Jahresrückblick 2019 10 Krypto-Learnings für 2020

Der Jahresrückblick ist fester Bestandteil eines jeden Mediums, ganz gleich, ob Mode-, Politik- oder eben Blockchain-Magazin. Es geht dabei um mehr als bloße Unterhaltung. Reflektion ist fester Bestandteil von Fortschritt und erfolgreicher Zukunftsplanung. Je konkreter, desto besser. Anstatt einer langatmigen Reflektion stelle ich daher meine zehn persönlichen Learnings aus dem Blockchain-Jahr 2019 vor und gebe einen Ausblick, wie sich diese auf 2020 auswirken können.

Sven Wagenknecht
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10 Krypto-Learnings für 2020

Beitragsbild: Shutterstock

1. Bis Utility Token in der Breite genutzt werden, wird noch einige Zeit vergehen

Auch wenn bereits rund zwei Jahre seit dem Platzen der ICO-Blase vergangen sind, haben es Utility Token nicht in die kommerzielle Nutzung geschafft. Lediglich einige Nischenanwendungen im Bereich Gaming, Virtual Reality oder Reward-Systeme können eine geringe Nutzerbasis für Utility-Token-Anwendungsfälle vorweisen, die über die Börsenspekulation hinausgeht.

Während diese Erkenntnis 2018 noch nicht in der Breite angekommen war, so ist sie es 2019. Auch 2020 wird es keinen großen Knall in der Nutzeradaption von Token-Anwendungsfällen außerhalb des Finanzsektors geben. Vielmehr ist es ein stetiges Verbessern, das über die nächsten Monate und Jahre die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Token-Anwendungen Stück für Stück steigern wird.

2. Nicht jeder möchte und darf seine eigene Bank sein

Ein Trend, der Mitte 2019 Fahrt aufgenommen hat, ist die Dienstleistung der professionellen Token-Verwahrung. Im Kern geht es darum, einen sogenannten Custody Service für institutionelle Investoren anzubieten, der an die Standards von Banken und Depotverwahrstellen herankommt. Man hat verstanden, dass das Big Money, von dem seit über zwei Jahren die Rede ist, erst kommt, wenn man die professionellen und regulatorischen Rahmenbedingungen schafft. Anbieter wie Finoa, solaris Digital Assets oder Kapilendo haben sich dies auf die Fahne geschrieben und möchten damit eine wichtige Infrastruktursäule für Kryptowährungen und Security Token schaffen. Ebenjenes Puzzlestück wird 2020 die Krypto-Finanzialisierung deutlich vorantreiben.

3. Security Token – Neben Infrastruktur braucht es auch Vertrieb

Die Aussage, dass 2019 das Jahr der Security Token ist, ist nicht falsch. Waren Security Token 2018 mehr eine vage Idee oder in ihrer Ausgestaltung noch extrem unkonkret, so sind sie 2019 erstmals aufs Parkett getreten. Zwar blieb die Masse an Security Token Offerings (STOs) aus, sehr wohl aber hat sich innerhalb kürzester Zeit ein Dienstleisterpool an STO-Plattformen aufgebaut. 2019 hat man also überhaupt erst angefangen, die Grundlagen zu schaffen – Custody wie bei Learning Nr. 2 gehört auch dazu – damit es zu einer flächendeckenden Nutzung kommen kann.

Während sich so langsam Strukturen und Best-Practice-Prozesse herausbilden, bedarf es einer Sache, um Security Token an die Menschen zu bringen: Vertrieb. 2020 wird es darum gehen, Unternehmen zu gewinnen, die sich tokenisieren lassen. Umgekehrt braucht es Investoren, die sich trauen, in das Medium Token zu investieren. Mit Blick auf das Ökosystem und die aktuellen Projekte stehen die Chancen für eine erfolgreiche Security-Token-Adaption im Jahr 2020 gut. Einen Hype darf man trotzdem nicht erwarten.

