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Cornelia Borisch im Interview Kann Krypto-Handel krank machen?

Cornelia Borisch coacht seit vielen Jahren Deutschlands Führungskräfte. Sie begleitet Menschen, die durch Krypto plötzlich reich geworden sind – oder alles verloren haben. Ein Gespräch über Geld, Gier und wahren Reichtum.

Giacomo Maihofer
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Cornelia Borisch

Beitragsbild: Cornelia Borisch

| Im Schnitt gibt Borisch über 83 Coachings und 150 Workshops pro Jahr

BTC-ECHO: Du warst 1994 Vize-Zwiebelmarkt-Königin. Mit welchen Tipps würdest du dein jüngeres Ich heute zum Sieg coachen?

Cornelia Borisch: Erster Tipp: schneller schneiden (lacht). Zweiter Tipp: Die Niederlage nicht so dramatisch sehen. Ich war damals 17 Jahre alt. Das hat an mir geknabbert. Im Nachhinein hat es mich stärker gemacht. Stell dir vor: Du gewinnst immer. Gott, wie langweilig wäre das Leben? Du wächst nie.

Sind persönliche Rückschläge essenziell für die persönliche Weiterentwicklung?

Man fühlt sich in solchen Momenten vielleicht als Loser und denkt: Ich kann mich nirgendwo mehr blicken lassen. Aber das Scheitern zeigt dir, wo du dich verbessern kannst. Ich habe in meinem Leben mehrere Berge bestiegen. Ich kam nicht immer beim ersten Mal auf den Gipfel, wegen schlechten Wetters oder mangelnder Kondition. Ich hätte sagen können: Ich bin gescheitert. Dranbleiben schenkt dir Klarheit, Selbstbewusstsein und Durchsetzungskraft.

Du coachst hauptsächlich gestandene Unternehmer und Führungskräfte. Mit welchen Wehwehchen schlägt sich die Businesswelt herum?

Oft stehen die Leute vor einer Sackgasse, wenn sie zu mir kommen. Das Erklimmen de Karriereleiter gerät ins Stocken. Missgeschicke oder Unfälle häufen sich. Dann kündigt die Bank noch den Kredit. Manche kämpfen über Jahre allein mit ihren Problemen. Irgendwann lassen sich die Emotionen nicht mehr verbergen. Einige werden aggressiv gegenüber ihren Mitarbeitern, andere ziehen sich komplett zurück. Das Leben sagt ihnen: ‚Bis hierhin und nicht weiter.‘ Sie knallen mit dem Auto vor einen Pfeiler oder der Partner trennt sich unvorhergesehen.

Sind beruflicher und privater Erfolg überhaupt vereinbar? Oder scheitert man zwangsläufig, wenn man versucht, aus beidem das Maximum herauszuholen?

Man kann nicht immer jeden Lebensbereich zu 100 Prozent im Blick haben. Meist priorisiert man etwas für gewisse Zeit: einen Umzug, die Hochzeit oder ein großes Projekt auf der Arbeit. Ich muss mich aber jeden Tag fragen: Ist das noch stimmig? Kann ich das überhaupt wuppen? Was muss ich delegieren?

Podcast

Beziehungen und Unternehmen scheitern oft an mangelnder Kommunikation. Man spricht nicht über seine Wünsche und die gegensätzlichen Vorstellungen. Oft ist das Problem den Leuten nicht einmal richtig bewusst. Sie können ihre Gefühle nicht definieren. Konflikte werden totgeschwiegen und schwelen unterbewusst. Das hat auch viel mit Scham und Mustern aus der Kindheit zu tun.

Wie oft sind die Coaching-Anfragen bei dir mit Geldsorgen verbunden?

Ungefähr 70 Prozent der Fälle. Fast alle Menschen haben das Gefühl, sie haben zu wenig Geld – egal, wie reich sie sind. Eigentlich möchten sie mehr verdienen. Aber sie haben Glaubenssätze verinnerlicht, die sie zurückhalten. Sei bescheiden, sei kein Egoist, Geld stinkt, reiche Leute sind asoziale Gauner. Es dauert meist lange, die aufzubrechen.

Wie wichtig ist dir Geld?

Ich verteufle es nicht. Letztlich ist es aber zweitrangig. Viele Menschen denken, Geld macht sie glücklich oder frei. Ist das so? Du bist entweder vorher schon glücklich und reich, und zwar innerlich – oder eben nicht. Geld ist ein Zahlungsmittel und zeigt dir auf, wo du in deinem Bewusstsein stehst. Du kannst damit deine Visionen vorantreiben und Menschen etwas Gutes tun, was viele übrigens vergessen. Aber wir schenken ihm zu viel Bedeutung. Und übernehmen nicht mehr Verantwortung für unser eigenes Glück.

