sCBDC, CBMT, Stablecoins und Co.  Gegen CBDC: Banken vereinigt und öffnet euch, bevor es zu spät ist!

Das Thema digitales Zentralbankgeld, kurz CBDC, erhitzt immer öfter die Gemüter. Befürworter und Gegner streiten sich um die Deutungshoheit. Warum Banken in diesem Diskurs zu leise sind, warum sie sich stärker von CBDC angegriffen fühlen sollten und wie Fiat-Währungsvielfalt aussehen kann.

Sven Wagenknecht
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Geldscheine werden zu Retail CBDC

Beitragsbild: Shutterstock

| Alles wird digital, auch unser Bargeld. Doch sind Retail CBDC wirklich die Lösung?

Um zu verstehen, warum eine CBDC für private Haushalte und Unternehmen so problematisch sein kann, muss man sich die Geldschöpfung genauer anschauen. So stammt das Geld auf unserem Bankkonto nicht von unserer Zentralbank, sondern von den zahlreichen Kreditinstituten hierzulande. Unsere Zentralbank stellt lediglich Liquidität bereit, die von den Banken als Kredit abgerufen werden kann. Das Guthaben auf unserem Bankkonto ist also eine Forderung gegen das Kreditinstitut auf Auszahlung von Bargeld, ergo Notenbankgeld.

Wir haben ein (grundsätzlich) dezentrales System

Da unser Bargeld nur einen geringen Teil unserer Geldmenge ausmacht, läuft folglich unsere Geldschöpfung durchaus dezentral ab. Schließlich agieren viele verschiedene Kreditinstitute nach Marktmechanismen und schaffen Geld durch Kreditvergabe. Insbesondere in Deutschland verfügen wir mit unseren vielen Sparkassen und Volksbanken über ein sehr dezentrales und robustes Bankensystem.

Seit der Finanzkrise von 2008 wird allerdings mit überbordender Regulierung, wie Basel 3, den Regionalbanken das Leben schwer gemacht. Die Folge: Es gibt immer weniger kleine Banken in Deutschland. Bürokratie und Kontrollstreben führen zu einer immer stärkeren Zentralisierung unseres Finanzsektors. Übrig bleiben die Großbanken, die sich den Regulierungsaufwand noch leisten können. Kleine Banken sind hingegen immer öfter gezwungen, zu fusionieren. Anstatt Machtmissbrauch zu vermeiden und die Dezentralität im Finanzsektor zu fördern, erhöht man das Klumpenrisiko im Finanzsystem.

CBDC: Der Turbo für Bank Runs

Eine digitale Zentralbankwährung wie der geplante digitale Euro von der EZB könnte diesen gefährlichen Trend weiter verstärken. Wenn Bürgerinnen und Bürger Kapital von ihren Konten abziehen, um beispielsweise jegliche Form von Bonitätsrisiken zu umgehen, wird den Geschäftsbanken wichtige Liquidität entzogen. Schließlich hätten sie mit einer Retail CBDC eine dritte Fiat-Geldform, neben Bar- und Buchgeld, zur Verfügung.

Die aktuelle Bankenkrise führt uns vor Augen, was passieren kann, wenn das Vertrauen in die Kreditinstitute zerfällt. So haben viele amerikanische Bankkunden ihr Kapital von Regionalbanken abgezogen und zu systemrelevanten Großbanken wie J.P. Morgan überwiesen. Hätte es bereits den digitalen US-Dollar von der Fed gegeben, dann hätten die vielen Mini-Bank-Runs eine noch verheerendere Dynamik erreichen können.

Die Notenbanken sind sich dessen bewusst, sodass Kapitalobergrenzen für CBDC im Gespräch sind. In der Eurozone zuletzt 3.000 Euro für den digitalen Euro. Ob es dabei bleibt, ist ungewiss. Gleiches gilt für die Effekte, wenn Millionen von Bankkunden gleichzeitig innerhalb weniger Stunden oder Tage einen derartigen Kapitalabzug vornehmen.