4. Deutschland hat endlich eine Blockchain-Strategie, andere Länder aber auch

Als im Herbst die Blockchain-Strategie der Bundesregierung veröffentlicht worden ist, war das Feedback in der Blockchain-Szene überwiegend positiv. Insbesondere das Thema der digitalen Assets respektive Tokenisierung schien ernsthaft verstanden worden zu sein. Auf der anderen Seite sieht man, mit welch einer Geschwindigkeit und vor allem Entschlossenheit andere Nationen sich dem Thema Blockchain annehmen. Sei es Liechtenstein mit dem Blockchain Act (mehr dazu im nächsten Learning) oder China mit seiner unmissverständlichen Blockchain-Gewichtung im Plan der Kommunistischen Volkspartei. Wenn wir 2020 nicht noch stärker ins „doing“ kommen, wird uns auch in diesem Technologiefeld der deutsche Inkrementalismus auf die Füße fallen. So schwer es uns fällt, müssen wir bereit sein, auf politischer Ebene höhere Risiken einzugehen. Nur so werden wir im Innovationswettrennen bestehen können.

5. Ganzheitliche Token-Regulierung ist möglich und muss nicht unsäglich kompliziert sein

Niemand hat behauptet, dass es einfach ist, eine effektive und ganzheitliche Token-Regulierung zu entwickeln. Während der Eindruck entsteht, dass sich manche Länder etwas verzetteln und im Klein-Klein verlieren, hat das Fürstentum Liechtenstein einen erfreulich ganzheitlichen Regulierungsansatz für Token verabschiedet. Stark vereinfacht fokussiert sich der im Herbst 2019 verabschiedete Blockchain Act auf das sogenannte Token-Container-Modell. Dabei fungieren Token als Container, in die diverse Arten von Rechten, zum Beispiel Eigentumsrechte oder Lizenzrechte, integriert werden können. Dieses holistische Modell mag sicherlich noch nicht ganz ausgereift sein, dennoch ist es ein mutiger Schritt, der inzwischen auch andere Länder (unter anderem Thailand) inspiriert. Es ist davon auszugehen, dass das Liechtensteiner Modell im kommenden Jahr wichtige Regulierungsimpulse für Regierungen rund um den Globus liefern wird.

6. Bitcoin ATMs sind „Nice to have“, aber nicht entscheidend

Bitcoin-Geldautomaten haben es in Deutschland nicht leicht. Bis heute ist die regulatorische Situation mit der BaFin nicht gänzlich geklärt. Auch wenn in anderen Ländern schon seit Längerem Bitcoin ATMs stehen, konnte man nirgendwo eine übermäßige Nutzung oder Expansion feststellen. Dieser Eindruck hat sich nun auch in Deutschland dieses Jahr bestätigt, als es vereinzelt zur Aufstellung einiger Bitcoin ATMs kam. Der große Run blieb aus. Auch fehlen teils die Argumente, warum man überhaupt einen Bitcoin-Geldautomaten benutzen sollte. Schließlich sind die Gebühren deutlich höher als beispielsweise an Krypto-Börsen. Solange es nicht morgen zu einem Bankencrash kommt, sind Bitcoin ATMs eine nette Ergänzung fürs Krypto-Ökosystem – mehr aber auch nicht. Vielmehr ist in den kommenden Monaten damit zu rechnen, dass Kassensysteme im Einzelhandel langsam auf Krypto-Kompatibilität umgerüstet werden.

7. LibraBeim Geldmonopol hört der Spaß auf

Eines DER Themen 2019 war definitiv die Bekanntgabe von Facebook, durch Gründung der eigenständigen Libra Association einen Stable Coin herausgeben zu wollen. In kürzester Zeit wurde das Thema Stable Coins ganz oben auf die politische Agenda eines jeden Staates gesetzt. Von Donald Trump bis hin zu Olaf Scholz wurde mit voller Härte gegen das Stable-Coin-Projekt geschossen und das staatliche Geldmonopol hochgehalten. Es gibt vielfältige und gute Gründe, für Libra zu sein und umgekehrt. Vor allem aber hat es 2019 die wertvolle Debatte angestoßen, ob Geld privat oder staatlich sein soll. Der Geist ist nun aus der Flasche. Was gegenwärtig passiert und in den kommenden Jahren passieren wird, ist eine der spannendsten geldtheoretischen Debatten unserer Zeit.

