Kaufen? Nicht kaufen? Die Bitcoin-Reserve der USA im 24h-Chart

Gestern wollte die US-Regierung noch keine Bitcoin kaufen. Heute schon. Morgen vielleicht nur, wenn es regnet. Willkommen in der US-Finanzpolitik 2.0, in der wichtige Strategien in Tweets verkündet und dann auch schon innerhalb eines Tages wieder verworfen werden, als wäre es eigentlich eine Telegram-Gruppe mit dem Namen "Moon by Friday". Wir erinnern uns: Die USA wollen seit Amtsantritt von Donald Trump zur "Bitcoin-Supermacht" werden. Und dafür eine strategische BTC-Reserve aufbauen. Der Hype war sofort da: Analysten sahen den Bitcoin-Kurs schon bei einer Million, andere schon "bis ins Unendliche und noch viel weiter" (Buzz Lightyear lässt grüßen). Michael Saylor kaufte wie im Rausch – vermutlich sogar im Schlaf. Die Szenarien unter manchen Bitcoinern waren wild: Wenn die USA anfangen zu kaufen, dann entsteht ein globales Wettrennen um Bitcoin. Dann kauft auch China irgendwann. Deutschland vielleicht. Sogar Kanada! In fast allen Staaten und Ländern wurde darüber geredet. Meist mit dem nüchternen Urteil: erstmal lieber nicht. Abwarten und Gold horten ist besser. Dann die Ernüchterung: die Bitcoin, die in der US-Reserve landen? Nun, kaufen wollte man sie eigentlich gar nicht. Im Grunde wollten die USA einfach an all den rund 200.000 BTC festhalten, die sie in den letzten Jahren diversen Cyberkriminellen, Darknet-Börsen und Steuerhinterziehern abgeluchst haben. Das ist ein bisschen, als würde man versuchen, Olympiasieger im Schwimmen zu werden, aber nur in Pfützen trainieren, die nach Regenfällen entstehen. Scott Bessent, US-Finanzminister und am Donnerstag noch der Mann der klaren Worte – wurde Freitag schon der Mann der klaren Korrektur. "Wir kaufen nicht", wiederholte er, um nur 24 Stunden später zu verkünden: "Doch, wir kaufen." Oder so ähnlich, der genaue Wortlaut ist im typischen Politikersprech so vage wie möglich gehalten: "Darüber hinaus ist das Finanzministerium bestrebt, budgetneutrale Wege zu erkunden, um mehr Bitcoin zu erwerben und die Reserven zu erweitern." Erkunden, erwerben, erweitern. Fast schon eine poetische Art, das Wort kaufen zu umschreiben, ohne es zu sagen. Wahrscheinlich hat irgendjemand Bessent über Nacht erklärt, dass "nichts kaufen" kein solider Plan ist, um eine "Bitcoin-Supermacht der Welt“ zu werden. Ein Schmankerl: Das Kaufen (oder erwerben) muss also budgetneutral geschehen. Also, kaufen, ohne Geld ausgeben. Klingt erstmal wie ein Finanzminister-Märchen aus der Kategorie Perpetuum Mobile der Geldpolitik. Wer würde nicht gerne an der Supermarktkasse einmal "budgetneutral" bezahlen, bitte? Gemeint ist, die Mittel für BTC aus anderen Einnahmequellen oder Assets umzuschichten. Was Bitcoiner dabei oft ins Visier nehmen: die Goldreserven der USA. Denn hier zeigt sich eine gewisse Ironie: Der Wert der Bitcoin-Reserve wird mit dem heutigen Preis bemessen. Gold? Noch mit dem Preis aus den 1970er Jahren. Demnach sind die Reserven 11 Milliarden US-Dollar wert. Eigentlich sind es 750 Milliarden US-Dollar. Die USA haben also eine "strategische" Goldreserve, die sie so tun lassen, als wäre sie fast wertlos, während sie gleichzeitig zur "Bitcoin-Supermacht" werden wollen – mit Coins, die sie hauptsächlich von Kriminellen konfiszieren und nach heutigem Kurs bewerten. Das ist ein wenig, als würde man sein Haus in der Steuererklärung mit dem Kaufpreis von 1973 angeben, aber gleichzeitig täglich den aktuellen Börsenwert seiner Kryptowährungen tracken. Anders gesagt: In Washington rechnet man noch wie auf Omas Küchenwaage. Die strategische Reserve der USA besteht aktuell also aus zwei Dingen: Bitcoin – und der Gewissheit, dass sich jede Entscheidung spätestens morgen wieder ändern kann. Trader wissen: Stop-Loss setzen. Bürger wissen: Ohren zuhalten. Und der Finanzminister weiß: Morgen ist auch noch ein Tweet. Vielleicht kauft man dann doch wieder nicht. Oder nur wenn es regnet.

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