Marktineffizienzen durch digitales Zentralbankgeld

Der Grund, warum Marktwirtschaften besser funktionieren als Planwirtschaften, liegt vor allem an der Informationsverteilung. Jeder Marktakteur gibt mit seinen Handlungen Informationen in den Markt, die zu einer möglichst effizienten Angebots- und Nachfrage-Konstellation führen. Wenn die Informationen hingegen nur einem Akteur zufließen, der sich nicht an das Marktumfeld hält und auch gar nicht über die notwendigen Informationen verfügt, ergo die Notenbank beziehungsweise der Staat, dann kommt es zu einer ineffizienten Kapitalverteilung.

Der Preis für das Geld (Zins) wird dann nicht mehr nach einer marktwirtschaftlichen Chance-Risiko-Abschätzung von den Banken bestimmt. Stattdessen dominieren die politischen Neigungen des Staates. Das soll bedeuten, dass CBDCs die Einlagenverzinsung von Kundengeldern verzerren können. Für derartige Verzerrungen gibt es bereits zahlreiche Beispiele.

Eine ähnliche Verzerrung findet unter anderem auch statt, wenn eine Notenbank Anleihen aufkauft und damit die faire Bewertung (Zins und Kurs) einer Anleihe verzerrt. Auch hat der staatliche Dirigismus in den letzten Jahren stark zugenommen, indem die Kreditvergabe immer mehr vom Staat vorgegeben wird. Durch beispielsweise günstige Kredite zum energieeffizienten Sanieren, werden von der KfW in Deutschland Gelder in den Markt gegeben, die nur teilweise die Bonität des Schuldners berücksichtigen.

Die Zunahme der zentral, ergo staatlich gesteuerten Kapitalvergabe, könnte sich durch eine CBDC weiter verstärken. Schließlich ist davon auszugehen, dass trotz der vermeintlichen Unabhängigkeit der Notenbanken Politiker versuchen werden, auf die digitale Zentralbankwährung einer Notenbank Einfluss auszuüben. Die Hürde exzessiver Konjunkturprogramme und Wahlgeschenke könnte gefährlich zunehmen.

CBDC lässt sich nicht verhindern, aber umgehen

Im Zuge der Digitalisierung lässt sich eine Retail CBDC, im Sinne digitalen Bargeldes, über kurz oder lang wahrscheinlich nicht verhindern. Allerdings kann einer Retail CBDC einiges entgegengesetzt werden. Nicht nur der Markteffizienz wegen, sondern auch um einem potenziell dystopischen Kontrollmissbrauch vorzubeugen. In China lässt sich bereits beobachten, wie der Staat über die Finanzinfrastrukturen die Bevölkerung kontrolliert.

Natürlich ist eine CBDC immer nur eine Projektion der politischen Realität. Soll bedeuten, dass wir in der Eurozone nicht eine CBDC in der Form umsetzen würden, wie es eine Autokratie tut. Dennoch besteht auch hierzulande die Gefahr eines schleichenden Paternalismus, der in unser Geld einprogrammiert wird. Immer mehr Politiker wie der Gouverneur Floridas, Ron DeSantis, warnen daher vor den Gefahren einer CBDC und sprechen sich für ein Verbot aus.

Aus diesem Grund braucht es wettbewerbsfähige private Geldinfrastrukturen, wie sie im Grunde auch heute schon existieren. Also Banken, die ihr Giralgeld auf das nächste, tokenisierte Level, heben. Schließlich geht es auch um Themen wie Programmierbarkeit, Echtzeitabwicklung und Kompatibilität. Man denke hier nur an die digitalen Wertpapiere, wie sie in Zukunft immer öfter zum Standard werden. Gerade hier wäre tokenisiertes Geld sehr hilfreich, um über gemeinsame Infrastrukturstandards und offene Schnittstellen zu verfügen.

