PoW am Scheideweg Könnte die EU Proof of Work einfach verbieten?

Fachanwalt Lutz Auffenberg hat sich mit seiner Kanzlei Fin Law auf den Bereich Fintech und innovative Technologien spezialisiert. Insbesondere die Blockchain-Technologie und ihre Regulierung steht dabei im Mittelpunkt seiner Tätigkeit. In seinem Gastbeitrag widmet er sich der Frage, ob die EU Proof of Work (PoW) verbieten hätte können.

Lutz Auffenberg
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Bitcoin Europa

Beitragsbild: Shutterstock

Dieser Artikel ist zuerst auf dem Fin Law Blog erschienen.

Die Aufregung in der europäischen Kryptobranche war riesig, als die Grünen, die Sozialdemokraten und die Linken im Europäischen Parlament in der letzten Woche kurzfristig einen Änderungsvorschlag zur Markets in Crypto Assets Verordnung (MiCA) einbrachten, der ein faktisches Verbot gewerblichen Umgangs mit Bitcoin und nach aktuellem Stand der Technik auch Ethereum zur Folge hätte haben können. Der Antrag wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt, sodass die Gefahr bis auf Weiteres erstmal gebannt zu sein scheint.

Gegenstand des Änderungsvorschlags war eine Regelung, nach der Kryptowerte in der EU nur hätten emittiert, angeboten oder zum Handel zugelassen werden dürfen, wenn ihr Konsensmechanismus ökologische Mindestnachhaltigkeitsstandards erfüllt, die von der EU-Kommission hätten festgelegt werden müssen. Da der Konsensmechanismus des Proof of Work (PoW) der in ökologischer Hinsicht am wenigsten nachhaltige Konsensmechanismus ist, hätte er die festzulegenden Mindeststandards voraussichtlich nicht erfüllen können. Insbesondere die marktbeherrschende Kryptowährung Bitcoin, die den PoW-Konsensmechanismus zur Validierung der Transaktionen im Netzwerk nutzt, hätte dann in Europa vor dem Aus gestanden.

Was wären die Folgen eines PoW-Verbots in Europa gewesen?

Das politische Vorhaben, die Konsensmechanismen von Kryptowährungen ökologisch zu verbessern, ist sicher ein legitimes und in Anbetracht der sich zuspitzenden globalen Klimakrise auch grundsätzlich zu begrüßen. Ob zur Erreichung des Ziels jedoch ein Verbot das richtige Mittel sein kann, ist mehr als fraglich. In wirtschaftlicher Hinsicht wäre ein Verbot von Bitcoin und Ether, die zusammen mehr als 60 % des Kryptomarktkapitals auf sich vereinen, ein Todesstoß für den europäischen Kryptomarkt gewesen, da kaum ein Geschäftsmodell der Kryptobranche ohne ein Angebot bzw. die Nutzung von Bitcoin oder Ether auskommt. Kryptotauschbörsen, die keinen Handel mit Bitcoin anbieten, wären in der aktuellen Marktsituation für Nutzer nicht interessant.

Auch Tokenisierungsprojekte laufen zumeist über Protokolle auf der Ethereum-Blockchain und damit auf einem PoW-basierten Netzwerk. Besonders hart hätte das Verbot bereits emittierte Security Token getroffen, die über die Ethereum-Blockchain funktionieren. Der Handel mit solchen Token wäre in Europa nicht mehr möglich gewesen und eine Verlagerung des Handels auf Gebiete außerhalb der Europäischen Union wäre kaum ohne eine vollständige Neugestaltung der vertriebsrechtlich vorgeschriebenen Anlegerprospekte möglich gewesen. Der Handel in Europa wäre nur bei Migration des Tokens auf eine andere technische Infrastruktur möglich gewesen, die die ökologischen Mindeststandards erfüllt. In beiden Fällen wären erhebliche Kosten für die Emittenten angefallen, die letztlich durch die Anleger hätten getragen werden müssen.

Wäre ein PoW-Verbot rechtlich überhaupt möglich gewesen?

Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Jahr 2009 existiert mit der europäischen Grundrechtecharta ein verbindlicher Grundrechtekatalog, mit dem das europäische Primärrecht vereinbar sein muss. Als unmittelbar gegenüber allen Europäern Rechtswirkung entfaltende EU-Verordnung muss auch die MiCA dem Maßstab der EU-Grundrechtecharta gerecht werden. Geschützt werden insoweit auch die Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit der Bürger in der Europäischen Union. Ein PoW-Bann hätte in der EU die Kryptodienstleister, die durch die MiCA gerade einen angemessenen und effektiven Regulierungsrahmen erhalten sollen, von mehr als 60 % des aktuellen Kryptomarktes ausgeschlossen.

Das Verbot hätte unmittelbar in bestehende Projekte und Geschäftsmodelle massiv und existenzbedrohend eingegriffen. Besonders kritisch wäre der Änderungsvorschlag für das PoW-Verbot auch deshalb gewesen, weil es nach seiner Formulierung das eigentliche Verbot nicht durch die Verordnung selbst, sondern auf der Ebene der technischen Standards zur MiCA erreicht hätte, die allein von der EU-Kommission ohne legislativen Prozess festgelegt worden wären. Die EU-Grundrechtecharta hätte daher durchaus Argumente angeboten, um ein indirektes PoW-Verbot in der EU mithilfe der Gerichte zu kippen. Ob sie ausgereicht hätten, um gegenüber dem ebenfalls nach der EU-Grundrechtecharta durch die Politik sicherzustellenden Umweltschutz zu überwiegen, hätte durch eine spannende juristische Diskussion entschieden werden müssen.

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