Bitcoin-Bastler: Die kuriosen Erfindungen der Kryptogemeinde

MacGyver wäre stolz gewesen: Der Spieltrieb einiger Entwickler im Krypto-Space sucht von jeher seinesgleichen. Im Netz präsentieren sie Meisterwerke der Ingenieurs- und Coding-Kunst. Der Krypto-Sektor strotzt seit dem ersten Bitcoin-Block vor außergewöhnlichen Persönlichkeiten. Zwischen denen, die an eine gerechte Welt glauben, und denen, die auf schnellen Reichtum hoffen, gibt es ein breites Feld von Akteuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Teil davon ist auch eine ganz bestimmte Gruppe von Krypto-Enthusiasten: die Bastler. Erkennen kann man sie an ihrem unermüdlichen Innovationsdrang und einer gewissen Affinität zum Experimentieren. Mit Lötkolben und Programmiersprache bewaffnet, reifen Ideen in Garagen und Kellerwerkstätten zu Meisterstücken der Heimwerkskunst heran. Einige Entwicklungen sind bloße Spielerei, andere durchaus bahnbrechend. Wir haben uns bei den Daniel Düsentriebs der Szene umgesehen und verschiedene Bastelprojekte unter die Lupe genommen. C64 wird zum Mining Rig Maciej Witkowiak hat eine Methode entwickelt, um mit einem Kultgerät aus den Achtzigern an Bitcoin zu gelangen. Der polnische Programmierer hat einen alten C64 in einen Mining Rig umgewandelt. Die Ineffizienz der Apparatur ist dabei sozusagen der Knackpunkt: Der Trend heißt „Retrocomputing“ und bezeichnet die Verwendung von Computertechnologie, die längst überholt wurde. Der C64 – von Kennern auch liebevoll „Brotkasten“ genannt – ist ein wahrer Meilenstein der Computertechnik. Bis heute gilt er als der meistverkaufte Heimcomputer aller Zeiten. Bei seiner Einführung 1982 begeisterte der Commodore mit knapp über einem Megahertz Rechenleistung und sagenhaften 64 Kilobyte Arbeitsspeicher. Durch die Modifikation von Technikliebhaber Witkowiak kann das Gerät zum Bitcoin-Mining verwendet werden. Allerdings richtet sich das Modell eher an geduldige Schürfer. Der C64 bringt es nämlich auf gerade einmal 0,2 Hashes pro Sekunde. Moderne Mining-Geräte schaffen es im Vergleich auf über 100 Terahashes pro Sekunde. Das entspricht der 500-Billionen-fachen Leistung. https://www.youtube.com/watch?v=JGNaeLMS1ZI Im Netz versuchen Nutzer das Experiment mithilfe der Software von Witkowiak zu wiederholen Konkurrenzfähig ist der C64 als Bitcoin-Miner also nicht. Die Stromkosten übersteigen die Einnahmen um ein Vielfaches. Allerdings ist der Commodore-Miner dafür auf der Nostalgieskala unschlagbar. Mit „Super Mario“ auf Satoshi-Jagd Ein Traum wird wahr für alle NintendoFans: Ab sofort kann man beim „Super Mario“-Spielen echtes Geld verdienen. Möglich macht es der Gaming-Tüftler und Zebedee-Mitgründer Christian Moss. In einem Video auf Twitter ist zu sehen, wie er eine alte NES-Konsole mit einer automatisierten Lightning-Bezahlfunktion ausstattet. Immer wenn Mario eine Münze einsammelt, erhält der Spieler eine Belohnung in Höhe von zehn Satoshi. https://twitter.com/MandelDuck/status/1617646458349686788 Moss begann mit der Entwicklung, kurz nachdem ihn jemand auf Twitter unter einem „Super Mario“- GIF markiert hatte, mit der Beschriftung: „Könnte jemand ein Play-to-Earn-Spiel wie dieses machen?“ Gegenüber BTC-ECHO erklärt er den Clou des Projekts: „Mir kam der Gedanke, dass ich maschinelles Lernen nutzen könnte, um zu erkennen, wann ein Spieler eine Münze eingesammelt hat, indem ich den Videostream analysiere. Ich könnte einfach ein Programm entwickeln, das das Signal interpretiert, bevor es an den Fernseher weitergeleitet wird.