„Viele Token-Anwendungen sind es nicht wert, gelauncht zu werden.“ Prof. Dr.-Ing. Katarina Adam von der HTW Berlin im Interview

Professorin Dr.-Ing. Katarina Adam setzt sich an der HTW Berlin aktiv für die Erforschung der Blockchain-Technologie ein. Neben Blockchain-Konferenzen und Projekten, die sie an ihrer Hochschule durchführt, ist sie selbst Blockchain-Unternehmerin. Mit ihrem Start-up SIMMST möchte sie die Immobilienwirtschaft auf das nächste Level heben. Wie das Thema Blockchain von den deutschen Hochschulen aufgenommen wird und was sich hinter dem Begriff Immobilienwirtschaft 4.0 verbirgt, hat sie uns im persönlichen Interview verraten.

Sven Wagenknecht
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HTW Berlin, Blockchain

Beitragsbild: Prof. Dr.-Ing. Katarina Adam

BTC-ECHO: Aus der Hochschulperspektive betrachtet: Wie wird das Thema Blockchain von den Studierenden aufgenommen? Wie ist die Resonanz im Hochschulbereich, wenn es um das Thema Blockchain geht?

Katarina Adam: Studenten sind zum Teil kritisch. Es gibt Gruppen, die interessiert sind, die aber die Blockchain-Technologie mit Kryptowährungen wie Bitcoin gleichsetzen. Die Technik, die hinter Bitcoin steckt – und damit auch die vielfältigen Anwendungsfälle – nehmen sie erst wahr, wenn sie meinen Kurs durchlaufen haben. Wir sehen an der Hochschule, wie wichtig diese Technik ist. Sie ist sogar eine Technologie: Also die Verknüpfung von Technik und dem dazugehörigen Umfeld. Auch das wird von vereinzelten Kollegen individuell gewertet. Es gibt also noch einiges zu tun.

BTC-ECHO: Was können Hochschulen deiner Meinung nach machen, damit Blockchain gefördert wird?

Katarina Adam: Ich selbst führe im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen aktiv Projekte, die immer über zwei Semester laufen, durch. Dabei setzen sich die Studierenden von Beginn an mit der Thematik auseinander. Das geht so weit, dass am Ende sowohl ein Front- als auch ein Backend programmiert wird. Dabei greifen wir auf Tools zurück, sodass auch wir als Wirtschaftsingenieure funktionierende Anwendungen bauen können.

Die Hochschule könnte das Ganze nun verstetigen. Wie lässt sich diese Technik erfassen und begreifen? Wo ist sie einzusetzen? Wie lässt sich ein größeres Bewusstsein schaffen, sodass diese Technologie auch den Raum bekommt, den sie verdient? Im Moment sehe ich leider die Tendenz zu einer Überregulierung. Viele haben gemerkt, wie mächtig das „Schwert Blockchain“ ist. Die Hochschullandschaft kann und muss sich diesem Thema viel stärker annehmen: Forschung und Kooperation helfen, diese spannende und vielfältige Technik zu begreifen.

BTC-ECHO: Möchtest du zu einem bestimmten Blockchain-Projekt etwas erzählen?

Katarina Adam: Ich habe bereits viele Projekte betreut. Eines davon behandelte die Frage, wie wir Zeugnisse über eine blockchainbasierte Lösung sicherer machen können. Meine Studierenden haben sich tatsächlich die Mühe gemacht und sind tief in die Abläufe unserer Hochschulverwaltung eingedrungen, um zu verstehen, wie alles funktioniert. Dabei haben wir auch einige Schwachstellen entdeckt. Vor allem basiert der Prozess viel zu sehr auf Handarbeit – und dabei passieren auch Fehler. Beispielsweise könnte man durch die Blockchain-Technologie vieles im Zulassungsprozess automatisieren und verbessern.

BTC-ECHO: Du bist nicht nur an der Hochschule tätig, sondern hast auch ein eigenes Blockchain-Unternehmen namens SIMMST gegründet. Darin geht es um Anwendungen in der Immobilienwirtschaft. Was ist da der Use Case und wo liegt der Mehrwert, der durch den Einsatz der Blockchain entsteht?

Katarina Adam: Meine Aufgabe als Start-up ist, dass ich aus dem realen Leben lernen muss, was wichtig ist, denn das kann ich in die Lehre tragen. Ich möchte meine Studierenden so ausbilden, dass sie wissen, was sie später machen müssen. Der Sinn und Zweck dieses Start-ups ist es, den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie abbilden zu können. Warum Blockchain? Wir haben so viele Dokumente, die im Bereich einer Immobilie anfallen und ich weiß nicht, welche Dokumente zwangsoptimiert werden. Weiß ich denn als Mieter, ob etwa die Quadratmeter-Angaben des Vermieters wirklich stimmen? Ungenauigkeiten wie den Unterschied zwischen Din- und Grundfläche etwa kann ich über blockchainbasierte Tracking-Möglichkeiten glasklar ausschalten. So trage ich mit meinem Start-up auch dazu bei, dass Vermieter transparent zeigen können, welche finanziellen Kosten die Bewirtschaftung einer Immobilie eigentlich fordert. So kann dem nebulösen Image des „Immobilienhais“ auch entgegengewirkt werden.

BTC-ECHO: Auf eurer Website ist die Rede von „Immobilienwirtschaft 4.0“. Was sagt dieser Begriff aus?

Katarina Adam: Der Begriff ist eine Analogie zu „Industrie 4.0“. Dabei handelt es sich um einen Begriff, der vor 10 bis 15 Jahren aus der deutschen Industrie heraus geprägt worden ist. Wie können wir dafür sorgen, dass Geräte miteinander kommunizieren? Ich halte das auch in der Immobilienwirtschaft für außerordentlich wichtig. Haushalte werden ja zunehmend smarter – und dabei entstehen Unmengen an Daten. Wie organisiere ich das? Wem gehören die Daten? Und hier kommt SIMMST ins Spiel: SIMMST sorgt dafür, dass die Daten dem Eigentümer und nicht dem Anbieter einer Software gehören. Was der Eigentümer dann mit seinen Daten macht, bleibt ihm überlassen.

BTC-ECHO: Die Tokenisierung spielt im Immobilienwesen eine immer größere Rolle. Es gibt bereits mehrere Immobilienprojekte, die tokenisiert worden sind. Wie beurteilst du das? Glaubst du, dass Investoren schon bereit sind, in tokenisierte Immobilien zu investieren?

Katarina Adam: Wie häufig bei neuen Technologien gibt es zunächst einen großen Hype. Viele Token-Anwendungen sind es nicht wert, gelauncht zu werden. Denn viele Modelle lassen sich mit den herkömmlichen Möglichkeiten besser und effizienter abbilden. Im Prinzip ist die Tokenisierung eine Art Crowdfunding – das heißt, ich möchte viele Parteien an der Finanzierung eines Produkts teilhaben lassen. Prinzipiell ist die Tokenisierung ein guter Ansatz. Es ist aber Vorsicht geboten, bei welchen Projekten man sich beteiligen möchte.

BTC-ECHO: Was siehst du für Blockchain-Anwendungen, die in Zukunft eine Rolle spielen könnten?

Katarina Adam: In allen Bereichen, in denen relevante Daten ausgetauscht und gesichert werden müssen – in dieser gesamten Bandbreite ist die Blockchain sinnvoll.

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