Hackerarmee Lazarus: Nordkoreas mächtigste Waffe im Cyberkrieg

Sie gilt als schlagfertigste Hackergruppe der Welt: Nordkoreas Schattenarmee Lazarus. Dutzende Cyberangriffe gehen auf ihr Konto – und Milliarden an Krypto-Geldern. Unter den Skandälchen der Filmbranche ist "The Interview" ein Exot. Keine öffentlich ausgetragenen Schlammschlachten, keine Drehsteitigkeiten, nicht mal Intimszenen. Dafür eine Handlung mit politischem Sprengstoff: Die 2014 erschienene Komödie handelt vom Mordkomplott an Kim Jong-Un. Nachdem Nordkoreas Versuche, den Filmstart auf diplomatischem Weg zu verhindern, scheiterten, und zumindest einige Kinos die Aufführung wagten, kam es zum Racheakt: einem massiven Cyberangriff auf Sony Pictures – das erste öffentliche Zähnefletschen von Lazarus. Seitdem hat sich Nordkoreas Hackerarmee zunehmend auf den Krypto-Sektor spezialisiert, der bislang wenig Widerstand leistet. Angst und Schrecken im Krypto-Sektor Die Liste der Krypto-Protokolle, die von Lazarus um Millionenbeträge beraubt werden, wird jedes Jahr länger. Äußerst lukrativ war im vergangenen Jahr die Attacke auf die Ronin-Bridge, eine Schnittstelle zwischen der Ethereum Blockchain und dem NFT-Spiel Axie Infinity. Über 600 Millionen US-Dollar in Krypto-Assets wurden gestohlen. Die On-Chain-Spurensicherung führte zu Wallets, die in Verbindung mit Lazarus stehen. Auch in diesem Jahr spukt das Schreckgespenst durch den Krypto-Sektor. Wie sich bei der Angriffsserie auf Krypto-Zahlungsdienstleister Coinspaid gezeigt hat, gehen die Hacker immer perfider vor. Ein halbes Jahr lang wurde das Unternehmen mit Cyberattacken drangsaliert, vor allem Mitarbeiter, die mit psychologischen Taktiken, bekannt als Social Engineering, manipuliert wurden. Anfang September wurde mit dem Krypto-Casino Stake.com ein weiterer Fall bekannt. Vermutet wird Lazarus auch hinter einem Angriff auf die Krypto-Börse Coinex Anfang der Woche. Die drei Schadenssummen zusammen: etwa 130 Millionen US-Dollar. DeFi: Das Geld liegt auf der Straße Die Profis wissen insbesondere die Schwachstellen von Smart Contracts, automatisierte Finanzanwendungen, die im DeFi-Bereich genutzt werden, auszunutzen. Allein im letzten Jahr hat Lazarus 1,7 Milliarden US-Dollar in Kryptowährungen gestohlen. Gelder, die laut den Vereinten Nationen zur Finanzierung von Atomwaffenprogrammen genutzt werden. Dem Vorwurf muss sich die Branche stellen: Die teils fahrlässigen Sicherheitsvorkehrungen machen es dem nordkoreanischen Regime unnötig leicht, die Staatskasse zu füllen. "In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Hacking-Opfer DeFi-Protokolle sind, müssen diese Entwickler der Prävention Vorrang einräumen", mahnt Erin Plante, Vice President of Investigations bei dem Blockchain-Sicherheitsunternehmen Chainalysis, gegenüber BTC-ECHO. Ein wichtiger Schritt: "extrem strenge Code-Audits" – Protokolle müssten penibel getestet werden, bevor sie mit Geldern jonglieren. Ziel müsse ein "Gold-Standard" sein, "die stärksten und sichersten Smart Contracts" könnten dann "als Vorlagen für Entwickler dienen", so die Blockchain-Expertin. Mitarbeiter zunehmend im Fokus Vorfälle wie der bei Coinspaid zeigen: immer häufiger werden Mitarbeiter zur Zielscheibe. Erin Plante rät daher zu mehr Wachsamkeit. Unternehmen müssten aufrüsten, "in starke Sicherheitsstrategien und -tools investieren und ihre Mitarbeiter darin schulen, verdächtige Kommunikation zu erkennen". Zugang verschaffen sich Hacker häufig über betrügerische Mails, sogenanntes Phishing. Vor diesem Hintergrund sei es "sehr wichtig, dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeiter eines Unternehmens wachsam sind und den technischen Aspekt der Cyberabwehr stärken". Katz und Maus Die Krypto-Spielwiese hat Lazarus bisher äußerst profitabel abgegrast. Mit "wachsender Expertise der Strafverfolgungsbehörden beim Aufspüren von Geldern" sind Erin Plante zufolge aber "zunehmend erfolgreich gestohlene Gelder eingefroren und beschlagnahmt" worden. Inzwischen auch Gelder, die beim Axie-Infinity-Hack gestohlen wurden. Je schneller man reagiere, umso höher die Erfolgsaussichten, meint die Expertin: "Zeit ist das A und O, schnelles Handeln kann verhindern, dass Hacker ihre unrechtmäßig erworbenen Gewinne auszahlen". Wenn auch die Karten ungleich verteilt sind: Chancenlos sind Ermittlungsbehörden nicht. Über Verbote von Krypto-Mixern, die Transaktionspfade anonymisieren und damit Geldwäsche erleichtern, versuchen Behörden wie das US-Finanzministerium, den Schaden kleinzuhalten. Über den in den USA inzwischen abgeschalteten Mixing-Dienst Tornado Cash soll Lazarus mehrere hundert Millionen US-Dollar gewaschen haben. Auch die Rückverfolgung gestohlener Gelder macht es Lazarus schwerer, auf Kryptowährungen zuzugreifen, als noch vor einigen Jahren. Wer ist Lazarus? Über Lazarus ist noch immer wenig bekannt. Unklar ist nicht nur die Mitgliederzahl – Erin Plante konnte keine Einschätzung geben – auch, wie homogen, die auch als Guardians of Peace, APT 38 oder Hidden Cobra bekannte Gruppierung ist. Unbestritten dagegen ist, dass das Hackerkollektiv im Auftrag des nordkoreanischen Regimes arbeitet. Experten schätzen, dass Lazarus die größte Hackergruppe der Welt sein könnte.

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