Steigende Inflation, unbezahlbare Immobilien, stagnierende Löhne: Es ist heute für junge Menschen schwerer als früher Wohlstand aufzubauen. Wetten deshalb so viele auf Krypto?

Alle fragen sich in dieser Krise: Wie halte ich noch meinen Lebensstandard oder verbessere ihn sogar? Krypto verspricht: ‘Du kannst von null auf tausend gehen.’ Dass das nicht immer so läuft, wissen wir.

Kennst du Menschen, die mit Krypto reich geworden sind?

Ja, es gibt einige in meinem Umfeld. Ich selbst habe auch viel Gewinn gemacht.

Wie hat der Reichtum das Leben dieser Menschen verändert?

Ich habe eine Freundin, die hat bis zum 50. Lebensjahr wirklich nur 800 Euro netto verdient. Plötzlich hatte sie einen fünfstelligen Betrag jeden Monat. Viele sind von dieser neuen Situation total überwältigt. Die erfüllen sich dann drei oder vier lang gehegte Wünsche. Meist sind das ein neues Auto, eine größere Wohnung, ein paar Reisen. Dann stehen sie vor der Frage: ‘Oh Gott, was mache ich mit dem ganzen Rest des Geldes?’ Sie müssen sich mit ganz neuen Dingen beschäftigen.

Kann ein plötzlicher Geldsegen auch enttäuschen?

Manche lassen den Krösus raushängen. Da wird der neue Porsche durch die Stadt gefahren, mit der Scheibe nach unten. Schaut her, wie geil ich bin. Die wollen Anerkennung. Und fallen nach einigen Monaten in ein tiefes Loch. Ihre innere Leere bleibt, trotz Luxushotels. Die eigene Persönlichkeitsentwicklung wird nicht angegangen.

Ich rate solchen Menschen dann, etwas Sinnvolles mit ihrem Geld zu tun. Vor allem: andere zu unterstützen. Das können auch Freunde und Familie sein. Da entsteht eine ganz andere Lebensfreude. Wenn ich jemandem zum Geburtstag ein Geschenk überreiche und ihn vor Freude strahlen sehe, bereichert das mich als Mensch innerlich. Hier liegt der wahre Reichtum im Leben. Und dafür braucht man kein Vermögen.

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Wann hast du das erste Mal in Krypto investiert?

Das war vor vier oder fünf Jahren, eine sehr negative Erfahrung (lacht). Ich bin auf einen Betrug hereingefallen und verlor einen sechsstelligen Betrag. Ich dachte, mein Leben ist zu Ende.

Was macht es mit einem, wenn man so viel Geld bei einem Betrug verliert?

Es löst eine tiefe Scham aus. Wem kann ich denn erzählen, dass ich so einen Bockmist gebaut habe? Das weiß ich auch von anderen Menschen, denen das passiert ist. Sie ziehen sich komplett zurück. Im krassesten Fall bringen sie sich um.

Wie findet man aus so einer Situation wieder raus?

Der wichtigste Schritt ist, mit anderen darüber zu reden, sich über seine Unsicherheiten und Zweifel auszutauschen. Wenn du niemanden in deinem Umfeld zum Reden findest, such professionelle Hilfe.

Wenn du dich öffnest, passiert etwas Geniales. Du triffst Menschen, die dir erzählen: „Ach, ist mir auch schon passiert.“ Ich habe so viele Interviews mit Menschen jeder Einkommensklasse geführt bis hin zu Milliardären. Alle haben auf irgendeine Weise schon Geld verloren und kennen diesen Schockzustand. Du bist nicht alleine.
Diese Erkenntnis nimmt etwas von der Scham. Dann musst du dich fragen: Was lerne ich jetzt daraus? Erst so wirst du innerlich wieder stark. Am Ende kannst du mit erhobenem Kopf aus der Sache herausgehen und dein Leben wieder leben.

Müssen Führungskräfte auch ein bisschen “Zocker” sein?

Vielleicht nicht unbedingt Zocker. Als Führungspersönlichkeit muss ich oft Entscheidungen treffen, ohne dass ich genau weiß, was dabei rauskommt. Und dazu stehen. Das verlangt Souveränität und Mut. Sagen wir zum Beispiel, du geleitest eine Gruppe auf einen Berg. Der Gipfel ist zum Greifen nah. Aber die Sonne steht bald am Zenit. Du weißt, ihr müsst jetzt runter, wenn ihr heil zurückwollt. Die anderen haben ein Jahr lang für diesen Moment trainiert. Die wollen dahin.

