Explosiver Cocktail Bitcoin-ETF und Halving: Führt die Kombi zum Angebotsschock?

In seinem Gastbeitrag setzt sich Pascal Hügli mit der Frage auseinander, ob Bitcoin-ETFs und Halving zum Angebotsschock führen.

Pascal Hügli
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Bitcoin

Beitragsbild: Shutterstock

| Die Bitcoin ETFs ziehen enorme Summen von BTC aus dem Markt

Bitcoin hat mittlerweile in allen Währungen der Welt ein neues Allzeithoch erreicht – selbst im Schweizer Franken. Mit dem neuen Allzeithoch hat die Mutter aller Kryptowährungen den Schweizer Franken auch als die 13. größte Währung im globalen Finanzsystem verdrängt. Mit dem Erreichen des Allzeithochs hat Bitcoin zudem Geschichte geschrieben. Denn noch nie wurde ein Preishöchststand vor einem Halving erzielt. Zu verdanken haben wir das vor allem den Bitcoin-ETF-Zuflüssen. Diese übertreffen derzeit alle Erwartungen.

ETFs brechen Rekorde

Das Interesse an den Bitcoin-ETFs ist in der Tat enorm. Am 12. März verzeichnete der BlackRock ETF Zuflüsse von sage und schreibe 849 Millionen US-Dollar. An diesem Tag flossen insgesamt 1,045 Milliarden US-Dollar in die Finanzprodukte. Das ist der bisher höchste Tageszufluss. Einzig aus dem GBTC-ETF fliessen aktuell BTC ab. Bei GBTC handelt es sich um das Produkt von Grayscale. Noch hält der GBTC-ETF knapp 400.000 Bitcoins, während bereits weitaus über 200.000 BTC abgeflossen sind.

Dass der Bitcoin-Preis trotz dieser Abflüsse nicht nach unten korrigiert, sondern vielmehr steigt, zeigt: Die Zuflüsse der anderen ETFs vermögen das “Ausbluten” des gebührenlastigen GBTC-ETFs – die Gebühren liegen bei 1,5 Prozent – zu kompensieren. So verzeichnete Fidelity seinen größten Zufluss am 7. März mit 472 Millionen US-Dollar und VanEck mit 118 Millionen US-Dollar am 11. März.

Wie stark die Bitcoin-ETFs derzeit die verbleibenden Bitcoins auf dem Markt zusammenkaufen, verdeutlicht auch folgende Zahl: In der Zeit vom 4. März bis zum 11. März haben alle Bitcoin-ETFs zusammen netto 41.420 Bitcoin hinzugekauft. Genauso beeindruckend ist auch der durchschnittliche tägliche Zufluss über alle ETFs gesehen. Seit der Lancierung sind den ETFs durchschnittlich 246 Millionen US-Dollar zugeflossen. Bei einem Bitcoin-Preis von 70.000 US-Dollar macht das 3.514 Bitcoin pro Tag.

Quelle: Insight DeFi

Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage

Was die passive Nachfrage nach Bitcoin durch die ETFs derzeit provoziert, ist ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Börsen und Miner halten aktuell rund 3 Millionen Bitcoin, 1,5 Millionen werden durch US-Unternehmen gehalten. Wenn derzeit über 30.000 BTC pro Woche allein durch die ETFs nachgefragt werden und dieses Tempo anhält, dann dürften wir innerhalb der nächsten sechs Monate in eine Liquiditätskrise auf Seiten der Verkäufer geraten.

So scheint Bitcoin mit der ETF-Legitimierung nun endlich das lang ersehnte Gütesiegel zu haben. Dieses hat dafür gesorgt, dass ein Bitcoin-Investment heute weder ein Regulierungs- noch ein Reputationsrisiko darstellt. Immer mehr professionelle Vermögensverwalter erkennen daher kaum noch Gründe, warum sie nicht auch eine Allokation von 1 bis 5 % ihres Gesamtportfolios in Bitcoin vornehmen sollten.

Ebenfalls spannend zu beobachten ist, dass während die Bitcoin-ETFs stetig wachsen, die Gold-ETFs seit der Lancierung der Bitcoin-Produkte Abflüsse verzeichnen. Natürlich muss es hier keine direkte Korrelation geben, und es ist unwahrscheinlich, dass Gold-ETF-Abflüsse eins zu eins in Bitcoin-ETF-Zuflüsse übergehen. Gleichwohl scheint die Verschiebung hin zum neuen globalen Wertaufbewahrungsmittel voll im Gange zu sein.

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Quelle: Ecoinometrics

Bitcoin-Halving in ungefähr 40 Tagen

Bitcoin als digitales Gold – dieses Verständnis scheint in der Allgemeinheit immer stärker zu verfangen. Bitcoin besitzt sämtliche Geldeigenschaften, die Gold hat, und diese wurden sogar noch “perfektioniert”.

