MiCA und die Überregulierung  OKX expandiert – doch Europas Krypto-Gesetze bremsen

Viele Krypto-Börsen schrecken vor MiCA zurück. Nicht so OKX. Der Exchange-Riese will den europäischen Markt erobern – trotz Protektionismus und Travel Rule. Wie genau, verrät der Europa-Chef Erald Ghoos.

Sven Wagenknecht
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Bitcoin- und Ethereum-Münzen, angeordnet in einem Kreis mit den Sternen der EU-Flagge auf blauem Hintergrund. Dieses Bild symbolisiert den Markteintritt von der Krypto-Börse OKX in die EU.

Beitragsbild: Shutterstock

| Die EU ist ein attraktiver Absatzmarkt für internationale Krypto-Börsen wie OKX. Doch die EU-Gesetzgebung kommt mit großen Hürden einher

Die europäische Krypto-Regulierung MiCA (Markets in Crypto-Assets) soll Einheitlichkeit schaffen, sorgt jedoch oftmals für Stirnrunzeln bei global agierenden Krypto-Unternehmen. Die jüngst veröffentlichte “No-Action Letter” der ESMA zur Nutzung globaler Orderbücher verschärft die Lage zusätzlich. Für Erald Ghoos, Europa-Chef von OKX, ist klar: MiCA ist zwar ein wichtiges Regelwerk, aber auch ein Protektionismus-Tool.

“Aus Endkundensicht wäre es vorteilhaft, wenn man auf globale Liquidität zugreifen könnte”, sagt Ghoos im Gespräch mit BTC-ECHO. Stattdessen verbiete MiCA unter bestimmten Umständen das Teilen globaler Orderbücher. Ein Schritt, der in seinen Augen Europas Ambitionen als Tech-Standort untergräbt. “Das ist eine verpasste Chance für Europa, sich als führende Basis für Tech-Innovation und Krypto-Entwicklung zu etablieren.”

OKX: Top of Mind durch lokale Verankerung

Trotz der regulatorischen Herausforderungen verfolgt OKX eine klare EU-Strategie: Tiefe statt Breite. “Unsere Strategie ist, erst tief zu gehen, bevor wir breit skalieren”, so Ghoos. Bedeutet: Fokus auf wenige, aber bedeutende Märkte – allen voran Deutschland, Polen, Frankreich, die Niederlande und Spanien.

Gerade Deutschland nimmt dabei aufgrund seiner starken Krypto-Adoption eine Schlüsselrolle ein. In Deutschland wurde mit Moritz Putzhhammer als General Manager für Zentraleuropa & Nordics bereits ein Team aufgebaut. Produkt, Customer Support, KYC-Verfahren, Payment Rail – alles wird lokalisiert, betont Ghoos. Ziel: ein “homegrown user experience”. “Bislang sind wir in Europa noch nicht Top of Mind, obwohl wir global zu den größten Krypto-Unternehmen gehören”, sagt Ghoos. “Das wollen wir ändern, indem wir in Deutschland lokal denken, aber global liefern.”

MiCA: Aufwendig, aber machbar

Als einer der wenigen globalen Anbieter mit einer MiCA-konformen Exchange-Lizenz setzt OKX auf regulatorische Konformität, auch wenn der Aufwand enorm ist. Glück für das Unternehmen: Malta, wo OKX seinen EU-Sitz hat, war einer der wenigen Vorreiterstaaten mit Vorab-Regulierung. Der regulatorische “Uplift” auf MiCA-Standard war für OKX daher moderat. Doch es gibt Ausnahmen.

“Wirklich friktionsreich ist die Travel Rule”, so Ghoos. Nicht Teil von MiCA, aber parallel eingeführt, sorgt sie für massive Ineffizienzen, weil viele Börsen nicht Travel-Rule-konform sind. “Unsere Nutzer leiden, wenn sie mit unregulierten Exchanges interagieren.” Schließlich verpflichtet die Travel Rule Krypto-Dienstleister dazu, personenbezogene Informationen bei Transaktionen zwischen Plattformen weiterzugeben. Viele Marktteilnehmer sind allerdings technisch noch nicht bereit, was zu massiven Verzögerungen bei Transaktionen führt – zulasten der Nutzer.

OKX setzt auf Derivate

Dank MiFID-2-Lizenz setzt OKX neben dem Spotgeschäft mittelfristig auch auf regulierte Derivate. Ziel sei es, institutionellen Kunden regulierte Derivateprodukte anzubieten. Er erwartet ein baldiges Aus der unregulierten Derivate-Angebote in Europa.

Für das Unternehmen ein potenziell wachstumsstarkes Geschäftsfeld – trotz begrenzter Leverage-Vorgaben. “Die wilden Hebel von früher sind Geschichte”, merkt Ghoos an. Dennoch sei das institutionelle Interesse groß.

Warum interessiert sich der Retail kaum für Krypto?

Auf die Frage, ob das geringe Retail-Desinteresse derzeit ein Problem sei, antwortet Ghoos selbstkritisch: “Die Branche hat zu lange auf Investment-Produkte wie Memecoins und Listings gesetzt.” Jetzt brauche es Alltagsnutzung. 

Produkte wie Remittances, Stablecoins, Payment Cards könnten neue Narrativen bieten. “Wir müssen die Flamme wieder entfachen, ganz im Sinne vom Bitcoin Whitepaper, in dem von einem Peer-to-Peer Electronic Cash System die Rede ist.”

Fazit: Regulierung als Standortbarriere – aber auch Chance

MiCA ist für Ghoos ein zweischneidiges Schwert: protektionistisch und friktionsreich, aber auch ein Hebel für Vertrauen und Marktdisziplin. OKX geht den Weg – nicht trotz, sondern wegen MiCA. Denn wer jetzt investiert, kann sich langfristig als Qualitätsanbieter positionieren.

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