Ein Gastkommentar Kryptowährungen: Totgesagte leben länger

In seinem Gastkommentar widmet sich FDP-Politiker Frank Schäffler unter anderem dem Terra-Crash, dem DeFi-Bereich und NFTs.

Frank Schäffler
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Kryptojobs Stellenausschreibungen mit Bezug auf Blockchain.

Beitragsbild: Shutterstock

Nicht erst seit dem TerraUSD-Crash sind die Kryptokurse am Boden. Der Crash wirkte vielleicht als Katalysator, aber die Kurse von Kryptowährungen sind bereits länger im Sinkflug. So sank der Bitcoin-Kurs von seinem Höchststand am 10. November 2021 von etwa 68.000 US-Dollar auf nun 21.000 US-Dollar. Anderen Kryptowerten ging es nicht anders. Die Gründe sind vielschichtig und ein besonders wichtiger Punkt mag sein, dass in den letzten Monaten massiv Liquidität aus dem Tech-Markt gezogen wird. Auch wenn viele Kommentatoren Kryptos bereits das Ende bescheinigen, könnte das zu voreilig sein. Die Mehrwerte, insbesondere im DeFi- und NFT-Bereich, sind unüberschaubar.

TerraUSD – Was ist passiert?

Seit Anfang Mai erfuhren Kryptowerte einen Abrutsch, vorwiegend der Stablecoin TerraUSD. Im Gegensatz zu mit Einlagen gedeckten Stablecoins ist TerraUSD ein algorithmischer Stablecoin. TerraUSD ist mit einer anderen Kryptowährung Terra (LUNA) gekoppelt und es besteht jederzeit die Möglichkeit, die eine für die andere Währung zu vernichten. Die Stabilität soll indessen über Arbitrage erfolgen: Sinkt ein TerraUSD unter 1 US-Dollar, muss das Angebot an TerraUSD verknappt werden, um den Preis auf 1 US-Dollar hinzuführen. Es werden TerraUSD “geburnt” und neue LUNA-Token geschaffen.

Vice versa soll das natürlich auch funktionieren. Anfang Mai ging jedoch dramatisch das Vertrauen in das Terra-Ökosystem verloren und Investoren zogen massiv Kapital aus TerraUSD ab. Die Terra-Foundation versuchte, mit dem massiven Verkauf von Bitcoinreserven den LUNA-Kurs zu unterstützen, jedoch erfolglos. TerraUSD liegt aktuell bei 1,2 Cent, LUNA von ehemals fast 120 US-Dollar nun bei mageren 2,60 US-Dollar. Stablecoins wie USD Circlecoin, die mit Bankeinlagen hinterlegt sind, sind dagegen vergleichsweise stabil. Gerade deswegen ist es so abstrus, dass die EZB durch die Niedrigzinspolitik einen mit Euro hinterlegten Stablecoin verunmöglicht.

Decentralized Finance

Decentralized Finance (DeFi) stellt einen Gegenentwurf zum zentralisierten Bankensystem dar. Finanzdienstleistungen sollen direkt über Protokolle ohne Intermediär diskriminierungsfrei vermittelt werden. Die dezentrale Koordination verläuft über Smart Contracts bzw. über eine Kombination ihrer, sogenannter dezentraler Apps (dApps), auf einer Blockchain. Mittlerweile gibt es dezentrale Marktplätze, Kreditmärkte, Derivatehandel und sogar dezentrale Versicherungen. Liefen bisher 90 Prozent alle DeFi-Protokolle auf der Ethereum-Blockchain, weil sie die größte Entwicklercommunity vorweisen kann, könnte sich dies nach dem Taproot-Update Bitcoins ändern. Als Layer-2-Lösung erlaubt Lightning mittlerweile schnelle und kostengünstige Transaktionen. Sovryn beziehungsweise Stacks wollen dezentrale Apps in Bitcoin integrieren. Raretoshi versucht gar non-fungible Token (NFT) auf Bitcoinbasis zu bringen.