So ist der Kryptowert absolut knapp. Der Vergleich mit Gold verdeutlicht, was damit gemeint ist. Steigt bei Gold der Preis an, sind Goldproduzenten incentiviert, ihre Goldproduktion hochzufahren. Das geht zwar nicht von heute auf morgen – über die mittlere Frist können Minenarbeiter jedoch das Goldangebot beeinflussen und so dem Preisanstieg bei Gold entgegenwirken.

Gleiches ist bei Bitcoin nicht möglich. Die Bitcoin-Menge ist auf 21 Millionen beschränkt, sie ist also absolut knapp. Erhöht sich der Bitcoin-Preis aufgrund der Nachfrage, haben Bitcoin-Miner keine Möglichkeit, das Bitcoin-Angebot über die durch das Bitcoin-Protokoll vorgegebene Menge zu erhöhen. Das Kryptoasset ist absolut angebotsinelastisch, wie man in der Fachsprache der Wirtschaftswissenschaften sagt.

Das untenstehende Meme bringt diese Tatsache auf den Punkt: Trotz der steigenden Nachfrage kann das Angebot nicht erhöht werden. Ja vielmehr wird das bevorstehende Bitcoin-Halving die alle zehn Minuten Menge neu geschaffener Bitcoin-Einheiten sogar noch verringern. Und zwar ist es das Bitcoin-Protokoll, welches diese Änderung ohne Wenn und Aber ungeachtet der Umstände durchführen wird.

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Quelle: X

Das Bitcoin-Halving steht uns somit unweigerlich bevor. Bei diesem Ereignis wird die Neuproduktion von Bitcoin-Einheiten von gegenwärtig 6,25 auf 3,125 Bitcoin reduziert. Pro Tag werden dann nicht wie aktuell rund 900, sondern nur noch ungefähr 450 Bitcoin produziert.

Damit wird das Halving wie in anderen Jahren zu einem kumulierenden Angebotsschock führen. Ein solcher wurde in der Vergangenheit jeweils vor einem Halving nie vollständig eingepreist, hat sich dann jeweils nach ungefähr 100 Tagen materialisiert und war stets statistisch signifikant.

Diesen Befund hat das Forschungsteam der ETC Group in einem Ende 2023 erschienenen Thesenpapier ermittelt. Die Autoren des Papiers verglichen die Performance X Tage nach einem Bitcoin-Halving mit der Performance X Tage vor einer Halbierung. Sollten Bitcoin-Halvings keinen statistisch signifikanten Preiseffekt haben, dann kann die Performance von Bitcoin für einen identischen Zeitraum nach einer Halbierung nicht signifikant höher sein als die Performance vor dem Halving.

Genau das war aber jeweils der Fall. Während es für die ersten 100 Tage nach dem Halving keinen signifikanten Performance-Effekt zu geben scheint (nur schwach statistisch signifikant), wird der Performance-Unterschied danach hochsignifikant. In einfachen Worten bedeutet das: Nach 100 Tagen wurde der Halving-Effekt besonders deutlich spürbar.

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Quelle: ETC Group

Was kann schiefgehen?

Die Frage ist nun: Wird dieser kumulierende Angebotsschock auch dieses Mal wieder zu einem enormen Preisanstieg führen? Eine Garantie gibt es in unserer hochkomplexen, von Unwägbarkeiten geprägten Welt natürlich nie. Bleibt vor allem die Nachfrage nach Bitcoin durch die Bitcoin-ETFs hoch, scheint es unwahrscheinlich, dass die Bären derzeit gewinnen und den Bitcoin-Preis stark drücken können.

Auch hat man den Eindruck, dass selbst dieses Mal das Bitcoin-Halving nicht vollständig eingepreist ist. Und das, obwohl wir uns im Jahr 2024 befinden. Gerade Aussagen wie jene von Börsenexperte Rigobert Kaiser aus der BR-Wirtschaftsredaktion zeigen jedoch, dass wir bezüglich des allgemeinen Bitcoin-Verständnisses noch immer in den Kinderschuhen stecken. 

So meinte Kaiser in einem Börsentalk vom 12. Februar: “Der Bitcoin-Preis, der ja sehr hoch ist, kann sich im April halbieren, dann wird der Bitcoin auch wieder für Privatanleger interessanter.” Der deutsche Börsenjournalist ist damit jedoch nicht allein. Auch in Frankreich versteht man die Sache mit dem Halving offensichtlich noch immer völlig falsch.

Über den Autoren

Pascal Hügli ist Moderator, Debattierer und Dozent an der HWZ. Als Analyst für den deutschsprachigen Newsletter Insight DeFi möchte er die breite Masse kompetent und prägnant über die Ereignisse und Chancen der neuen dezentralen Welt von Bitcoin und Co. informieren. Auch ist er Autor von Ignorieren auf eigene Gefahr: Die neue dezentrale Welt von Bitcoin und Blockchain.

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