Gastkommentar Gegen fundamentale Missverständnisse: Eine Lehrstunde für Elon Musk

In seinem Gastkommentar nimmt sich Pascal Hügli den “Dogefather” und Tesla-Chef Elon Musk vor.

Pascal Hügli
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Elon Musk

Beitragsbild: Shutterstock

Jüngst hat sich Elon Musk wieder einmal zu Bitcoin geäußert. Wirklich großen Kredit hatte der Tech-Visionär nach seinen erratischen Handlungen der vergangenen Monate nicht mehr unter den Bitcoinern. An der kürzlich stattgefundenen B-Word-Konferenz haben ihm Star-Investorin Cathie Wood und Twitter-CEO Jack Dorsey nun abermals eine Bühne zugestanden. Obwohl ihn die Bitcoin-Community also bereits abgeschrieben hatte, konnte man hoffen, dass sich der reichste Mann der Erde mit klugen Aussagen zu Bitcoin rehabilitieren würde.

Was im Vorfeld der Veranstaltung als “The Talk” angepriesen wurde, entpuppte sich als unstrittige Diskussion mit wenig Mehrwert. In egozentrischer Manier redete Musk einmal mehr vor allem von sich selbst und seinem Investment – neben Bitcoin würde er noch Ether und natürlich Dogecoin besitzen. Eine Vermutung, von der man schon ahnen konnte, dass sie stimmt, bestätigte der Tesla-Gründer ein für alle Mal: Wie viele seines Schlags versteht der Tech-Visionär den Bitcoin noch immer falsch.

Wie er während des Online-Gesprächs von sich selbst behauptet, hätte er viel über Geld nachgedacht. Wer dem Silicon-Valley-Unternehmer jedoch genau zuhört, merkt: Nicht Geld ist es, worüber er sich viele Gedanken gemacht hat, sondern Zahlungssysteme. Als PayPal-Gründungsmitglied versteht sich das denn auch von selbst.

Elon Musks fundamentales Missverständnis

Zwischen Geld und Zahlungssystemen besteht jedoch ein entscheidender Unterschied. Geld, vor allem in seiner fundamentalen Form als Basis-Geld, ist die Grundlage aller ökonomischer Aktivität. Zahlungssysteme hingegen sind Skalierungslösungen, die dieses Geld betriebsfähig machen. Bitcoin ist in erster Linie als neues, alternatives (Basis-)Geld zu betrachten. Die Bitcoin-Blockchain ist so “ineffizient” ausgestaltet und lässt sich eben nicht beliebig skalieren, wie das Musk am Beispiel von Dogecoin immer wieder postuliert, damit die Qualitäten und Garantien Bitcoins als dezentralisiertes, Zensur-resistentes, manipulationssicheres und für jedermann zugängliches Geld bestmöglich erhalten bleiben. 

Der technologische Unterbau Bitcoins ist letztlich Mittel zum Zweck und ist der Funktion von Bitcoin als neues alternatives (Basis-)Geld untergeordnet. Im Vergleich zu vielen anderen Kryptos, die ihrerseits “tech first” sind, ist Bitcoin eben “money first”. Wer diese Geld-Brille aufsetzt, versteht auch, warum Bitcoin nicht etwa veraltete Technologie oder das Myspace der Kryptowelt ist. 

Auf das eine folgt das andere

Wenn Musk heute Bitcoin beurteilt, dann betrachtet er Bitcoin in erster Linie durch die Brille eines Zahlungssystems. Das ist nicht falsch, doch hat er es eben gerade falsch herum. Bitcoin will in seinem Wesen zunächst solides Geld sein. Für diese grundlegende Funktion Bitcoins wird im Englischen oft der Kleinbuchstabe b verwendet. 

Bitcoin das Netzwerk – in der englischen Sprache mit einem Großbruchstaben gekennzeichnet – ist natürlich unzertrennbar mit Bitcoin dem Geld verbunden, doch ist die Skalierung des Bitcoin-Netzwerkes zu einem globalen Zahlungsnetzwerk dem Geld nachgelagert. Die fortschreitende Monetarisierung des Basis-Layers, auch Mainchain genannt, besiegelt die Etablierung von Bitcoin als Geld. Die Bitcoin-Blockchain dient diesem (Basis-)Geld als Basis-Settlement-Infrastruktur. Auf dieser Ebene gilt: Money first!

Die Frage, die sich uns berechtigterweise stellt: Spielt innovative Technologie bei Bitcoin gar keine Rolle? Bleibt Bitcoin stets einfach Zensur-resistentes, nicht-inflationierbares und manipulationssicheres Geld, das nicht skaliert? Die Antwort auf diese Frage liefert das Lightning-Netzwerk, ein Zusatzprotokoll für das Versenden von Bitcoin. Bitcoin-Einheiten in Form von SATS, die über das Lightning-Netzwerk versendet werden, machen dem Netzwerk-Namen alle Ehre. Das Ganze ist so schnell wie der Blitz. 

