Der Artikel ist ein Gastbeitrag des Analyseunternehmens Santiment.
Wichtigste Erkenntnisse der UNI-Coin-Analyse:
- 6,3 Prozent der beanspruchten UNI-Token wurden bereits eingefordert
- Anleger bewegten mehr als 56 Prozent aller beanspruchten UNI-Token bereits zu Krypto-Börsen
- Wie die Transaktionen der Wale der Token-Preiskorrektur vorausging
- UNIs On-Chain-Aktivität bleibt hoch, obwohl sie schnell abnimmt
- UNI-Börsenkennzahlen deuten auf nachlassenden Verkaufsdruck hin
- UNI-bezogene Netzengpässe jetzt weitgehend beseitigt
Die Einführung des Governance-Tokens UNI von Uniswap in der vergangenen Woche ist nach wie vor eines der heißesten Gesprächsthemen im Krypto-Bereich – und das aus gutem Grund. Das größte dezentralisierte Austauschprotokoll belohnte seine bestehenden Nutzer und Liquiditätsanbieter mit Uniswap im Wert von Tausenden von US-Dollar (USD), was einen wahnsinnigen Hype auslöste und die frisch geprägte Kryptowährung zu Redaktionsschluss auf Platz 37 nach Marktkapitalisierung brachte.
Und doch bleiben die meisten UNI-Diskussionen über soziale Medien trotz des marktweiten Interesses gefährlich esoterisch, angeheizt durch eine gesunde Mischung aus grundlosen Gerüchten, Halbwahrheiten und der Angst, etwas zu verpassen (Fear of missing out: FOMO). Es ist wie 2017, nur dass niemand mehr in Coffeeshops geht.
In unserem Bestreben, die Veränderung zu sein, die wir in der Welt sehen wollen, geben wir hier also einen sehr frühen Überblick über die “historischen” UNI-Aktivitäten auf der Blockchain, das Verhalten der Coin-Inhaber und andere grundlegende Indikatoren, die eine der heißesten virtuellen Waren des Jahres beschreiben.
17. September 2020: Die Reise beginnt
Uniswap führte seinen Token am 17. September offiziell ein. Sowohl innerhalb als außerhalb der Krypto-Szene nahm man ihn mit Begeisterung auf. Angesichts der Anreize erreichte die Netzwerkaktivität des Coins fast unmittelbar ihren Höhepunkt: In den ersten 24 Stunden interagierten (sendeten oder empfingen) über 178.000 Adressen mit dem UNI-Token. Im Vergleich dazu verzeichnete Chainlink (LINK), eine der beliebtesten ERC-20-Coins, in der gleichen Zeitspanne nur 5.974 täglich aktive Adressen.

Da die Benutzer ihre kostenlosen Token beanspruchten, ist die Zahl der einzigartigen Adressen, die mit Uniswap interagieren, weiter zurückgegangen, wobei in den letzten 24 Stunden “nur” 22.753 Adressen erfasst wurden. Auch wenn der Abwärtstrend bei den Aktivitäten im UNI-Netz rasch war, ist er heute immer noch der am zweithäufigsten verwendete ERC-20-Coin und liegt damit nur noch hinter Tether (USDT).
Apropos Ansprüche: Unser neues Uniswap-Dashboard bietet eine detaillierte Aufschlüsselung aller bisher beanspruchten UNI-Coins sowie der Aktivitäten dieser nach der Beanspruchung. Diese Kennzahll wird sich wahrscheinlich als entscheidend für die Bestimmung des kurz- bis mittelfristigen Potenzials von UNI erweisen.
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts wurden insgesamt 114.450.677 UNI beansprucht, was 76,3 Prozent des gesamten Verteilungspools entspricht. Von den 114 Millionen Uniswap wurden 58,1 Mio. von historischen Nutzern der Uniswap-Plattform beansprucht, während weitere 56,2 Millionen UNI von ihren historischen Liquiditätsgebern angeeignet wurden:
Schneller Profit spielte große Rolle zu Beginn
Noch wichtiger ist jedoch, was mit diesen Uniswap-Coins geschehen ist, nachdem Anleger sie einmal geclaimed haben. Zu diesem Zweck haben wir ein Aktivitäts-Dashboard für die Zeit nach der Inanspruchnahme erstellt, das die über Netzwerkadressen verteilte Coins nachverfolgt.
Von den 114,5 Mio. beanspruchten Uniswap-Token sind 26,2 Mio. seitdem völlig untätig geblieben, was darauf hindeutet, dass etwa 23 Prozent aller beanspruchten Uniswap für HODLing bestimmt sind – zumindest vorläufig. Das bedeutet, dass 88,1 Mio. beanspruchte UNI-Coins bereits an mindestens eine weitere Adresse gesendet wurden, wobei eine weitere Aufschlüsselung die beliebtesten Ziele offenbart.
64 Mio. Uniswap (56 Prozent aller bisherigen beanspruchten) haben bereits den Weg zu bekannten zentralisierten Börsen gefunden – hauptsächlich Binance und Huobi – was auf einen zunehmenden Verkaufsdruck und praktisch sofortige Gewinnmitnahmen durch die Mehrheit der UNI-Anspruchssteller hindeutet. Außerdem ist zu bedenken, dass wir derzeit die Coinbase Pro Wallets für Uniswap nicht verfolgen, sodass die endgültige Zahl der Uniswap an den Börsen wahrscheinlich um mindestens ein paar Millionen höher liegen wird.
Mit anderen Worten, die Mehrheit der bestehenden UNI-beanspruchenden Anleger hat wenig bis gar kein Interesse daran gezeigt, auf einen anhaltenden Preisaufschwung zu warten, und hat ihr “freies Geld” schnell an zentrale Börsen verlagert. Und da über 57 Prozent aller Uniswap-Coins in den ersten 24 Stunden beansprucht wurden, ist es keine Überraschung, dass wir eine rasche Preiskorrektur sahen, nachdem Uniswap am 18. September bis auf 8,3 US-Dollar geklettert war. Der Governance-Token von Uniswap hat seitdem 49,3 Prozent verloren und notiert zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels bei 4,26 US-Dollar.
Wale waren für den UNI-Preissturz mitverantwortlich
Ein weiterer aussagekräftiger Vorbote der Kurskorrektur des Coins war die Aktivität der großen Anleger, die sich in den Stunden vor dem Allzeithoch des Coins seiner Veräußerung zuwandten.
Der kombinierte Saldo aller Adressen, die zwischen 1.000 und 10.000 Uniswap (4.260 bis 42.600 US-Dollar) halten, ist um 1,65 Mio. Uniswap geschrumpft, als der Kurs zuerst bei über 5 US-Dollar einbrach. Ebenso hat der kombinierte Saldo aller Adressen, die zwischen 10.000 und 100.000 Uniswap (42.600 bis 426.000 US-Dollar) halten, praktisch gleichzeitig um weitere 1,9 Mio. Uniswap abgenommen.


