Auch eine Zentralbank führt Marketing-Kampagnen durch. Zwar ist sie mit einem Monopol ausgestattet, doch hat ihr Produkt – chronisch bedingt – mit Imageproblemen zu kämpfen. Das Vertrauen der Kunden muss daher stets bestärkt oder zurückgewonnen werden. Auf der anderen Seite bedeutet das auch, Konkurrenzprodukte zu diskreditieren. Ein solches Konkurrenzprodukt ist Bitcoin.
EZB als Twitter-Influencer
Über vergangene Versuche, Bitcoin schlechtzureden, hatten wir bereits berichtet. Nun hat die Notenbank über ihren Twitter-Account einen erneuten Versuch unternommen. Das EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta wurde dafür zum erneuten Mal als Anti-Bitcoin-Botschafter auserkoren.
Dass Bitcoin gegenüber dem Euro sowie allen anderen Fiatwährungen über Jahre an Wert hinzugewonnen hat, wird als Instabilität ausgelegt. Interessante Sichtweise. Demnach müsste der Euro auch sehr instabil sein, da er gegenüber der türkischen Lira über 20 Prozent in nur vier Wochen zugelegt hat – ganz schön volatil.
Auch kritisiert Panetta, dass Bitcoin zentralisiert sei. Spannende Ansicht für jemanden, der bei einer ZENTRAL-Bank arbeitet. Nun aber Scherz beiseite: So überspitzt die Kritik auch sein mag, zeugen die Twitter-Postings von mangelnder Bodenhaftung.
Blackrock und Co. anscheinend ahnungslos
Die Botschaft, die die EZB mit derartigen Postings sendet, lässt Bitcoin-Befürworter als naiv und ahnungslos dastehen. Angesichts der akademischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Durchdringung von Bitcoin eine haltlose Anmaßung.
Zumal solche Aussagen im Zuge der aktuellen institutionellen Adoption – siehe Blackrock mit Bitcoin-ETF-Antrag oder Fidelity mit der Kryptobörse EDX – dem Sender wahrscheinlich mehr als dem Adressaten schaden. Oder möchte Panetta sagen, dass die Elite-Absolventen an der Wall Street alle keine Ahnung von Finanzen haben? Immer weniger Menschen aus dem Finanzsektor dürften ihm diesen Schneid abkaufen.
Die EZB und ihr monetärer Monotheismus
Doch ist nicht nur die Botschaft problematisch, sondern auch ihr Stil. Anscheinend hat man sich rhetorisch stark an den 10 Geboten und dem “Vaterunser” bedient. Anstatt “führe uns nicht in Versuchung …” heißt es im Twitter-Post: “Widerstehe der Versuchung öffentlicher Kryptowährungen”. In einem nachfolgenden Posting wird im Stil von “du sollst keine anderen Götter neben mir haben” auf das Alleinstellungsmerkmal des Euro hingewiesen.
Glaubenssätze anstatt Sachargumente liefern die Twitterpostings, die das Vertrauen in den Euro und perspektivisch in den digitalen Euro stärken sollen, während der Bitcoin als Teufelszeug klassifiziert wird.
Im Dienste der Sachlichkeit besteht überhaupt nicht die Absicht, die EZB mit diesen spitzen Formulierungen ins Lächerliche zu ziehen. Vielmehr soll verdeutlicht werden, dass sich die Europäische Zentralbank als abgehoben präsentiert. Mit derart plumpen Euro-Marketing-Kampagnen schadet sich die Notenbank langfristig nur selbst. Anstatt andere “Produkte” zu diskreditieren, sollte man lieber an seiner eigenen Performance und dem eigenen Qualitätsversprechen (Geldwertstabilität?) arbeiten.