Dieses technologische Upgrade macht Bitcoin technisch für die Zahlungsmittelfunktion fit. Bereits seit einigen Wochen erlebt dieses Bitcoin-Netzwerk einen signifikanten Wachstumsschub. Lightning bringt Bitcoin zu den Massen, weil es konkrete Use Cases schafft, die reale Probleme lösen. Bei Insight DeFi freuen wir uns heute schon, in Zukunft praktisch darüber berichten zu können.

Zahlungssystem ohne Volatilität

Die Kritik auf das Ganze lautet oft: Wie soll sich der Bitcoin mit seiner Preis-Volatilität als Zahlungsmittel durchsetzen können? Auch hier ist die Antwort klar: Das muss er nicht. Bitcoin soll als Zahlungsmittel fungieren, ohne Zahlungsmittel sein zu müssen. Wie soll das funktionieren? Das Lightning-Netzwerk ermöglicht zig Zahlungsoptionen, ohne dabei zwingend auf Bitcoin als Vermögenswert angewiesen zu sein. Über das Lightning-Netzwerk lassen sich Zahlungen in allen möglichen nationalen Währungen abwickeln, ohne der Preis-Volatilität von Bitcoin ausgesetzt zu sein.

Staatliche Fiat-Währungen jeglicher Art können in Bitcoin gewechselt werden. Die dafür verwendeten Bitcoin-Einheiten (SATS) werden direkt über das Lightning-Netzwerk in Windeseile um den Globus an den Empfänger gesendet. Die stetig wachsende Finanzliquidität von Bitcoin sorgt dafür, dass die Kryptowährung am Ort des Empfängers in die entsprechende Fiat-Währung umgetauscht werden kann. Wechselkursschwankungen fallen nicht ins Gewicht, weil der Gesamtprozess quasi instantan geschieht. Die Innovation, die Kostenersparnisse und die “Convenience” ist riesig.

Man lese den Urtext – aber richtig! 

Bitcoin ist also Geld und Zahlungsnetzwerk zugleich. Beides hat unglaubliches Potenzial und bekräftigt sich gegenseitig. Letzteres folgt auch unweigerlich auf ersteres. Diese so wichtig Nuance war schon dem anonymen Begründer Bitcoins klar, weshalb er die Begriffe in seinem Whitepaper mit Bedacht wählte. So beschrieb Satoshi Nakamoto Bitcoin als elektronisches Bargeldsystem (electronic cash system) – eine Feinheit, die leider von vielen übersehen wurde. 

Aus der Retrospektive betrachtet hätte er den Begriff des Bargeldes wohl hervorheben sollen, da dieses eine ganz bestimmte Bedeutung innerhalb der Geldtheorie trägt: Da Bargeld als Basisgeld definiert ist, bezieht es sich typischerweise auf einen Basisgeldwert einer Settlement-Infrastruktur. 

Diese Absicht, die Bitcoin-Blockchain als Grundlagen-Settlement-Infrastruktur für ein Blockchain-natives Basisgeld einzuführen, hatte auch Nakamoto. Von Anfang an war Bitcoin also als (Basis-)Geld gedacht, das mit fortschreitender Entwicklung auch durch ein Zahlungsnetzwerk wie PayPal und Visa ergänzt würde. Die Innovation gegenüber den traditionellen Systemen besteht darin: Während Gold zwar Basisgeld ist, verfügt es über kein inhärentes Zahlungsnetzwerk. Zahlungssysteme wie PayPal und Visa hingegen verfügen über kein inhärentes Basisgeld und sind deshalb auf Fiat-Währungen wie den US-Dollar angewiesen. 

Bitcoin bietet hier eine Synthese, die das Beste aus beiden Welten vereint. Ein (Basis-)Geld auf dem ein nahtloses, nur zum Zweck der Skalierung von Bitcoin bestehendes Zahlungsnetzwerk entsteht. Nicht zuletzt deshalb wird Bitcoin von einigen klugen Köpfen daher auch als Super-Gold betrachtet, das sich innerhalb der Flugbahnen eines unaufhaltbaren PayPal-Netzwerkes bewegt. 

Über den Autoren

Pascal Hügli ist Leiter Research für den Vermögensverwalter Schlossberg&Co. Nebenbei engagiert er sich als Moderator, Debattierer und Dozent an der HWZ. Mit seinem neuen Newsletter Insight DeFi möchte er die breite Masse kompetent und prägnant über die Ereignisse und Chancen der neuen dezentralen Welt von Bitcoin und Co. informieren. Auch ist er Autor von Ignorieren auf eigene Gefahr: Die neue dezentrale Welt von Bitcoin und Blockchain.

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