Jetzt musst du denen sagen: ‘Wir drehen um.’ Nicht jeder sieht das ein. Es kommt zu Diskussionen. Du musst trotzdem zu deiner Entscheidung stehen. Selbst wenn vielleicht sogar alle gegen dich sind. Viele Menschen haben ein großes Harmoniestreben und fürchten sich vor solchen Entscheidungen. Aber das geht als Führungspersönlichkeit nicht. Nichtstun bedeutet Stillstand. Das ist der Tod für ein Team.

Der Kryptomarkt läuft 24/7, die Kurse gehen täglich auf Achterbahnfahrt. Manche Leute traden pausenlos auf ihrem Smartphone – und verlieren dabei manchmal ihr ganzes Vermögen. Kann Kryptohandel auch krankhafte Züge annehmen?

Oft steckt bei solchen zwanghaften Menschen eine tiefe Angst dahinter, dass sie verlieren. Ihr ganzes Denken kreist darum. Deswegen schauen sie ständig auf die Kurse: Wenn ihre Aktie oder Kryptowährung stürzt, fallen sie in eine Depression, fangen an zu zittern. Dann verkaufen sie aus Panik, der schlimmste Fehler überhaupt.

Der Schlüssel zum Erfolg lautet also, Zugang zu den eigenen Emotionen zu haben und sie im Zaum zu halten?

Emotionen gehören zu uns. Aber lass dich nicht von ihnen übermannen. So viele Menschen treffen ihre Entscheidungen aus Angst oder Gier. Dann sagen sie: ‘Krypto funktioniert einfach nicht.’ Dabei sind sie mit zu viel Eifer eingestiegen, ohne richtige Strategie. Das geht einfach schief.

Wie kommt man aus solchen emotionalen Zuständen raus?

Bei starken Emotionen bekommen wir eine Pressatmung. Es fehlt an Sauerstoff in allen Organen, auch im Gehirn. Ich verfüge also nicht über meine vollen Kapazitäten. Nimm dir zwei Minuten, atme tief ein und aus. Du wirst automatisch ruhiger. Dein Stresspegel sinkt. Was auch hilft: Stimmungswechsler. Zum Beispiel ein Song, der dir Leichtigkeit verschafft. Du blickst schnell anders auf die Situation. Dann kannst du dich fragen: Was passiert hier eigentlich gerade? Rede mit einem guten Freund oder Kollegen, dem du vertraust. Wie schätzt er die Sache ein?

Was kann ich tun, um überhaupt nicht erst in so eine Situation zu kommen?

Wie heißt es so schön: Long Term Profit over Short Term Pressure. Du brauchst eine Strategie, an die du dich hältst. Und zwar unerbittlich. Sonst reagierst du nur auf den Markt mit seinen krassen Schwankungen und verlierst dich in diesen Spiralen aus Gier und Angst.

Frag dich: Wo zieht es mich hin, NFTs, Blockchain oder Gaming? Wozu habe ich einen Bezugspunkt? Womit möchte ich mich mehr auseinandersetzen? Viele meiner Kunden wollen nur das Geld. Aber so funktioniert das nicht. Ich kann auch kein Hochleistungssportler werden und die Medaillen kassieren, wenn ich nicht trainiere.
Am besten, du recherchierst und besinnst dich auf die Bereiche, die du verstehst. Such dir dort die Projekte aus, die einen hohen Return on Investment versprechen. Und halte deine Investments drei Jahre, mindestens.

Zur Person

Von der Vize-Zwiebelmarkt-Königin zu Deutschlands Top-Coachin: Cornelia Borisch, geboren 1976 in der Kleinstadt Weimar, startete ihre Karriere als Trainerin schon 1995, damals arbeitete sie noch in der Chemiebranche. Die “Gipfelstürmerin” (Focus) hat seitdem fast tausend Menschen beraten. Ihre erste eigene Firma, Cornelia Borisch Coaching, gründete sie 2014. Zwei Jahre später veröffentlichte sie das Buch “Stolpersteine im Arbeitsleben”. Im Schnitt gibt sie über 83 Coachings und 150 Workshops pro Jahr. Außerdem hat sie drei Berge in ihrem Leben bestiegen. Ihr Motto: “Krisen sind die größten Chancen in unserem Leben.” Borisch begleitet Freiberufler, Führungskräfte und Gründer. Dabei ist es egal, ob diese sich am Anfang ihres Weges befinden oder längst in einer Sackgasse. Zu ihren Kunden zählen u.a. Adidas, Edeka oder die Deutsche Welle. Alle Infos findet ihr auf ihrer Website.

Disclaimer: Dieses Interview erschien bereits in der Oktoberausgabe des BTC-ECHO Magazins. Alle Ausgaben sind in unserem Shop erhältlich.

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