eWpG Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzes über elektronische Wertpapiere

Das im Juni 2021 in Kraft getretene eWpG hat in Deutschland erstmals die Möglichkeit geschaffen, elektronische Wertpapiere zu begeben. Das eWpG eröffnet eine ganze Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten, die weit über die Begebung klassischer Anleihen hinausgehen.

Christopher Görtz
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Beitragsbild: Shutterstock

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Mit dem eWpG hat der Gesetzgeber in Deutschland die lange überfällige Möglichkeit zur Begebung von elektronischen Wertpapieren geschaffen. Das eWpG ermöglicht es Emittenten auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen, Pfandbriefe und bestimmte Anteile an Sondervermögen auch rein elektronisch zu begeben. Zunächst einmal wird für die Begebung eines elektronischen Wertpapiers ein Registerführer benötigt, denn um auch bei nicht mehr physisch vorhandenen Wertpapieren Verkehrsschutz und rechtssicheren Erwerb zu gewährleisten, bedarf es nach dem eWpG der Eintragung der Wertpapiere in ein elektronisches Register.

Dabei sieht das eWpG zwei Arten von elektronischen Wertpapierregistern vor, zentrale Wertpapierregister und dezentrale Kryptowertpapierregister. Um ein sogenanntes Kryptowertpapier (KWP) begeben zu können, muss ein Emittent die Eintragung in ein entsprechendes Kryptowertpapierregister gewährleisten. Die Führung eines solchen Registers ist eine neue erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung, welche der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterliegt.

Insgesamt verfügen elf Kryptowertpapierregisterführer über die erforderliche vorläufige Erlaubnis der BaFin (Stand 7. Dezember 2022) und es wurden über deren Register (Stand 23. Februar 2023) einschließlich Testemissionen insgesamt 22 Kryptowertpapiere emittiert. Diese auf den ersten Blick relativ gering erscheinende Anzahl an Emissionen ist unserer Einschätzung nach in erster Linie auf die Vorlaufzeiten mit Blick auf die technischen und regulatorischen Anforderungen zurückzuführen. Die Kryptowertpapierregisterführer mussten die entsprechenden Infrastrukturen zunächst aufbauen, testen und in Betrieb nehmen. Somit ist zu erwarten, dass die Anzahl der Emissionen von Kryptowertpapieren nach dem eWpG in 2023 massiv ansteigen wird.

Die Möglichkeiten des eWpG

Das eWpG eröffnet die Möglichkeit, auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen, Pfandbriefe und bestimmte Anteile an Sondervermögen auch rein elektronisch zu begeben. Derzeit noch nicht möglich ist die elektronische Begebung von Aktien, Namens- und Rektapapieren sowie Orderschuldverschreibungen. Der Gesetzgeber plant jedoch konkret, im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes, den Anwendungsbereich des Gesetzes auf Aktien auszuweiten. Schon derzeit ist der Anwendungsbereich des Gesetzes recht weit und geht weit über die Begebung klassischer Anleihen hinaus. Als elektronische Wertpapiere können nach derzeitiger Rechtslage grundsätzlich alle auf den Inhaber lautenden Leistungsversprechen begeben werden.

Das sind neben klassischen Anleihen z.B. Wandel- und Optionsschuldverschreibungen, Genuss- und Optionsscheine, Anlagenzertifikate und strukturierte Schuldverschreibungen. So wurde durch einen der Verfasser dieses Beitrages die erste Emission einer Wandelschuldverschreibung als elektronisches Wertpapier nach dem eWpG begleitet, wobei es sich auch um das erste öffentliche Angebot eines elektronischen Wertpapiers in Deutschland handelte. Die Begebung eines Kryptowertpapiers eröffnet für Emittenten völlig neue Möglichkeiten außerhalb der Zentralverwahrung. Einerseits kann die Emission massiv beschleunigt werden, andererseits wird auch die Abwicklung der Geschäfte vereinfacht.

Bei der Ausgestaltung des Registers gibt es verschiedene Möglichkeiten, die jeweils zu einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Anleihebedingungen führen.

Möglichkeit 1

So ist es zum einen möglich, dass lediglich die Verbriefung in einer Urkunde durch die Eintragung in ein Kryptowertpapierregister ersetzt wird. Die Anleger haben in diesem Fall keine direkte technische Anbindung an das Kryptowertpapierregister. Die Anleihebedingungen unterscheiden sich in einem solchen Fall lediglich in Bezug auf die Verbriefung und einige technische Besonderheiten von einer klassisch verbrieften Anleihe. Werden Änderungen des Registerinhaltes erforderlich, z.B. weil Schuldverschreibungen übertragen werden, so wird der Kryptowertpapierregisterführer benachrichtigt, z.B. per E-Mail, und nimmt dann die entsprechenden Änderungen im Kryptowertpapierregister vor. Diese Vorgehensweise bietet sich vor allem für Emissionen an wenige große Anleger an, die die Anleihe langfristig halten. So kann der Kosten- und Zeitvorteil einer elektronischen Emission genutzt werden. Ein klassischer Anwendungsfalls sind Spezialfonds die aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorgabe eine Anlage in der Form einer Inhaberschuldverschreibung benötigen aber eigentlich das Produkt während der gesamten Laufzeit halten wollen.

