Niko Kipouros Wie die Blockchain den Kunstsektor verändert – 4ARTechnologies CEO im Interview

Der Kunstsektor ist nicht gerade für seinen hohen Digitalisierungsgrad bekannt. Die Kosten durch Mittelsmänner, Betrug und Logistikprozesse sind enorm und gehen weltweit in die Milliarden. Das Schweizer Kunst-Start-up 4ARTechnologies möchte diese Missstände mit Hilfe der Blockchain-Technologie überwinden. Im Gegensatz zu vielen anderen Blockchain-Start-ups hat 4ARTechnologies schon einiges vorzuweisen und wird von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC mit 500 Millionen Euro bewertet. Wie hoch die Kostenersparnis durch optimierte Blockchain-Prozesse für den Kunstmarkt ist und was man von tokenisierter Kunst halten kann, hat uns der CEO und Gründer von 4ARTechnologies, Niko Kipouros, im Interview verraten.

Sven Wagenknecht
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4ARTechnologies Interview

Beitragsbild: BTC-ECHO

Das Interview ist zuerst in der Dezember-Ausgabe des Kryptokompass erschienen.

Warum braucht es ein Unternehmen wie 4ARTechnologies, das mit Hilfe der Blockchain-Technologie den Kunstsektor revolutionieren möchte?

Blockchain alleine ist noch keine Lösung für den Kunstmarkt. Es ist bisher niemandem gelungen, einen wirklich standardisierten Ansatz zu finden, der die Kunstindustrie in ihrer Gesamtheit praxisgerecht abbilden kann. Zwar gab es immer wieder Anwendungen mit einer Blockchain-Komponente. Wir haben aber als erste diesen gesamtheitlichen Ansatz geschaffen, der 4ARTechnologies auszeichnet.

Ein Bestandteil davon ist die Sicherung von Informationen und Dokumenten zu Kunstwerken unter anderem mit der Blockchain. Dass wir den Schritt in den Kunstmarkt geschafft haben, liegt aber vor allem daran, dass wir alle Prozesse über Mobiltelefone abbilden können. Damit ist es auch zum ersten Mal gelungen, mit einem Smartphone die Authentifizierung von Kunstwerken nachvollziehen zu können. Das geht über digitale Fingerabdrücke von Objekten und Materialoberflächen, die wir mit verschiedenen Speichermedien verbinden.

Dabei dient die Blockchain als Sicherungsmedium, durch das alle digital angefertigten Transaktionen dann nochmal auf der Blockchain gehasht werden. Somit sind alle Informationen unveränderbar und valide, auch in vielen Jahren. Das war so vorher nicht möglich.

Ihr Produkt richtet sich dabei an drei Gruppen: Galeristen, Künstler und Versicherungen. Was sind die größten Pain Points der einzelnen Akteure?

Wir wenden uns an den gesamten Kunstmarkt. Unser System fängt beim Künstler an. Der kann seine Werke digitalisieren und die Daten in den Werkskatalog einspeisen. Die nächste Station ist der Galerist. Dieser erste Besitzwechsel ist im Kunstmarkt extrem wichtig. Die darauffolgende Station ist üblicherweise der Sammler. Und der hat heute ein großes Problem: Die große Menge an Kunstfälschungen. Experten gehen davon aus, dass zwischen 30 und 50 Prozent aller sich auf dem Markt befindlichen Werke nicht echt sein könnten.

Sammler wissen also nicht genau, woher die Kunstwerke kommen und ob sie echt sind. Durch die Übertragung der digitalen, durch die Blockchain gesicherten Protokolle können Sammler den Nachweis erbringen, dass ihr Werk echt ist. 

Andererseits spielt aber auch Transport eine große Rolle. Pro Jahr werden etwa 20 Millionen Werke zwischen den Museen ausgetauscht. Wir sprechen hier über extrem hohe Vermögenswerte. Usus ist, dass der Verleihnehmer die Kosten für den Transport übernimmt. Dazu gehört aber auch ein Zustandsbericht, der manuell gemacht wird. All dies könnte man schon heute digital abwickeln und dadurch enorme Kosten sparen.

Können Sie uns noch mehr Zahlen nennen, um einen besseren Eindruck von dem Einsparpotential zu geben?

Vor allem bei diesen Zustandsberichten besteht ein großes Kostensenkungspotenzial. Wir haben im Kunstmarkt weltweit über 250 Millionen Besitzwechsel pro Jahr. Bei 20 Prozent dieser Werke ist ein Zustandsbericht erforderlich, der mindestens 150 Euro kostet.

Galeristen kostet das pro Ausstellung, von denen es jedes Jahr hunderte gibt, zwischen 6.000 und 15.000 Euro. Alleine hier ist das Einsparungspotenzial enorm und kann gut 70 Prozent Kostenersparnis liefern.

Und werden sich auch die großen Auktionshäuser wie Sotheby’s oder Christie’s zukünftig auf BlockchainVerifizierung setzen?