Insgesamt ist die Zahl der Adressen mit mehr als 1.000 Uniswap um 681 zurückgegangen, kurz bevor der Coin sein Allzeithoch erreichte. Das weist auf einen netzwerkweiten Wechsel von Akkumulation zu Gewinnmitnahmen hin.

Weitere Anhaltspunkte dafür, dass wir auf eine Preiskorrektur zusteuerten, finden sich in Uniswaps börsenbasierten Metriken. Diese – ähnlich wie die täglich genutzten Adressen – explodierten innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Start des Coins.
Die Zahl der aktiven Uniswap-Einlagen (Adressen, die verwendet werden, um Uniswap zu zentralisierten Börsen zu bewegen) ist am ersten Tag auf massive 14.305 gestiegen, was auf einen großen Verkaufsdruck und wenig Verlangen der meisten Uniswap-Claimer hindeutet, ihre Coins zu behalten.

Um das schiere Ausmaß der hier angezeigten UNI-bezogenen Verkäufe zu demonstrieren, ist hier ein Vergleichswert: Der Betrag der aktiven Chainlink-Einlagen am selben Tag erreichte einen Höchststand von 375. Nicht 375.000 – nur 375.
Trotz Strauchens bleibt UNI stark
Dennoch ist die Höhe der UNI-Einlagen seit ihrem anfänglichen Anstieg weiter rasch zurückgegangen. In den letzten 24 Stunden verzeichnete man lediglich 867 aktive Einlagen. Die nachlassenden börsengebundenen Aktivitäten könnten ein gutes Vorzeichen für den Kurs von Uniswap sein. Doch ist große Vorsicht geboten – die Mehrheit der beanspruchten UNI ist nach wie vor an der Börse. Auch ist durchaus möglich, dass noch ein gewisser Druck von der Verkaufsseite übrig bleibt, der abgearbeitet werden muss.
Dass der Ausverkauf bei Uniswap begonnen hat, sich zu verlangsamen, lässt sich auch am wechselkursgebundenen Zufluss des Coins ablesen. Er hat nämlich innerhalb der ersten 48 Stunden offensichtlich seinen Höhepunkt erreicht. In jüngster Zeit ist der einzige nennenswerte Anstieg des Zustroms von UNI-Coins an die Börsen am 21. September fast genau zu dem Zeitpunkt zu verzeichnen. Als Uniswap unter die Unterstützungsgrenze von 5 US-Dollar brach, signalisierte das eine weitere Kapitulationswelle zum Wochenbeginn.

Anleger beanspruchen mehr als drei Viertel von der beabsichtigten Uniswap-Anzahl und verschleuderten einen Großteil davon bereits an den Börsen. So reduzierten sie auch die Rolle des Coins bei der Erhöhung der Ethereum-Gebühren deutlich. Die ersten 24 Stunden nach dem Start der UNI-Coins verstopften das gesamte Netzwerk. Das führte dazu, dass die bisher höchste Summe an Transaktionsgebühren – 42.760 Ether (ETH) – an einem einzigen Tag gezahlt wurde.
Die durchschnittlichen Tagesgebühren haben sich seitdem weitgehend eingependelt und sind von 11,6 US-Dollar am 17. September auf 2,29 US-Dollar innerhalb der letzten 24 Stunden gesunken.