NFTs – alles nur Hype?

Non-fungible Token (NFTs) könnten in der Zukunft auf dem Kunstmarkt eine wichtige Rolle spielen. Können fungible (austauschbare) Token wie Bitcoin eins zu eins umgetauscht werden, geht das bei non-fungiblen Token nicht. Sie können somit eine einzigartige digitale Repräsentation eines Kunstwerks auf einer Blockchain sein. Welche Blockchain-Lösung sich am Ende im DeFi- oder NFT-Bereich durchsetzt, wird sich zeigen. Übrigens muss man nicht nur an Kunst bei NFTs denken: Auch das Grundbuch könnte eine digitale Repräsentation haben, wobei die Eintragungen NFTs sind. In Georgien gibt es bereits einen Prototyp eines Grundbuchs auf Blockchain und auch die Ampel-Koalition will ein solches prüfen lassen.

Blockchain und Kryptos – langfristig erfolgreich

Sicher sind die herben Verluste, die viele Kryptowährungen in den letzten neun Monaten hingelegt haben, für Anleger hart. Trotzdem waren Kryptos in den letzten Jahren mit Abstand das lukrativste Investment: So lag Bitcoin vor fünf Jahren noch bei etwa 2.800 US-Dollar und notiert aktuell bei etwa 21.000 US-Dollar. Es geht aber weniger um die Marktpreise, die oft von Spekulation getrieben sind, sondern um den Grundwert dezentraler Währungen und Netzwerke.

Wir erleben aktuell Inflationsraten von 8 Prozent und unser Fiatgeld wird drastisch schnell entwertet. In diesen Zeiten ist es wichtig, dass Menschen eine Exit-Option wahrnehmen können und parallele Geldsysteme existieren. Es ist wichtig, dass die Zentralbanken der Welt sich zunehmend einem Währungswettbewerb auch von privater Seite ausgesetzt sehen. Und es ist wichtig, dass Kryptowährungen grenzüberschreitende Zahlungen zu geringen Transaktionskosten ermöglichen und damit gerade Migranten, die Remittances in die Heimat schicken, von Gebührenlast befreien.

Vertrauen durch Transparenz und Privacy durch Zero-Knowledge-Proofs

Nicht nur das: Auf dezentralen Netzwerken lassen sich zudem ganze Lieferketten abbilden und Produktionsprozesse transparent verfolgen. Auch die Regierung und Verwaltung kann die Blockchain für sich nutzen, indem sie die Einreichung von Unterlagen über die Blockchain ermöglicht. Zum ersten wären die auf mehreren Knoten gespeicherten Daten manipulationssicher. Zum zweiten könnten Bürokratiekosten drastisch gesenkt und Prozesse automatisiert werden.

Zum dritten könnte die Privatsphäre besser als heute bewahrt werden. Heute muss meist die gesamte Identität preisgegeben werden, wenn nur der Nachweis bestimmter Attribute notwendig ist. Sogenannte im Blockchain-Bereich zunehmend implementierten Zero-Knowledge-Proofs ermöglichen jedoch das Vorhandensein von Attributen preiszugeben ohne die Identität selbst. So könnte die Volljährigkeit bewiesen werden, ohne das Alter zu offenbaren. Ein Mindesteinkommen könnte für eine Hypothek nachgewiesen werden, ohne seine finanziellen Verhältnisse komplett transparent zu machen.

Diese und andere Beispiele zeigen: Totgesagte leben länger, denn Blockchain ist mehr als “nur” Kryptowährungen.

Über den Autoren

Frank Schäffler ist FDP-Bundestagsabgeordneter und Geschäftsführer des Berliner Thinktanks Prometheus – Das Freiheitsinstituts. Herr Schäffler ist Mitglied des Haushaltsausschusses, des Ausschusses für Digitales und Sprecher für FinTech- und Blockchaininnovationen der FDP-Fraktion.

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