Auch wenn die letzten Wochen dem gesamten Marktkapital der Krytpowährungen eher schlecht taten, gab es doch einige, die nicht nur ein gesteigertes Interesse, sondern auch ein erhöhtes relatives Marktkapital vorweisen konnten. VeChain ist ein solches Asset: Der auf der Ethereum-Blockchain bestehende Token konnte innerhalb der letzten Wochen in die Top 20 der Kryptowährungen klettern und steht aktuell auf Platz 17.
VeChain – eine Blockchain für das Supply Chain Management
Im Supply Chain Management ist von verschiedenen Seiten eine Möglichkeit des Nachverfolgens von Gütern entlang der Wertschöpfungskette wünschenswert:
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- Unternehmen sind an der Vorgeschichte und der eindeutigen Zuordnung von physikalischen Eigenschaften der bei Lieferanten bestellten Materialien interessiert.
- Kunden ist ebenso die Quelle der gekauften Produkte wichtig; so ist eine Möglichkeit der Nachprüfbarkeit eines angeblichen Fairtrade- oder Bioproduktes gewünscht.
- Im Fall einer großangelegten Rückrufaktion ist eine Nachverfolgbarkeit aller Komponenten nicht nur hilfreich, schadhafte Komponenten (und damit schuldige Lieferanten) ausfindig zu machen, sondern auch konkrete Produkte gezielt zurückzurufen.
So erwünscht es auch sein mag, stehen aktuelle Implementierungen der im Supply Chain Management genutzten ERP-Datenbanken (Enterprise Resource Planning) diesem Ziel im Weg. Nicht alle Unternehmen – und schon gar nicht die Endverkäufer – arbeiten mit derselben ERP-Software.
Zusätzlich ist das Problem des Vertrauens zu berücksichtigen: Selbst wenn beispielsweise alle Glieder der Wertschöpfungskette SAP nutzen, werden die einzelnen Datenbanken lediglich Daten miteinander austauschen – den einzelnen Unternehmen ist weiterhin bezüglich des Inhalts dieser Daten zu vertrauen.
Von verschiedenen Seiten ist deshalb die Blockchain eine mögliche Lösung: Entlang einer Wertschöpfungskette werden materialbezogene Daten gespeichert, die unabhängig vom jeweiligen ERP-System weitergegeben werden können. Entsprechend würde die Blockchain als ein alle Glieder der Wertschöpfungskette verbindender Layer wirken.
Everledger ist bezüglich Diamanten ein derartiges System, auch SAP hat an Lösungen gearbeitet. VeChain selbst hat sich zum Ziel gesetzt, nicht einfach für einzelne Supply Chains ein System zu schreiben, sondern eine Plattform für ein ganzes, unternehmensübergreifendes Ökosystem zu schaffen. Entsprechend sollen die Datensilos aufgebrochen werden und allen Teilen einer Supply Chain zur Verfügung stehen.
VeChain – Ethereum 2.0 für Supply Chains?
VeChain selbst soll als eine Hard Fork von Ethereum realisiert werden. Die Entwickler haben die ursprüngliche Ethereum-Blockchain modifiziert und unter anderem ein dynamisches Blockerzeugungsprotokoll (DBGP) sowie eine standardisierte Bibliothek an Smart Contracts (VSCL) entwickelt. Gerade das DBGP führt zu einer im Vergleich mit Ethereum deutlich höheren Effizienz, da die Blockerzeugung dem jeweils aktuellen Bedarf angepasst wird.
VET Token, der VeChain Token, erinnert an die Rolle, die Gas in anderen Blockchains einnimmt und wird zum Ausführen der auf der Blockchain gespeicherten Smart Contracts benötigt. Dabei wird die VeChain Foundation für jeden Prozess eines Smart Contracts etwas VET erhalten, die in Form von Node Rewards wieder in das Ökosystem zurückgeführt werden.
Im zweiten Quartal soll die neue VeChain-Blockchain live gehen. Zu diesem Zeitpunkt werden die aktuellen ERC20-Token namens VET in Coins auf dieser Blockchain umgetauscht werden können.
BitSE – Ein Unternehmen mit weitreichender Blockchain-Erfahrung
BitSE, das Unternehmen hinter der VeChain Foundation, bietet Blockchain-as-a-Service an und kann Partnerschaften mit Unternehmen wie PwC oder der Renault Group vorweisen. Diese Partnerschaften sind neben dem Announcement eines Rebrandings Ende Februar die Gründe für den aktuellen Kursanstieg. Was konkret in diesen Partnerschaften getan wurde und ob diese direkt mit VeChain zusammenhängen, ist der Webseite nicht zu entnehmen. Es sind jedoch mit Lebensmitteln, Landwirtschaft, Verwaltungsarbeit, Luxusgütern und Logistik verschiedene Anwendungsfelder angegeben. Interessant ist, dass in diesem Zusammenhang nicht nur auf die Software-Lösung eingegangen wird, sondern mit RFID und NFC eine Nachverfolgung der Produkte durchaus konkret angedacht wird.
Aktuell existiert von der Vision hinter VeChain ein ERC20-Token auf der Ethereum-Blockchain. Wie bereits erwähnt, ist geplant, dass dieser im zweiten Quartal dieses Jahres in Coins auf der neuen Blockchain umgetauscht werden können soll.
Das Projekt sticht vor allem in Bezug auf die Use-Cases heraus, wird doch die Blockchain im Supply Chain Management von verschiedenen anderen Seiten angedacht und genutzt. Leider wird seitens der VeChain Foundation an keiner Stelle ein Vergleich zu den schon bestehenden Lösungen gezogen. Auch außerhalb der Blockchain-Welt existieren schließlich Lösungen, mit denen eine Transparenz im Supply Chain Management erreicht werden soll. Ein entsprechender Vergleich wäre für eine fundamentale Bewertung dieses Projekts deshalb äußerst hilfreich.
Weiterhin stört die Aufbereitung der Informationen um das Projekt: Die Webseite selbst schweigt sich in verschiedenen Details aus und erklärt beispielsweise nicht die Unmenge an genutzten Abkürzungen. Warum sich das Projekt gegen ein wirkliches White Paper entschieden hat, wird leider nicht geklärt. Es existiert zwar ein White-Paper-ähnliches Dokument, welches jedoch zum einen nicht den Anspruch verfolgt, ein solches zu sein, zum anderen bezüglich der Details des Lösungsweges nur geringfügig mehr klärt als die Webseite.
Dennoch hat man es hier mit einem wichtigen Blockchain-Use-Case zu tun, an dem ein Unternehmen mit Expertise in diesem Bereich sitzt und einige Kooperationen vorweisen kann – es ist entsprechend spannend, das Projekt weiterzuverfolgen. Wer das tun will, sei auf die Webseite von VeChain beziehungsweise der VeChain Foundation sowie auf die technische Dokumentation verwiesen.
BTC-ECHO