Ist die Krypto-Regulierung eine Chance oder Geißel für Europa? Dieser Frage ging heute der “2. Blockchain-Roundtable” nach. Der Einladung der FDP-Bundestagsfraktion, folgten Vertreter aus der Krypto-Industrie, der BaFin und dem Bundesfinanzministerium (BMF), um über den regulatorischen Status quo in Europa zu debattieren.
Frank Schäffler, Sprecher für FinTech und Blockchain der Liberalen, zeigte sich gegenüber BTC-ECHO erfreut über das “sehr offene Gespräch” zwischen Politik und Industrie. Letztere habe aufzeigen können, wo Regulierung zu langsam oder falsch verlaufe, so der Bundestagsabgeordnete weiter.
“MiCA ein langer Prozess”
Das Mammutprojekt MiCA befinde sich dabei in einer “entscheidenden Phase”, eröffnete Florian Toncar, Parlamentarische Staatssekretär des BMF, die Runde. Eine Veröffentlichung sei für Januar 2023 vorgesehen. Die Vereinigten Staaten, die aktuell ebenfalls an einem eigenen Krypto-Regelwerk basteln, verfolgten die Entwicklungen intensiv. Deshalb sei es mit der eigenen Legislatur umso wichtiger, eine Ausweichbewegung der eigenen Industrie zu vermeiden.
“MiCA ist dabei nur ein erster Schritt in einem langen Prozess”, erklärt Oliver Fußwinkel von der BaFin, der die Verordnung seit Beginn an mit begleitet. Die Regulierung sei sowohl Geißel als auch Chance für die noch junge Industrie. Grundlegend soll die Markets in Crypto Assets (MiCA) dem europäischen Krypto-Sektor ein regulatorisches Rahmenwerk verleihen und unter behördliche Obhut stellen. Dabei gilt das sogenannte Subsidiaritätsprinzip, bei der nationale Behörden bei der Beaufsichtigung Vorrang vor europäischen haben sollen. Ausnahmen gibt es jedoch bei Stablecoins sowie Krypto-Dienstleistern, die mehr als 15 Millionen Kunden aufweisen. Hier übernehmen die ESMA und die EBA die Aufsicht. Dabei könnte es allerdings zu Personalengpässen kommen, warnten einzelne Branchenvertreter.
Zudem seien Kryptowährungen aus DeFi-Projekten ebenfalls durch die MiCA erfasst, sagt Fußwinkel. Die Infrastruktur des dezentralen Finanzbereichs sei davon allerdings nicht betroffen. Hier werde in Zukunft eine eigene Regelung folgen. Der Schwerpunkt dürfte auf Staking und Lending liegen.
Uneinigkeit herrschte beim Thema NFTs. Eigentlich sollten die digitalen Sammlerstücke nicht unter die Verordnung fallen. Zuletzt war in der finalisierten MiCA-Fassung jedoch bekannt geworden, dass NFTs unter Umständen wie Wertpapiere gesehen werden könnten, wenn sie in großer Anzahl emittiert würden. Mehrere Vertreter beschrieben ein reges Interesse aus dem traditionellen Finanzsektor, in das NFT-Geschäft einzusteigen. Die derzeitige Regelung sorge allerdings für Fragezeichen innerhalb der Branche.
Toncar und Fußwinkel versuchten zu beschwichtigen. Es gelte der “Function-over-Form”-Ansatz. Eine Einzelprüfung, bei der von Fall zu Fall über den rechtlichen Status entschieden werde.
Branche lobt Kompromiss bei TFR
Abseits der MiCA war es vor allem die Transfer of Funds Regulation, kurz TFR, die den Kryptosektor beschäftigte. Grundlegend will die Europäische Union damit umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung für den Kryptosektor ab 2024 einführen.
Nachdem das EU-Parlament Krypto-Dienstleister verpflichten wollte, jede Transaktion zu melden sowie die Identität der Beteiligten zu verifizieren, gab es Proteste vonseiten der Industrie.
Die Bundesregierung sah den Entwurf ebenfalls kritisch und wollte sich für die Branche starkmachen. Das Ergebnis: Alle Transaktionen müssen gemeldet werden, eine Verifizierung erfolgt erst ab 1.000 Euro. Zudem dürfen Krypto-Dienstleistern Blockchain-Analysetools einsetzen, um das Risiko von Transfers einzuschätzen und risikoadäquate Maßnahmen zu treffen.
Die Schwelle liege zwar immer noch deutlich unter der des traditionellen Finanzsektors, monierten manche Branchenvertreter. Allgemein gab es jedoch Lob für den Kompromiss.
Offene Baustellen
Neben NFTs und DeFi ist noch nicht abschließend geklärt, wie Unternehmen, die bereits in Deutschland über die Kryptoverwahrlizenz reguliert sind, auf MiCA “upgraden” können, um von dem Vorteil des sogenannten “Passportings” profitieren zu können. Damit können Anbieter EU-weit operieren, wenn sie in einem Mitgliedstaat lizenziert sind. In Deutschland haben bisher vier Unternehmen eine Lizenz erhalten, etwa 20 weitere sind noch in der Bearbeitung.
Sowohl die BaFin als auch das BMF versicherten, dass man an Übergangsvorschriften arbeite. Wann diese kommen, bleibt allerdings offen. Fußwinkels Fazit: “Es gibt viel zu tun.”