Schluss mit Ethereum und Co. BIS greift Krypto an: So will man öffentliche Blockchains totregulieren

Geht es nach der Bank for International Settlements (BIS), dann dürfte es in Zukunft keine Wertpapier-Tokenisierungen mehr auf öffentlichen Blockchains, wie Ethereum, geben. Über die Gefahren für den Krypto-Sektor und worauf es jetzt ankommt.

Sven Wagenknecht
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BIS

Beitragsbild: Bank for International Settlement (BIS)

| Die Bank for International Settlements (BIS) hat in Basel ihren Hauptsitz

Die Bank for International Settlements, kurz BIS, versucht schon seit längerem, Krypto aus dem Bankensystem herauszuhalten. Die Bank der Zentralbanken gibt weltweit den Ton an, was sie sagt, hat Auswirkungen auf die nationalen Banken beziehungsweise die nationale Finanzregulierung. Nun ist wieder Schwung in eine Debatte gekommen, die bereits seit Dezember 2022 durch das Paper “Prudential Treatment of Cryptoasset Exposures” der BIS wie ein Damoklesschwert über dem digitalen Finanzsektor schwebt. Sollte es zur Umsetzung im Jahr 2025 kommen, dann wäre dies eine Katastrophe für öffentliche Blockchains.

BIS-Einstufung: Ein Verbot durch die Hintertür

Konkret geht es darum, dass der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS), der Teil der BIS ist, für tokenisierte Wertpapiere und Stablecoins eine deutlich höhere risikogewichtete Eigenkapitalunterlegung bei der Nutzung öffentlicher Blockchains vorsieht. Das bedeutet, dass es für Banken zukünftig nicht mehr wirtschaftlich darstellbar wäre, eine Tokenisierung auf Ethereum, Polygon, Solana und Co. vorzunehmen.

Es handelt sich also nicht um ein direktes Verbot, sondern um eine Überregulierung, die allerdings zum gleichen Ergebnis führt. Schließlich wird keine Bank bereit sein, ihre digitalen Wertpapiere 1:1 mit Eigenkapital zu hinterlegen. Für ein Finanzinstitut wäre es wirtschaftlicher Unsinn, eine Anleihe-Emission von 100 Millionen Euro mit 100 Millionen Euro Eigenkapital zu hinterlegen. Schließlich müsste sie dies auf herkömmlichen Wege nicht tun. Eine Tokenisierung wäre dann nur noch über geschlossene, zentral kontrollierbare Infrastrukturen wirtschaftlich darstellbar.

Blockchain ist zu riskant

Die BIS beziehungsweise der BCBS begründet diese Klassifizierung durch angebliche Risiken öffentlicher Blockchains. Dabei geht es um drei Kernrisiken, die die Benachteiligung von Blockchains legitimieren soll:

  • Blockchain-Infrastrukturen wären von unregulierten Dritten abhängig
  • Eingeschränkte Möglichkeit in der Überwachung
  • Weiterführende Risiken, die sich unter anderem in den Bereichen wie Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder Privatsphäre ergeben

Die BIS versäumt es allerdings, ihre Vorbehalte substanziell zu begründen. Es wird nicht hinreichend erklärt, warum die bestehenden Standards der Verbriefung sowie geschlossenen DLT-Systeme sicherer sein sollen als Wertpapier-Abbildungen auf einer Blockchain. Die zentralisierten Standards werden als schlichtweg sicher vorausgesetzt, ohne eine Abwägung oder Vergleich zu Blockchain-Infrastrukturen zu ziehen.

BIS benutzt Scheinargumente

Die BIS verletzt damit den Grundsatz der Technologieneutralität. Schließlich sind Aufsichten und öffentliche Institutionen dazu angehalten, technologische Optionen nicht gegenüber anderen zu diskriminieren. Entsprechend regt sich Widerstand gegen die Scheinbegründung der BIS.

So hat unter anderem der Digitalverband Bitkom e.V. im Februar 2024 eine Stellungnahme zum BIS-Vorhaben veröffentlicht. Der Bitkom e.V. weist darauf hin, dass Blockchains im Gegensatz zu den von der BIS bevorteilten, zentralen Infrastrukturen keinen Single-Point-of-Failure besitzen, ergo resilienter gegenüber unter anderem Angriffen sind. Auch sind Blockchains durch ihre Interoperabilität einfach zu wechseln, falls dies im eher unwahrscheinlichen Fall notwendig werden würde.

Darüber hinaus wird das Argument der unzureichenden Überprüfbarkeit als Nebelkerze entlarvt. Schließlich können alle Eigenschaften und Metriken öffentlich von jedem Menschen auf der Welt überwacht werden, wie unter anderem die Anzahl Nodes, der Code, die Smart Contracts und die Netzwerkstabilität als solche. Einzelne Komponenten sowie die Betreiber von Blockchain-Netzwerken sind hingegen nicht systemkritisch und daher auch nicht relevant.

Der Klassiker: Geldwäsche und Terroristen

Mit ihrem Argument der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wärmt die BIS Vorbehalte auf, die schon unzählige Male durchgekaut und relativiert worden sind. Ohne erneut die transparente Natur der Blockchain zur Verfolgung krimineller Transaktionen zu erklären, ergibt die Eigenkapitalunterlegung in dem Fall allerdings überhaupt keinen Sinn. Schließlich sind Blockchain-Wertpapiere nicht verboten, sondern durch die geforderten BIS-Maßnahmen lediglich unwirtschaftlich. Unterstellt man wie die BIS einen Missbrauch, dann dürften diese Extrakosten Geldwäscher und Terroristen nicht abschrecken.

