Krypto-Transaktionen: Dürfen Banken Bitcoin-Zahlungen blockieren?

Eine Bank blockiert Kryptozahlungen ihrer Kunden und sorgt damit für einen Aufschrei. Ist die Zensurfreiheit in Gefahr? Wie Experten die Lage einordnen. Im September sorgte eine Nachricht aus dem Vereinigten Königreich im Krypto-Space für Aufruhr. Eine britische Bank teilte ihren Kunden per E-Mail folgendes mit: "Wenn wir glauben, dass Sie eine Zahlung im Zusammenhang mit Krypto-Vermögenswerten leisten, lehnen wir sie ab." Das entfachte eine Diskussion über die Befugnisse von Banken und die Kontohoheit ihrer Kunden. Im Zentrum die Frage: Dürfen Banken einfach Kryptozahlungen unterbinden? Wie Experten die Situation bewerten. Der Fall Chase UK Chase UK ist ein britischer Ableger von J.P. Morgan. Vergangenen Monat teilte das Kreditinstitut mit, keine Transaktionen mit Krypto-Bezug mehr zuzulassen. "Um Ihr Geld vor Betrug zu schützen", wie es in der Ankündigung heißt. Ab 16. Oktober treten die neuen Bestimmungen in Kraft. Mit 1,6 Millionen Kunden ist Chase UK ein vergleichsweise kleine Bank. Der CEO der Mutterbank J.P. Morgan, Jamie Dimon, dafür ein großer Bitcoin-Kritiker. Er sprach sich wiederholt gegen die Kryptowährung aus und bezeichnete BTC als "aufgebauschten Betrug". Aber reichen solche Bewertungen aus, um Kundenüberweisung, beispielsweise an eine Kryptobörse, eigenmächtig zu unterbinden? Das meinen die Experten. Verbraucherschutz am Kapitalmarkt "Gefahrenabwehr im Investmentbereich ist grundsätzlich in drei Kategorien organisiert", erklärt Dr. Nina Siedler gegenüber BTC-ECHO. Die Rechtsanwältin und ausgewiesene Expertin in puncto Kryptoregulierung ordnet ein: "Im sogenannten weißen Kapitalmarkt dürfen die Finanzdienstleister nur mit einer behördlichen Erlaubnis tätig werden und unterstehen deren laufender Aufsicht, was u.a. den Anlegerschutz sicherstellen soll". Im grauen Kapitalmarkt seien die Unternehmen zwar nicht erlaubnispflichtig, "aber ihre Investmentprodukte unterliegen regelmäßig besonderen Transparenzanforderungen wie zum Beispiel Prospekterfordernissen." Anleger sind hier "grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, sich zu informieren und eine eigenverantwortliche Investitionsentscheidung" zu treffen. Der schwarze Kapitalmarkt umfasst "alle illegalen Investitionsmöglichkeiten, also beispielsweise Anlagevermittlung ohne Vorliegen der behördlichen Erlaubnis, Investitionsangebote ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Transparenzanforderungen oder schlichtweg betrügerische Angebote wie Schneeballsysteme oder Scams. Vor dem schwarzen Kapitalmarkt soll das Strafrecht, durchgesetzt von der Justiz, für Schutz sorgen." Mehr Informationen zu den Kapitalmarktarten finden sich auf der Seite der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Zum grauen Kapitalmarkt zählen laut Angaben der Behörde zum Beispiel "tokenisierte Wertrechte". Anwendung im Krypto-Sektor Leider sei seit Jahren zu beobachten, dass das Strafrecht im Kryptobereich nicht mit der hinreichenden Konsequenz verfolgt wird. "So konnten sich betrügerische Aktivitäten nahezu ungehindert ausbreiten. Legale Angebote im weißen und grauen (Krypto-) Kapitalmarkt hatten es durch dieses Vollzugsdefizit sehr schwer sich zu durchzusetzen", so Siedler. Man dürfe von jeder Bank erwarten, dass sie Überweisungen von oder in den schwarzen Kapitalmarkt unterbindet, soweit sie diese erkennt. Gleiches gelte für Transaktionen, die in Zusammenhang mit einem Verdacht auf Geldwäsche stehen. Aber im grauen Kapitalmarkt unterliegt es grundsätzlich der Verantwortung des Bankkunden, in welches Instrument er investiert. Insbesondere, wenn seine Bank nicht auch zugleich sein Anlageberater ist. Dr. Nina Siedler Ein pauschales Unterbinden legaler Investitionen ohne jede Verdachtsmomente hält die Rechtsexpertin daher für übergriffig. Dass Kryptowerte hier eine Sonderrolle im grauen Kapitalmarkt einnehmen, scheint nicht plausibel. Wasser predigen und Wein trinken? Belastbare Daten, die belegen, dass Kryptogeschäfte pauschal ein verhältnismäßig höheres Risiko mit sich bringen, als zum Beispiel der graue (Fiat-)Kapitalmarkt sind nicht bekannt. "Und dennoch kenne ich keine Bank, die ihre Kunden pauschal an der Zeichnung von zum Beispiel Immobilienfonds hindern würde". https://datawrapper.dwcdn.net/XXEAn/1/ Daten der Blockchain-Forensiker von Chainalysis zeigen: Der Anteil illegaler Zahlungen am gesamten Kryptotransaktionsvolumen lag im Jahr 2022 bei gerade einmal 0,24 Prozent. In Zusammenhang mit Geldwäsche stehen in diesem Zeitraum Zahlungen in Höhe von insgesamt 23 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) schätzt den Wert des globalen Geldwäschemarktes im traditionellen Finanzsystem auf zwei Billionen US-Dollar. Und damit 86-mal höher als der Anteil der Krypto-Transaktionen. Die Deutungshoheit über die Legitimität von Kryptozahlungen in die Hände der Banken zu legen erscheint auch Joey Garcia, Experte für Kryptoregulierung, fahrlässig. Zumal diese selbst oft in Segmente investieren, vor denen sie ihre Privatkunden warnen. Auch der Chef der größten US-amerikanischen Kryptobörse, Brian Armstrong, äußerte sich infolge der Chase UK-Ankündigung kritisch. „Ich denke nicht, dass das in Ordnung ist. Ich denke, die Regierung sollte entscheiden, was erlaubt ist und was nicht“, so der Coinbase-CEO. Viel Verständnis bringt der Space also erwartungsgemäß nicht auf, für die kommenden Maßnahmen der Chase UK. Möglich wäre auch, dass der regulatorische Druck im Vereinigten Königreich Kryptogeschäft für die Bank schlichtweg unrentabel macht und sie den Anlegerschutz nur ins Feld führt, um sich aus der Branche zurückzuziehen, ohne ihr Gesicht dabei zu verlieren.

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