Widerspruch oder nicht? Nicht Bitcoin, sondern Stablecoin: Wyoming will Geldexperiment wagen

Der amerikanische Bundesstaat Wyoming hat einen Gesetzesentwurf zur Abstimmung gegeben, der einen US-Dollar-Stablecoin aus staatlicher Hand vorsieht. Warum der Bundesstaat losgelöst von der Notenbank eine digitale Währung begeben möchte und warum auch Bitcoin von diesem Vorhaben profitieren kann.

Sven Wagenknecht
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US-Bundesstaat Wyoming

Beitragsbild: Shutterstock

Die Verwirrung durch den Bitcoin-affinen US-Bundesstaat Wyoming mag perfekt sein. Wenn ein Staat eine digitale Währung herausgibt, dann spricht man grundsätzlich von einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC), da dies von der Notenbank ausgeht. Stablecoins hingegen sind nur Derivate in Tokenform, die eine Fiatwährung oder einen anderen Basiswert abbilden und nur von Unternehmen, Banken oder Blockchain-Protokollen begeben werden. So das bisherige Grundverständnis.

Nun möchte aber der kleine amerikanische Bundesstaat losgelöst von der amerikanischen Zentralbank Fed einen Stablecoin begeben. Ein Novum in der tokenisierten Geldgeschichte. Wyoming setzt damit – wie schon mehrfach in den letzten Monaten – neue Maßstäbe in den USA, was die Krypto-Adoption angeht.

Der Wyoming Stable Token Act

Der Wyoming Stable Token Act wurde von den Senatoren Chris Rothfuss und Tara Nethercott sowie den Abgeordneten Mike Yin und Jared Olson am 17. Februar eingereicht. Dieser soll der obersten Finanzbehörde des Bundesstaates die Möglichkeit einräumen, noch in diesem Jahr einen US-Dollar-Stablecoin herauszugeben. Auch soll der Stablecoin dann jederzeit 1:1 gegen den “Fed-US-Dollar” eingetauscht werden können. Damit würde es sich um den weltweit ersten rein staatlichen Stablecoin handeln. Was die amerikanische Notenbank davon hält, ist nicht bekannt. Begeistert dürfte sie jedenfalls nicht sein.

Staatlicher Stablecoin: Nicht Fisch, nicht Fleisch

Ein staatlicher Stablecoin würde eine Zwischenstufe zwischen einem privaten Stablecoin und einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC) darstellen. Mangelndes Vertrauen in private Anbieter wie beispielsweise Tether Limited könnte man damit effektiv überwinden. Einem amerikanischen Bundesstaat ist schließlich eher die zuverlässige US-Dollar-Deckung zuzutrauen, als einem unregulierten Kryptowährungs-Unternehmen mit Sitz in Offshore-Finanzjurisdiktionen. 

Der Wyoming-Stablecoin könnte also eine Brückenlösung bieten, bis die Fed einen digitalen US-Dollar herausgibt. Das Projekt würde also mit einem Ablaufdatum geboren werden, sofern sich nicht andere Gründe für den Erhalt finden.

Wyoming als Krypto-Hot-Spot Amerikas

Vor allem dürfte ein derartiger Stablecoin der heimischen Krypto-Industrie zugutekommen. Nirgends sonst in den USA ist die Politik derart Krypto-affin wie in Wyoming. Sei es, dass man dort die erste Banklizenz an einen reinen Krypto-Finanzdienstleister vergeben hat (Kraken Bank), Dezentrale Autonome Organisationen (kurz DAOs) voll reguliert aufgesetzt werden können oder dass man Bitcoin und Co. nutzen kann, um seine Steuern zu zahlen.

Was das Crypto Valley Zug (Schweiz) sowie das Fürstentum Liechtenstein in der DACH-Region sind, das ist Wyoming in den USA. Neben Kraken hat es beispielsweise auch Cardano für seine Forschungsprojekte dorthin verschlagen sowie Ripple Labs. Mit einem staatlichen Stablecoin würde man auch diesen Unternehmen ein zusätzliches Tool an die Hand geben, um mit staatlich legitimierten Stablecoins zu hantieren und ihre Krypto-Anwendungsfälle auszutesten.

Standortpolitik ausschlaggebend

Das Hauptargument dürfte sich also im Standortmarketing finden. Ein kleiner Bundesstaat wie Wyoming kann überproportional von der stark wachsenden Krypto-Industrie profitieren. Ein eigener Stablecoin würde diesem Image sicherlich sehr zuträglich sein.

Darüber hinaus sind auch kleinere Anwendungsfälle denkbar, die die Smart-Contract-Fähigkeit des digitalen Geldes hervorheben würden. So könnte man beispielsweise als Bundesstaat Rabatte einprogrammieren, die beim Bezahlen mit dem Stablecoin für bestimmte Dienstleistungen greifen.   

Stablecoin-Experiment mit starker Signalwirkung

Auch wenn man über den Nutzen gegenwärtig noch streiten kann und sich dieser nicht direkt erschließt, so ist die Signalwirkung, die von dem Projekt ausgehen könnte, dennoch sehr wichtig. Sollte es zur Umsetzung kommen, dann würde man die Botschaft senden, dass es auch als Staat in Ordnung ist, bestehende Geld-Regime zu hinterfragen. Wir brauchen eine neue Offenheit in der Ausgestaltung unseres Geldes, die durch neue Technologien, allen voran der Blockchain-Technologie, möglich wird.

Dass es sich dabei um eine wirtschaftlich und demokratisch stabile Jurisdiktion handelt, macht das Geld-Experiment besonders attraktiv. Natürlich sind es zwei verschiedene paar Schuhe, ob man wie El Salvador Bitcoin als Landeswährung einführt oder als Wyoming nur ein Zentralbank-Derivat in Tokenform. Dennoch sollte durch Wyoming auch anderen Staaten bewusst werden, dass man nicht nur aus Verzweiflung – wie eben in El Salvador – neue Geldformen einführen kann. Selbst wenn sich am Anfang kein größerer Nutzen durchsetzt, ist allein schon durch den Lerneffekt und die Adoption von Token-Infrastrukturen das Experiment mehr als wert gewesen. Es ist daher zu hoffen, dass es in Wyoming zur Umsetzung des vorgeschlagenen Stablecoin-Projektes kommt.

Schließlich profitiert von dieser Token-Etablierung der gesamte Krypto-Sektor. Wenn Berührungsängste mit dem neuen Medium Token abgebaut werden und immer besser regulierte Infrastrukturen entstehen, desto eher wird die Bevölkerung auch beispielsweise Bitcoin erwerben oder sich am Staking von anderen Kryptowährungen beteiligen.

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