Banken: Mehr Entschlossenheit für offene Standards

Zwar gibt es bereits Initiativen unter den Banken in Europa, neue digitale Bezahlinfrastrukturen einzuführen und Geschäftsbankengeld zu tokenisieren. Wie sogenannte Commercial Bank Money Token (CBMT), ergo digitales Giralgeld, aussehen kann, hat die Deutsche Kreditwirtschaft erst vor wenigen Tagen in ihrem neuen Working Paper ausgeführt. Das kann allerdings auch bedeuten, dass die Token auf geschlossenen DLT-Infrastrukturen begeben werden. Die Folge wären Abstriche bei der Kompatibilität und Offenheit. Gerade im Wettbewerb zur Retail CBDC wäre es für die CBMT wichtig, mehr Programmierbarkeit und offene Schnittstellen zu bieten als das staatliche Digitalgeld.

Beispielsweise wäre die Kopplung zwischen DeFi-Anwendungen und dem Bankkonto nicht ohne Umwege möglich. Man würde sich und seine Kunden begrenzen. Langfristig würden Banken damit an Attraktivität gegenüber den DeFi-Infrastrukturen verlieren. Auch bei Machine-to-Machine-Payments durch immer komplexere IoT-Anwendungen hätte man langfristig das Nachsehen.

Damit dies nicht passiert und Banken keinen Bedeutungsverlust hinnehmen müssen, wäre die Zuwendung zu Stablecoins auf öffentlichen Blockchains eine sinnvolle Wahl. Durch den Schulterschluss zwischen Kreditinstituten und den DeFi-Angeboten könnte man ein überlegendes Gegengewicht zum staatlichen CBDC-Angebot schaffen.

Insbesondere unsere Regionalbanken in Deutschland hätten eine herausragende Ausgangssituation als Stablecoin-Emittenten. Hunderte Sparkassen und Volksbanken könnten vom Start weg relativ dezentrale Netzwerke betreiben. Sicherheit und Kosteneffizienz wären damit von Anfang an gegeben. Mit den Tokeninfrastrukturen, wie sie aktuell fast alle Banken für digitale Wertpapiere integrieren, wären entsprechende Infrastrukturstandards kein Ding der Unmöglichkeit.

Stablecoins, CBMTs, sCBDCs und Co.

Neben dem tokenisierten Geschäftsbankengeld in geschlossenen Infrastrukturen, die es wiederum in mehreren Varianten geben kann, gibt es auch noch andere Ansätze, um den CBDC-Befürchtungen entgegenzutreten. Zum eine wären da die Nicht-Banken wie Tether oder Circle, deren zukünftige Rolle man in einer tokenisierten Bankenwelt neu definieren müsste. Auch sie könnten, richtig reguliert und mit angemessenen Befugnissen ausgestattet, ihren Teil als Stablecoin-Emittenten zur monetären Transformation beitragen. Darüber hinaus sollten sich die Potenziale von dezentralen Stablecoins angeschaut werden, die in DeFi-Infrastrukturen eine immer wichtige Rolle spielen.

Zu guter Letzt gibt es auch noch CBDC-Varianten, von denen eine geringere Zentralisierungs- und politische Missbrauchsgefahr ausgeht. Dabei würde es sich um synthetische CBDC, kurz sCBDC, handeln. Bei einer sCBDC wird das System nicht direkt von der Zentralbank verwaltet. Stattdessen wird eine Vielzahl operativer Aufgaben an Institutionen des Privatsektors, wie beispielsweise E-Geld-Institute, ausgelagert. Im Falle einer sCBDC deckt man das emittierte Geld zu 100 Prozent mit Zentralbankreserven.

Jetzt oder nie

Die Beispiele zeigen, wie unübersichtlich die Optionen sind. Es ist davon auszugehen, dass aktuell viele Banken vollkommen überfordert sind und gar nicht wissen, was sie wirklich wollen und wie sie es umgesetzt bekommen. Trotz dieser Unsicherheit wäre Untätigkeit die schlechteste Wahl.

Wenn wir nicht wollen, dass Staaten Innovationen auf den Markt bringen, um im Gegenzug eine stärkere Zentralisierung zu erhalten, dann sind wir als privatwirtschaftliche Akteure dazu aufgefordert, Gegenangebote umzusetzen. Im Sinne eines freien Wettbewerbes sollen sich die besten Geldformen, die den größten Nutzen für ihre Bürger bieten, durchsetzen – ganz gleich, was auch immer das Ergebnis ist.

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