Möglichkeit 2

Eine andere Möglichkeit der Ausgestaltung ist, den Weg über eine tatsächliche Tokenisierung der Wertpapiere zu gehen. In diesem Fall haben die Anleger eine direkte Anbindung an das Kryptowertpapierregister. Eine Schuldverschreibung entspricht einem Token und diese werden den Anlegern in ein Wallet eingebucht. Die Emittentin benötigt daher typischerweise bei einer tokenisierten Emission einen Anbieter, der den Anlegern die Eröffnung eines solchen Wallets ermöglicht. Übertragungen der Token erfolgen über das Register durch Umbuchung der Token vom Wallet des Übertragenden an den Empfänger. Diese Mechanismen müssen auch in den Anleihebedingungen abgebildet werden.  Aus diesem Grund enthalten die Anleihebedingungen der elektronisch verbrieften Anleihe im Fall einer Tokenisierung eine Vielzahl von weiteren Anpassungen und unterscheiden sich daher in größerem Umfang von denen einer klassisch verbrieften Anleihe. Die Tokenisierung hat u.a. den Vorteil, dass Übertragungen der Wertpapiere unmittelbar über die Blockchain erfolgen können, was zu einer schnelleren und einfacheren Übertragung führt. 

Der Emittent hat die freie Wahl, für welche der beiden Begebungsformen er sich entscheidet. Hierbei kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. In beiden Alternativen ist der Kryptowertpapierregisterführer zur geldwäscherechtlichen Prüfung aller Parteien verpflichtet.

Wie steht es um einen liquiden Sekundärmarkt für elektronische Wertpapiere?

Die erste Weiterentwicklung des eWpG trat im Juni 2022 in Form der Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV) in Kraft. Die neue Verordnung hat den Anwendungsbereich des eWpG ausgeweitet und ermöglicht es nunmehr den Anbietern von Investmentfonds, elektronische Anteilscheine künftig auch durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister als sogenannte Kryptofondsanteile zu begeben. Die KryptoFAV regelt die grundsätzliche Möglichkeit zur Begebung von Kryptofondsanteilen und erstreckt dazu die Vorschriften des Gesetzes für elektronische Wertpapiere auf elektronische Anteilscheine. Es wird vorgegeben, dass die registerführende Stelle eines Kryptowertpapierregisters, in dem Kryptofondsanteile eingetragen werden, stets die Verwahrstelle des Investmentfonds selbst, oder eine beauftragte Partei mit entsprechender Lizenz zur Registerführung, ist.

Dadurch wird gewährleistet, dass die Verwahrstelle ihren Aufgaben im Verhältnis zum Anleger nachkommen kann. Dies dürfte vor allem bei den großen deutschen Finanzgruppen auf reges Interesse stoßen, da die Möglichkeit zur Abwicklung von Anteilsscheingeschäften ohne Beteiligung eines Zentralverwahrers entsteht. Derzeit noch ausstehend ist die Schaffung eines liquiden Sekundärmarktes für die Handelbarkeit elektronischer Wertpapiere. Ein liquider Sekundärmarkt wird nach Einschätzung der Verfasser zu einer signifikanten Steigerung der Emissionstätigkeit beitragen. Erfreulicherweise teilt die EU-Kommission diese Einschätzung und hat als Antwort auf diese Herausforderungen im Juni 2022 nach einem fast zwei Jahren andauernden Gesetzgebungsverfahren das sog. DLT Pilot Regime auf den Weg gebracht.

Das DLT Pilot Regime

Mit dem DLT Pilot Regime soll weiteres Potenzial für das digitale Finanzwesen entfaltet werden. Dabei sollen unter Beachtung damit verbundener Risiken regulatorische Hindernisse für Innovation und Wettbewerb abgesenkt werden.  Das DLT Pilot Regime schafft Bedingungen für den Erhalt einer Lizenz zum Betrieb einer DLT-Marktinfrastruktur. Es definiert, welche DLT-Finanzinstrumente handelbar sind. Zu diesem Zweck will die Regulierungsbehörde eine temporäre „Regulatory Sandbox“ für den Handel und/oder die Abwicklung von Finanzinstrumenten auf der DLT schaffen. Der neue Aufsichtsrahmen richtet sich primär an Wertpapierfirmen, Marktbetreiber und Zentralverwahrer. Diese können eine Lizenz für den Betrieb von multilateralen Handelssystemen und Wertpapierabwicklungssystemen auf Basis von DLT beantragen. Entsprechende Anträge können ab dem 23. März 2023 gestellt und Genehmigungen seitens der zuständigen Behörden für einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren erteilt werden. Bis zum 24. März 2026 wird die ESMA eine Auswertung vornehmen, auf Basis derer über die Weiterentwicklung entschieden wird.

Disclaimer

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit von Thomas Kramer und Christopher Görtz.

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