Blockchain-Kids: Über die erste native Bitcoin-Generation

Die Bitcoin-Blockchain steckt mit ihren 15 Jahren mitten in der Pubertät. Wieso sich Kinder und Jugendliche mit der Kryptowährung auseinandersetzen sollten. Es ist der 9. Juli 2023. Auf einer der wichtigsten Bitcoin-Konferenzen des Jahres in Prag verlässt Michael Saylor nach einem Vortrag über die Zukunft von Bitcoin die Bühne. Abgelöst wird Saylor von einem zwölfjährigen Mädchen: Samantha de Waal ist Bitcoin-Maximalistin. Sie und ihre Familie haben ihren Zahlungsverkehr so weit es geht auf die Kryptowährung umgestellt. "I use Bitcoin, because fuck banks", eine klare Kampfansage an die klassische Finanzwelt. Sie ist die mit Abstand jüngste Speakerin auf der BTC-Prague und spricht stellvertretend für eine Generation, die eine Welt ohne Bitcoin nie erlebt hat. Doch wieso setzen sich Kinder und Jugendliche eigentlich mit dem Thema auseinander und wie werden sie an das Thema herangeführt? BTC-ECHO hat sich mit Samantha unterhalten. Geboren in Block 117.523 Im Fall von Samantha war eine frühe Konfrontation mit Bitcoin unausweichlich. Ihr Vater, Benjamin de Waal, ist eine bekannte Person im Krypto-Space. Er leitet die größte Bitcoin-only-Börse in den USA, Swan-Bitcoin. "Viele Leute denken, dass ich als 12-jährige Bitcoinerin ein Script von meinem Vater gelesen habe, als ich auf der Bühne stand und dass ich nichts über Bitcoin weiß. Ich versuche, ihnen das Gegenteil zu beweisen, weil sie damit falsch liegen". Das Feld der Bitcoin-Maximalisten – Personen, die glauben, dass sich die Kryptowährung früher oder später als universelle Währung etabliert – ist breit gefächert. Vom fanatischen Digital-Prepper, der darauf spekuliert, dass der Staat zusammenbricht und er es in der Postapokalypse zu Reichtum bringt, bis zum moderaten BTC-Befürworter, der eine Überholung des Fiat-Geldsystems für überfällig hält, ist alles vertreten. Deshalb lohnt es sich, ein Auge darauf zu behalten, wie viel Ideologie der Eltern in den Überzeugungen der Kinder steckt. Die Gefahr einer Instrumentalisierung ist dabei allerdings kein Alleinstellungsmerkmal von Bitcoin. Hört man Samantha sprechen, wird schnell deutlich, dass sie mehr drauf hat als plumpe Maximalisten-Parolen. Erwachsene sollten Kinder nicht so behandeln, als wüssten sie nichts über die Welt. Samantha de Waal Ihr Wissen bezieht sie aus Büchern, Podcasts und im Austausch mit anderen Krypto-Enthusiasten, zum Beispiel auf Konferenzen. Und sie hat sich fest vorgenommen, ihr Wissen zu teilen, um Bitcoin in die Welt zu tragen. Einige ihrer Klassenkameraden habe sie schon überzeugt. Im Einkaufszentrum fragt sie unermüdlich nach Möglichkeiten, mit Bitcoin zu zahlen und klärt die Händler auf. "Erwachsene denken, Bitcoin ist schwer zu verstehen, ist es aber nicht, wenn man damit aufwächst". Als Samantha geboren wird, misst die Blockchain bereits 117.523 Blöcke. Bitcoin in der Bildung Mittlerweile hat sich eine kleine Industrie im Bereich der Bitcoin-Bildung für Kinder entwickelt. Ob Plüschtiere, Kartenspiele oder Bücher. In El-Salvador, dem ersten Land, das Bitcoin zur offiziellen Landeswährung erklärt hat, wird Bitcoin ab 2024 fester Bestandteil des Schulunterrichts werden. An deutschen Schulen findet das Thema bislang wenig bis gar keine Beachtung. Der klassische Anlagenmarkt hingegen genießt hier eine starke Lobby. Das "Planspiel Börse" der Sparkasse zum Beispiel. Hier erhalten Schüler ein fiktives Budget von 50.000 Euro. Das Geld sollen sie am Aktienmarkt einsetzen. Wer am Ende die meiste Rendite macht, gewinnt einen Preis. Das führt natürlich dazu, dass die Teilnehmer das ganz Geld auf das volatilste Asset setzen. Verluste? Egal, im neuen Jahr gibt es wieder 50.000 Euro und mit einer moderaten Anlagestrategie lässt sich kein Preis gewinnen. Eine Form der Finanzbildung, die bestenfalls fraglich ist. Damit Bitcoin an Schulen eine stärkere Einbindung erfährt, braucht es Kinder wie Samantha. Und natürlich: die passende Lektüre. Altersgerechte Sachbücher Bücher über Bitcoin für eine junge Leserschaft gibt es heute jede Menge, vor allem auf Englisch. Auch hierzulande wird man fündig bei der Suche nach Bitcoin-Literatur für Kinder und Jugendliche. Zum Beispiel klärt in "Marlas Bitcoin-Abenteuer - Der Fall in den Kaninchenbau" ein weißes Kaninchen Leser über Fragen auf wie: Warum ist Bitcoin das Geld der Zukunft? Oder: Was ist die Blockchain-Technologie? Der Autor Edwin Schotland nutzt dazu Vergleiche aus der Tierwelt. Das Buch wird Kindern ab 8 Jahren empfohlen. Einen Rundumschlag im Krypto-Sektor wagen Maximilian Erlmeier und Miriam Schimka mit "Bitcoin Money Metaverse". Das Buch führt Jugendliche ab zwölf Jahren an Themen rund um Kryptowährungen, Blockchain, NFT bis hin zum Metaverse heran. "Im Buch setzen wir den Schwerpunkt darauf, Jugendlichen die komplexen Zusammenhänge von Geld, Wirtschaft, Kryptowährungen und Blockchain in einer verständlichen Form zu vermitteln. Gleichzeitig hinterfragen wir kritisch neue Technologien und untersuchen, welchen Einfluss sie auf Themen wie Umwelt, finanzielle Inklusion und den Alltag der Menschen haben können", erklären die Autoren gegenüber BTC-ECHO. Wieso sollten sich Kinder und Jugendliche mit Bitcoin auseinandersetzen? Erlmeier und Schimka fordern in dieser Sache ein breiteres Bildungskonzept an den Schulen, das auch Grundlagen wie Geld, Inflation und Investitionen abdeckt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Jugendliche dieses Wissen erwerben, um fundierte Entscheidungen in Bezug auf ihre finanzielle Zukunft und ihre digitale Teilhabe treffen zu können. Ausschließliches Lernen über soziale Medien kann zu extremen Ansichten führen, bei denen entweder der Eindruck entsteht, dass es der Weg zum schnellen Geld ist oder dass es sich um rein bedenkliche Technologien handelt. Die eigentliche Gefahr besteht eher darin, dass Jugendliche unvorbereitet mit Kryptowährungen und anderen neuen Technologien in Berührung kommen. Miriam Schimka & Maximilian Erlmeier Die entscheidende Frage ist also nicht, ob man Kinder und Jugendliche mit Bitcoin konfrontieren sollte, sondern, wann und wie. Denn früher oder später geraten sie ohnehin damit in Kontakt. Dabei ist ein differenzierter und einordnender Zugang in jedem Fall wünschenswerter als eine unreflektierte Indoktrinierung eines Social-Media-Gurus. Um alleine ein Bankkonto zu eröffnen, muss Samantha noch warten, bis sie 18 ist. Das hat sie allerdings gar nicht vor, wie sie sagt. Sie braucht eh nur Bitcoin. Und bei Bitcoin gibt es solche Regeln nicht. "Bitcoin kann dich nicht daran hindern, es zu nutzen, egal wer du bist", erklärt sie ihrem deutlich älteren Publikum in Prag.

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