Ich bin überzeugt, dass unser Modell zum Standard wird und bisher gibt uns der Erfolg recht. Mittlerweile ist es uns gelungen, die drei größten Logistiker der Welt als Partner zu gewinnen. Wir arbeiten mit namhaften Galerien zusammen. Zudem sind wir in konkreten Verhandlungen mit verschiedenen Auktionshäusern. Wir stoßen da immer weiter rein – die finale Version ist ja auch gerade einmal fünf Monate online. Ferner arbeiten wir eng mit dem Deutschen Galeristenverband zusammen. Da ergibt sich eine Systematik und am Ende wird kaum jemand drum herumkommen, das System zu nutzen.

Es gab sogar ein ICO, das den 4ARTcoin hervorgebracht hat. Inwiefern muss ich diesen denn besitzen, um die Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen?

Die App kann man auch ohne den Coin nutzen, ein Zwang wäre zu viel für den jetzigen Markt. Die jeweilige Dienstleistung lässt sich einfach per Kreditkarte oder Prepaid zahlen. Die Credits sind natürlich auch mit dem 4ARTcoin bezahlbar – und lassen einen Rabatt von 20 Prozent zu. Wir haben ein Gesamtdienstleistungsvolumen von hohen, dreistelligen Millionenbeträgen. Aktuell sind wir von PwC Strategy& mit 500 Millionen bewertet worden. Unser Umsatzziel ist ambitioniert, aber wir streben einen Marktanteil von 0,1 Prozent und damit dreistelligen Millionenumsatz an.

Wenn am Ende nur zehn Prozent über den Token bezahlt werden würde, dann wäre das schon ein nennenswertes Trading-Volumen. Für Dienstleistungsnehmer sind 20 Prozent Rabatt ein gutes Argument – wir können uns also gut vorstellen, dass der Coin eine große Nutzung erfährt.

Eine andere Komponente ist, dass wir unsere Kunden dazu bewegen möchten, eben auch eigene Dienstleistungen mit dem Coin bezahlbar zu machen. Man kann etwa Kunstwerke mit dem Coin bezahlen – und das wird immer mehr angenommen.

Gegenwärtig sehen wir einen kleinen Hype bei digitalen Kunstwerken in Form von Non-fungible Token (NFT). Unsinn oder die Zukunft des Kunstmarktes?

Digitale Kunst hat eine große Zukunft, davon bin ich überzeugt. Bei dem was Sie ansprechen, handelt es sich allerdings um etwas anderes: Die Tokenisierung von Kunst. Man nimmt also ein Asset, und stellt ein verbrieftes Pendant daneben, das als Kryptowährung auf den Markt gebracht wird.

Kunst ist indes eine sehr illiquide Assetklasse und liegt häufig als Vermögenswert in den Lagern von Sammlungen. Die gesamte Finanzindustrie bemüht sich nun, diese Assetklasse liquider zu gestalten. Einen Picasso kann ja kaum jemand bezahlen. Aber wenn man Teile eines Werks kaufen kann, sieht das schon ganz anders aus.

Wir haben dahingehend bereits verschiedene Ansätze begleitet; die bisherigen Projekte haben aber ein Reputationsproblem. Man ist sich nicht sicher, ob der jeweilige Token tatsächlich zu dem Werk gehört. Wir haben nun eine Systematik entwickelt, jeden Pixel eines physischen Werkes mit einem Token zu verbinden und zu verifizieren.

Damit können wir in Zukunft die Reputation liefern, die ernsthafte Investoren benötigen.

Könnte es sich also lohnen, bereits heute als einer der ersten in rein digitale Kunst zu investieren?

Man muss schon die Spreu vom Weizen trennen. So muss die Handelsplattform etwa die richtige Liquidität haben und die physischen Werke müssen richtig abgesichert sein. Ich glaube, das kommende Jahr wird die entscheidende Wende bringen. Wir haben auch mit drei anderen großen Gesellschaften ein großes Projekt gestartet, bei dem wir das größte Leinwand-Kunstwerk der Welt digitalisieren. Das ist ein Werk von Sacha Jafri und ist fast so groß wie ein Fußballfeld. Unsere Aufgabe ist vor allem, die Grundlagen zu schaffen, damit der digitale Kunstmarkt an Reputation gewinnt.

Abschließend: Welche Rolle werden Token und die Blockchain-Technologie im Kunstmarkt in 5 Jahren spielen? Wo sehen sie Ihr Unternehmen 4ARTechnologies?

Wir wollen absoluter Weltmarktführer mit zehn Prozent Marktanteil im gesamten Abwicklungsprozedere werden. Aktuell gibt es weltweit kein vergleichbares Unternehmen. Blockchain kann jeder – das Auslesen von Materialoberflächen ist aber unsere Kernkompetenz und Alleinstellungsmerkmal. In drei bis fünf Jahren werden wir so viel Marktanteil haben, dass es schwierig wird, den noch aufzuholen. Alles wird digital und Corona hat diese Entwicklung noch einmal beschleunigt – besonders im Kunstmarkt.

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