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht suggeriert mit dieser Argumentation, dass er anscheinend noch immer nicht verstanden hat, dass es sich bei Blockchains um öffentliche Infrastrukturen handelt. Die BIS reguliert schließlich auch nicht das Internet, ebenfalls eine öffentlich zugängliche Infrastruktur. Als wäre all dies nicht schon genug, ist eine Regulatorik auf dem Weg, die sämtliche Risiken zusätzlich mitigiert.

So verweist die Bitkom e.V. auf die Transfer of Funds Regulation (TFR) hin, die zukünftig sowieso die Identifikation des Eigentümers sowie von Vermögenswerten einfordert. Das Ergebnis ist das Gegenteil der BIS-Argumentation. Durch öffentliche Blockchains wird ein sicherer Standard kreiert, der zur gegenteiligen Auslegung der BIS führt. Demnach müssten alte Verbriefungsstandards (physische Wertpapierurkunde) und geschlossene Tokenisierungsinfrastrukturen gegenüber öffentlichen Blockchains schlechter gestellt werden, wenn man den Grundsatz der Technologieneutralität, wie die BIS, missachtet.

BIS geht vom Wilden Westen aus

Der Auslegung der BIS zufolge befinden wir uns noch im Wilden Westen, ohne Regulierung. Blickt man vor allem auf die Europäische Union und andere Industrienationen, dann ist dies mehr als falsch. Es gibt unzählige Regulierungen, die die aufgeführten Sorgen, zusätzlich zur technischen Ausgestaltung von öffentlichen Blockchains, aufgreifen, wie unter anderem MiCA, TFR oder DORA im Kryptobereich. Für Wertpapiere läuft im Kontext der MiFID das DLT-Pilotregime und in der IT-Regulierung kommen noch KRITIS, NIS und BAIT weitere Richtlinien, die IT-Risiken adressieren.

Sonderfall Deutschland

Für kein anderes Land auf der Welt wären die BIS-Vorgaben derart absurd wie für Deutschland. Schließlich haben wir als einzige Nation gesonderte Gesetze für digitale Wertpapiere auf öffentlichen Blockchains geschaffen. Mit dem elektronischen Wertpapiergesetz (eWpG) und dem extra geschaffenen Intermediär des Kryptowertpapierregisterführers hat Deutschland einen doppelten Boden eingebaut, der zusätzlich die aufgeführten Sorgen der BIS aufgreift. Im Falle einer Durchsetzung des bisherigen BIS-Standpunktes wäre unsere deutsche Gesetzgebung für die Tonne. Außer man glaubt, dass sich geschlossene beziehungsweise zentralisierte Tokenisierungs-Infrastrukturen, sei es SWIAT von der DekaBank oder D7 von der Deutschen Börse, als Standards durchsetzen können.

Die BaFin ist gefordert

In der aktuellen Phase ist es von großer Bedeutung, dass sich die deutsche Finanzaufsicht klar gegen die mögliche Überregulierung positioniert. Vollkommen losgelöst vom Grundsatz der Technologieneutralität, ist sie den nationalen Interessen der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet. Dazu gehört auch, die parlamentarisch beschlossenen Gesetze, siehe unter anderem eWpG und Zukunftsfinanzierungsgesetz, zu respektieren.

Sollte es die BaFin versäumen, aus welchem Grund auch immer, hier nicht entschieden gegen die Diskriminierung öffentlicher Blockchains entgegenzutreten, dann wäre dies ein schwerer Schlag für ihre eigene Glaubwürdigkeit und nationale Integrität.

Auf der BaFinTech 2023, einem wichtigen Event der BaFin zum Tech-Sektor, wurden diese Befürchtungen leider nicht hinreichend ausgeräumt. In einer Präsentation zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Krypto-Asset-Exposures bei Banken – öffentlich auf Webseite einsehbar – wurden die BIS-Richtlinien beziehungsweise deren Argumentation vorerst hingenommen. Es bleibt zu hoffen, dass man das in der eigenen Macht stehende bei der deutschen Finanzaufsicht unternimmt, um sich nicht mit der BIS-Position abzufinden.

Noch ist es nicht so weit

Bevor man nun aber den Teufel an die Wand malt und zu unfairen Unterstellungen gelangt, muss man klar konstatieren, dass das letzte Wort noch längst nicht gesprochen ist. Zum einen kann es bei der BIS noch zur Einsicht kommen, dass ihre Regulierungsbestrebungen innovationsfeindlich sind, zum anderen ist von einer vernunftorientierten Auseinandersetzung mit der Thematik seitens der BaFin und anderen nationalen sowie internationalen Finanzaufsichten auszugehen. Zumal sich national wie international immer mehr Widerstand von Verbänden, siehe Bitkom e.V. oder die International Capital Market Association (ICMA), gegen das BIS-Vorhaben regt.

Es braucht öffentliche Blockchains

Die Tokenisierung von Wertpapieren oder Geld, im Sinne der Real World Asset Tokenisierung auf offenen Blockchain-Infrastrukturen, verspricht einen neuen Grad an Interoperabilität sowie massive Kostensenkung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung. Auch werden nationale Monopole durchbrochen und die Liquidität gesteigert, was vor allem den kleinen und mittelständischen Unternehmen helfen würde.

Sollte sich die von der BIS geforderte Eigenkapitalunterlegung durchsetzen, dann wären alle diese Innovationssprünge hinfällig. Insbesondere für den Standort Deutschland bietet die Tokenisierung ein enormes Potenzial. Kein anderes Land auf der Welt hat derart spezifische Standards für digitale Wertpapiere geschaffen wie Deutschland. Dies zu opfern, wäre nicht nur für unsere Nation, sondern für den gesamten Blockchain-Sektor, ein schwerer Schlag.

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