8. Das Warten auf einen „richtigen“ Bitcoin ETF geht weiter

Praktisch jede Woche werden neue Finanzprodukte auf Bitcoin & Co. emittiert. Seien es Bitcoin Futures von Bakkt, Bitcoin ETNs (Exchange Traded Notes) von Amun oder AIFs (Alternative Investmentfunds) von Postera. Die Königsklasse, also ETFs (Exchange Traded Funds), die von einer großen Behörde wie der US-Wertpapieraufsicht SEC reguliert und für Kleinanleger freigegeben sind, musste auch 2019 vergebens auf ihre Zulassung warten. Seit 2016 hofft man darauf, dass die Anträge von der SEC durchgewunken werden. Stattdessen erfährt man in regelmäßigen Abständen, dass es eine Fristverlängerung gibt oder der Antrag abgelehnt wird. Zwar nimmt mit der Zunahme an regulierten Börsen – ein Mangel an ebenjenen ist einer der Hauptgründe fürs Scheitern – die Wahrscheinlichkeit einer Zulassung zu. Dennoch kann niemand genau sagen, wann der erste große Bitcoin ETF kommt. In 2020 wird die Wahrscheinlichkeit jedenfalls ein Stück weit zunehmen. Genauso wie auch schon 2017, 2018 und 2019.

9. Decentralized Finance – Finanzen first, Industrie second

Nach dem Platzen der Krypto-Spekulationsblase bestand eine Hoffnung darin, dass etablierte Industrieunternehmen und Konzerne das Thema Blockchain-Anwendungen außerhalb des Finanzsektors weiter pushen werden. Das ist durchaus auch passiert, allerdings haben die Blockchain-Pilotprojekte in den DAX-Konzernen noch gegenwärtig wenig mit den dezentralen Token-Anwendungen gemein. Auch ist die Innovations- und Produktentwicklungsgeschwindigkeit eine ganz andere als im Start-up-Sektor. Während man merkt, dass trotz Fortschritten kurzfristig keine großen Impulse zu erwarten sind, hat sich der Fokus in der Blockchain-Szene wieder etwas stärker gen Finanzbranche gerichtet.

Neben der Tokenisierung von Assets hat im Sommer 2019 das Schlagwort Decentralized Finance, kurz DeFi, von sich Reden gemacht. Wenig trennscharf umfasst es sämtliche Arten von Finanzdienstleistungen, die ein nicht genauer definiertes Maß an Dezentralität aufweisen müssen. Auch das Thema DAO, das 2016 durch den The DAO Hack in der Versenkung verschwunden ist, ist damit aktueller denn je. Sollte sich das Wachstum der letzten Monate weiter fortsetzen, dürfte 2020 noch einiges in diesem Bereich passieren.

10. Wandel und Unsicherheit sind die einzigen Konstanten im Blockchain-Ökosystem

Mit Blick auf die Kurse von Bitcoin & Co. mögen einige Marktbeobachter von außen Stagnation wahrnehmen. Die Wahrheit ist allerdings, dass sich die Innovationsgeschwindigkeit nur schwerlich an den Kursen sowie Kursschwankungen messen lässt. Die Geschwindigkeit, in der neue Infrastrukturen im Blockchain-Ökosystem geschaffen werden, ist brutal.

Jedes Jahr kommen neue Themen im Krypto-Ökosystem hinzu. Jedes Jahr gibt es Rückschritte und Fortschritte zugleich. Dass Blockchain und Token ein interdisziplinäres Feld sind, hat 2019 mehr als jedes andere Jahr gezeigt. Diese Ausdifferenzierung ist gleichzeitig Ausdruck einer Professionalisierungsentwicklung, die sich immer noch am Anfang einer Entwicklung befindet. Es können 2020 plötzliche Wendungen auftreten, die alles auf den Kopf stellen. Angefangen von einem schief gelaufenen Bitcoin Halving über Finanzkrisen bis hin zu Leuchtturmprojekten, die neue Killer-Apps mit Multi-Milliarden-Marktkapitalisierung auf den Markt spülen. Alles kann, nichts muss. Ebenjene Unsicherheit macht den Blockchain-Sektor zu einem der spannendsten überhaupt und die Freude auf 2020 so groß.

Was bleibt

Im Namen der gesamten BTC-ECHO-Redaktion wünsche ich euch einen entspannten Übergang in das Jahr 2020. Schöpft Energie für ein neues Jahrzehnt, das Kryptowährungen und Blockchain endgültig in die Mitte unserer Gesellschaft rücken wird. Gemeinsam mit anderen Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz oder dem Internet der Dinge wird die Blockchain-Infrastruktur ein neues Verständnis an Wertschöpfung und globalem Austausch zu Tage fördern. Wir freuen uns, mit euch gemeinsam diesen Schritt zu gehen. Denn nur wer die Zukunft versteht, kann sie gestalten.

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