Ethereum auf dem Weg zum Merge “Ein einfacher Fehler könnte das Ende bedeuten”

Everstake ist der größte Staking-Pool der Welt. Ein Gespräch über Ethereums Merge-Update – und letzte Risiken auf dem Weg dorthin.

Giacomo Maihofer
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Merge

Beitragsbild: Shutterstock

| Um das genaue Datum des Ethereum Merge herrscht noch immer etwas Verwirrung.

Der Merge rückt immer näher. Noch knapp zwei Wochen, dann bekommt Ethereum das vielleicht wichtigste Update seiner Geschichte: die Umstellung auf Proof of Stake. Sogenannte Staker lösen die Miner ab.

Der größte Dienstleister im Staking ist Everstake, mit Sitz in der Ukraine. Mehr als eine halbe Millionen Menschen nutzen den Service. Seit zwei Jahren arbeitet man auch mit Ethereum zusammen. Wir sprachen mit dem Chef der Firma, Sergey Vasilchuck.

BTC-ECHO: Ihr seid der größte Staking-Dienstleister der Welt mit über einer halben Million Nutzer. Wie hat Everstake angefangen?

Sergey Vasilchuck: Ich arbeitete als Programmierer viel mit Banken. Dann entdeckte ich Bitcoin und Ethereum, startete verschiedene Projekte, beispielsweise eine Kryptobörse. Das Problem beim Mining: Die Blockchains waren nicht schnell genug. 2017 kam dann EOS, eine der ersten Proof of Stake Blockchains. Sie lief fast in Echtzeit. Ich war beeindruckt. So muss es sein, wenn wir den Massenmarkt erobern wollen. Staking war die Nische, in der ich sein will. Ein Jahr später startete ich Everstake.

BTC-ECHO: Wie partizipiert ihr als Staking-Pool am Merge?

Sergey Vasilchuck: Wir waren seit zwei Jahren bei jedem Testnet als Validatoren dabei. Das ist im Grunde nur die Spitze des Eisbergs. Darunter ist eine ganze Schicht an Infrastruktur und Helfern, die oft sogar ohne finanzielle Kompensation mitwirken. Ethereum ist langsamer als andere Blockchains, weil sie eine große Verantwortung haben, über tausende Applikationen bauen darauf auf. Ein einfacher Fehler könnte ihr Ende bedeuten.

BTC-ECHO: Der Merge wurde öfters verschoben. Jetzt soll er Mitte September stattfinden. Steht dem noch irgendwas im Weg?

Sergey Vasilchuck: Der Merge ist wie der erste Start einer Rakete. Sehr teuer und komplex. Die Leute tun ihr bestmögliches, um alles zu kalkulieren. Aber Scheiße kann passieren, auch in der letzten Minute. Wenn sie einen kritischen Bug finden, werden sie es canceln. Und das ist gut so. Der Großteil der Risiken ist bekannt, doch es gibt immer noch einen Rest. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass noch etwas passiert, kann ich dir nicht sagen.

BTC-ECHO: Wie profitiert Ethereum vom Merge?

Sergey Vasilchuck: Wir tauschen im Grunde die Ingenieure aus. Statt Minern sind es jetzt Staker. Aber am Motor ändert sich erstmal nichts. Dafür sind weitere Updates geplant. Der Profit für Staker bei Ethereum ist mit fünf Prozent nicht so hoch wie bei anderen Blockchains. Das liegt an der Nachfrage. Wir begannen mit rund 20 Prozent vor zwei Jahren, mit der Zahl der Validatoren ging es langsam runter. Doch viele haben auch Geld verloren. Sie konnten auf dem Allzeithoch nicht verkaufen, weil ihre Tokens im Smart Contract eingesperrt waren.

BTC-ECHO: Eine gegenwärtige Kritik lautet: Rund 50 Prozent der Netzwerk-Knoten von Ethereum laufen über Amazon Web Services. Der könnte den Dienst verweigern. Hetzner hat das bereits getan. Siehst du diese Abhängigkeit als Problem?

Sergey Vasilchuck: Es ist ein riesiges und gefährliches Problem. Ich mache da darauf seit einer Weile aufmerksam. Niemand hört mir zu. Menschen sind faul. Sie verändern ihr Verhalten nicht, bis es eine Krise gibt. Ich denke, dass uns diese Abhängigkeit früher oder später auf die Füße fallen wird.