ein ebenso großer Bedarf nach Blockchain-Technologien und -Projekten besteht, die die gesellschaftliche und soziale Ebene vorantreiben. Und genau hier kommen die Soulbound Token ins Spiel.
Neue Anwendungsfälle durch Soulbound Token
In ihren Eigenschaften ähneln Soulbound Token eher NFTs als üblichen Kryptowährungen. Da sich alle NFTs allerdings über sekundäre Marktplätze verkaufen lassen, dienen sie mittlerweile zum Großteil dem Signalisieren von Wohlstand.
NFTs eignen sich für weit mehr als das, wofür wir sie heute verwenden. Durch die technische Erweiterung der Nichtübertragbarkeit ergeben sich völlig neue Anwendungsmöglichkeiten, z. B. im Zusammenhang mit digitalen Nachweisen. Derzeit arbeiten wir an einem spannenden Anwendungsfall zur Abbildung von verifizierbarer Reputation.
Maximilian Bezemer, Founder & CEO von Coinformation
Dadurch, dass sich Soulbound Token nicht transferieren lassen, ermöglichen sie eine Reihe neuer Anwendungsfälle für die Blockchain-Technologie. Ein digitaler Führerschein, Zeugnisse oder medizinische Akten sollten alle einer bestimmten Person (oder Blockchain-Identität) zuzuordnen sein. Transferierbarkeit würde solche Zwecke untergraben.
Bereits heute nutzen eine Vielzahl von Blockchain-Enthusiasten ihre Krypto-Wallet bzw. -Identität, um sich auf den sozialen Netzwerken eine Brand aufzubauen, zum Login auf verschiedenen Webseiten oder als Kontaktadresse für Web3-Messenger. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend in Zukunft verstärken wird.
Der nächste Schritt zur dezentralen Gesellschaft
Der Name von Soulbound Token stammt aus dem bekannten Onlinespiel World of Warcraft. Hier gibt es seelengebundene Gegenstände, die sich nicht zwischen Spielern transferieren lassen, sondern dauerhaft an sie gebunden sind. Diese Items können also nicht von anderen Spielern erworben, sondern nur selbst eingesammelt werden.
Im Whitepaper “Decentralized Society: Finding Web3‘s Soul” aus dem Mai 2022 führen Vitalik Buterin und Kollegen die Idee genauer aus. Die Wallets, an welche die seelengebunden Token dauerhaft gebunden sind, heißen Seelen. Das können Personen, aber auch Gesellschaften oder Firmen sein. Der Fantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt.
Hier wird dargelegt, dass nicht-transferierbare Krypto-Werte unbedingt notwendig sind, um Vertrauen und Reputation zu etablieren und so den gesellschaftlichen Einfluss der Blockchain zu vergrößern. Dieses reichhaltige, pluralistische Ökosystem nennt sich DeSoc (für Decentralized Society oder dezentrale Gesellschaft) und soll nach Finanzanwendungen eine Reihe neuer Anwendungsfälle für die Blockchain-Technologie schaffen.
Während die Token-Standards für Kryptowährungen (ERC20) und NFTs (ERC721) bereits auf der Blockchain etabliert sind, hat sich noch kein einheitlicher Standard für NTTs (das steht für Non-Tradable-Token) durchgesetzt. Hier befinden sich alle Vorschläge zum Token-Standard noch im Entwurfsstadium und werden von der breiteren Ethereum-Community diskutiert. Zu den relevanten EIPs (Ethereum Improvement Proposals) gehören unter anderem das EIP-4671, EIP-5727 und EIP-5114.