“ Gesagt, getan: Kurze Zeit später präsentiert Moss der Community eine funktionsfähige „Super Mario“-Version, die den Spieler mit Lightning-Transaktionen belohnt. Ich wollte sehen, ob ich Bitcoin in ,Super Mario‘ auf meinem originalen NES einbauen kann. Jedes Mal, wenn man eine Münze einsammelt, bekommt man ein paar Sats! Christian Moss Play-to-Earn-Spiele sind so konzipiert, dass die Spieler beim Erreichen bestimmter Aufgaben Belohnungen in Form von echtem Geld erhalten. Für PC-Spieler und Mobile-Gamer gibt es bereits die Möglichkeit, Bitcoin beim Spielen zu verdienen. Konsolen sollen bald folgen. Das Experiment von Moss zeigt, dass es möglich ist, und könnte einen Vorgeschmack auf die Zukunft der GamingBranche und des Play-to-Earn-Konzepts geben. Blockchain-Cyborgs: Mit NFTs zum „sechsten Sinn“ Diese Erfinder haben sich selbst zum Forschungsgegenstand erklärt: Neil Harbisson und Pol Lombarte sind Cyborgs. Die Blockchain-Technologie ist Teil ihrer Identität. Als Mitglied der Biohacking-Gemeinschaft hat sich der aus Barcelona stammende Harbisson eine Wifi-fähige Antenne in den Kopf implantieren lassen. Die Antenne ist mit Sensoren ausgestattet und überträgt deren Signale via Vibrationen direkt in den Schädel. Auf diese Weise möchte Harbisson seinen Wahrnehmungsapparat erweitern. Durch die Modifikation ist er in der Lage, Telefongespräche, Musik und Videos aufzuzeichnen und Messungen elektromagnetischer Strahlung vorzunehmen. Biohacker Neil Harbisson Die Antenne ist außerdem mit Sensoren zur Erkennung von Infrarot- und Ultraviolettstrahlung ausgestattet. Doch die Optimierung birgt neben möglichen Komplikationen durch das Implantieren eines Fremdkörpers durch nichtärztliches Personal auch ein anderes Risiko. Harbisson wurde zur Zielscheibe von Cyberattacken. Nachdem er einer Reihe ausgewählter Personen gestattet hatte, Fotos und Textnachrichten direkt in seinen Schädel zu senden, gelang es einer unbekannten Person, sich in das System einzuhacken und unerlaubt Bilder an Harbisson zu senden. Um solchen Angriffen in Zukunft zuvorzukommen, bedient er sich mittlerweile der Blockchain-Technologie. Jetzt ist die Verbindung in seinen Kopf über einen NFT abgesichert. Besitzer dieses NFT ist allerdings nicht Harbisson selbst, sondern sein Cyborg-Kollege Pol Lombarte. Dieser steht seinerseits in einer gewissen Abhängigkeit zu Harbisson und hat diesem die Möglichkeit gegeben, durch das Senden von Vibrationen die Herzfrequenz seines Körpers aus der Ferne zu kontrollieren. Die Kontrollgewalt über die Herzfrequenz wird ebenfalls über den Besitz des dazugehörenden NFTs geregelt. Mögen die Experimente der Biohacking-Community aktuell noch befremdlich wirken, verweisen sie doch eindrücklich darauf, dass IT-Sicherheit auch im medizinischen Sektor immer wichtiger werden wird. Kryptografie und Blockchain können dabei einen Beitrag leisten. Letztendlich steht jedoch fest: Dieses Experiment eignet sich mit Sicherheit nicht, um es im Hobbykeller „nachzubauen". „Doom“ auf der Bitcoin-Blockchain spielen Wer glaubt, dass die Bitcoin-Blockchain hauptsächlich für den Geldtransfer genutzt wird, täuscht sich gewaltig. „Will it run Doom?“ – eine Frage, die seit einigen Jahren zum Meme avanciert ist und den Trend einer Gruppe von Bastlern beschreibt, den kultigen Ego-Shooter aus den 90ern auf allen möglichen Geräten zum Laufen zu bringen. Ob Taschenrechner, Geldautomat, Smartwatch oder Toaster – kein Gerät ist vor den Entwicklern sicher. Auch vor der Bitcoin-Blockchain macht der Trend nicht halt. Nicholas Carlini ist es gelungen, eine Clone-Version des Spiels auf dem Netzwerk zu platzieren. Möglich macht es das Ordinals-Protokoll. Ein Projekt, das die Bitcoin-Community zunehmend in Aufruhr versetzt. Die Implementierung ermöglicht es, NTFs und andere Daten auf der Blockchain festzuhalten. Mittlerweile tummelt sich ein bunter Mix aus Sammelbildern und allerhand Spielereien auf dem Heiligtum des Krypto-Sektors. Innerhalb kürzester Zeit entfachte eine hitzige Debatte um das Protokoll. Kritiker der Anwendung verweisen auf die knappe Blockkapazität. Derlei Spielereien verstopften den Block-Space, der für die Abwicklung von Finanztransaktionen vorgesehen sei, mit einer unnützen Datenflut. Außerdem könne es dadurch zu einem rapiden Anstieg der Transaktionsgebühren kommen. Ungeachtet der Frage, ob Ordinals eine langfristige Bedrohung für das Bitcoin-Netzwerk darstellen, scheint die Frage „Will it run Doom?“ durch die Implementierung immerhin geklärt zu sein – die Antwort lautet: Ja.

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