Der Innovation Hub unter der Führung von Benoît Cœuré soll Zentralbanken weltweit dabei helfen, gemeinsam das Potenzial neuer Finanztechnologien (FinTech) zu erforschen. Cœuré ist der Krypto-Szene vor allem durch seine mahnenden Worte in Richtung des geplanten Facebook Coin Libra bekannt.
Ich freue mich darauf, meine Expertise in dieser Zeit des raschen technologischen Wandels in die globale Zentralbankgemeinschaft einzubringen. Wir müssen die Innovation optimal nutzen, um die Finanzstabilität zu unterstützen und die finanzielle Inklusion zu fördern,
zitiert die BIS Cœuré in ihrer Pressemitteilung vom 11. November. Finanzielle Inklusion beschreibt das Bestreben, Finanzdienstleistungen für möglichst viele Menschen zugänglich zu machen. BIZ-Chef Augustín Carstens will mit dem Innovation Hub systemische Ursachen für die mangelnde Inklusion der „Unbanked“ bekämpfen:
Ich freue mich, Benoît an Bord zu haben, um die wichtige Mission des Hub voranzubringen, nämlich Innovationen zu erschließen, die zur Verbesserung der Funktion des internationalen Finanzsystems beitragen. Technologiegetriebene Innovationen treiben den Wandel in vielen Bereichen voran und können großen Nutzen für jeden bringen, der Zahlungen leistet und empfängt. Der Hub spiegelt das Engagement der Zentralbanken wider, Ressourcen zu teilen und die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft zu legen,
so Augustin in der Pressemitteilung.
Aus dem Schlaf gerissen
Finanzielle Inklusion ist ein Thema beziehungsweise Slogan, den sich auch das Libra-Projekt groß auf die Fahne beziehungsweise das Werbebanner geschrieben hat. Die Weltbank bezifferte im Jahr 2017 die Zahl der Erwachsenen ohne sicheren Bankzugang auf rund 1,7 Milliarden. Es ist davon auszugehen, dass viele von ihnen dafür über einen Facebook Account verfügen. Das soziale Netzwerk verfügt laut dem Statistikdienst Statista über rund 2,41 Milliarden aktive Nutzer (Stand: August 2019). Diese enorme potenzielle Reichweite für Libra hat Regulierungsbehörden weltweit aufschrecken lassen. Die Aussicht, dass ein Konzern praktisch über Nacht mehr als einem Viertel der Weltbevölkerung eine Alternative zu gesetzlichen Zahlungsmitteln wie dem Euro oder dem US-Dollar bieten könnte, war für die Zentralbanken – um es in den Worten von Benoît Cœuré zu sagen – ein „Weckruf“.
Benoît Cœuré, der Stable-Coin-Flüsterer
Die Einrichtung eines FinTech-Hub durch die „Bank der Zentralbanken“ kann folglich als direkte Reaktion auf Libra interpretiert werden. Vor diesem Hintergrund ist zudem auch die Berufung Benoît Cœurés als Vorsitzender der neuen BIS-Abteilung zu betrachten. Cœuré hat beispielsweise federführend am Stable-Coin-Report der G7-Arbeitsgruppe mitgewirkt. Der Bericht untersucht die Chancen und Gefahren von Stable Coins aus Sicht der Regulierung. Der Bericht erkennt zwar das Potenzial von Stable Coins an, globale Zahlungen (kosten-)effizienter und günstiger zu machen; allerdings warnt er auch entschieden vor möglichen Risiken für das globale Finanzsystem, die vor allem Projekte mit weltumspannendem Ausmaß wie Libra mit sich führten. Um diese Risiken einzudämmen, so eine Kernforderung des Berichts, müssten internationale Regulierungsbehörden koordiniert vorgehen:
Die Behörden müssen sich über Agenturen, Sektoren und Gerichtsbarkeiten hinweg koordinieren, um verantwortungsbewusste Innovationen im Zahlungsverkehr zu unterstützen und gleichzeitig eine weltweit einheitliche Reaktion im Hinblick auf die Risikominderung sicherzustellen,
mahnt der im Oktober veröffentlichte Stable-Coin-Report der G7-Arbeitsgruppe.
Der Innovation Hub der BIS fügt sich insofern in ein solches koordiniertes Vorgehen ein, als er nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Hongkong und Singapur Büros eröffnen wird. Benoît Cœuré wird seinen neuen Posten am 15. Januar 2020 antreten, die Amtsperiode beträgt fünf Jahre.