Einblicke ins Deloitte Blockchain Institute – Ein Interview mit Dirk Siegel

In einem Interview erzählte Dirk Siegel, Leiter vom Blockchain Institute, von der Arbeit Deloittes zur Blockchain.

Dr. Philipp Giese
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Dass Deloitte, eine der Big Four, stark in das Thema Blockchain investiert und dort viel Expertise bündelt, ist nicht unbekannt. Wir haben an verschiedenen Stellen davon berichtet. Gerade in den Deloitte Greenhouses, Orten, in denen die Blockchain-Technologie untersucht wird, werden Use-Cases entwickelt und interessierte Kunden können dieselbe hautnah erfahren.

Um die Entwicklung von Blockchain-basierten Lösungen voranzubringen und reif für die Industrie zu machen, hat Deloitte das Blockchain Institute gegründet. Dieses Institut kann als Bindeglied zwischen der etablierten, großen Industrie bzw. der Politik und den jungen, innovativen Startups innerhalb der Blockchain-Branche verstanden werden: Ersteren wird die Blockchain erklärt und mögliche, für sie relevante Use-Cases werden aufgezeigt und gemeinsam entwickelt, letzteren wird ein Weg in den großen Markt ermöglicht.

Dirk Siegel steht dem Deloitte Blockchain Institute vor. Bei dem Blockchain-Symposium letzten November hatte ich Gelegenheit, mich mit ihm zu unterhalten. Dieses Gespräch wollte ich vertiefen. Zu meiner großen Freude hat sich Herr Siegel zu einem Interview bereit erklärt.

Herr Siegel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und einige Fragen beantworten! Zur Einführung können Sie sich ja kurz vorstellen: Seit wann sind sie schon bei Deloitte und wie kamen Sie zum Thema Blockchain?

Bei Deloitte bin ich seit zwei Jahren und habe zuvor 23 Jahre in anderen Firmen Erfahrungen im Beratungsbereich sammeln können. Ein Fokus von mir sind die Themen, bei denen Finanzfragen auf den Bereich Technologie treffen, was sicherlich auch ein Grund ist, weshalb ich schon früh auf das Thema Blockchain traf. Anfangs natürlich primär im Kontext Bitcoin, was allein schon ein interessantes Thema war.

Vor etwa zwei Jahren begannen auch immer mehr Kunden das Thema Blockchain ernst zu nehmen. Sie kamen mit Fragen auf uns zu, sodass wir einen großen Bedarf nach Antworten hinsichtlich des potentiellen Nutzens der Blockchain-Technologie erkannten. Das motivierte uns, vor einem Jahr das heute von mir geleitete Deloitte Blockchain Institute zu gründen, welches durch Veranstaltungen und Veröffentlichungen generell über diese Möglichkeiten aufklären möchte sowie Kunden konkrete, direkte Beratung bezüglich diesem Thema anbietet.

Sie haben ja schon ausgedrückt, dass Sie schon länger einen Bezug zur Blockchain haben. Was fasziniert sie am meisten an der Blockchain?

Letztlich sind es zwei Dinge: Die Blockchain-Technologie ist im wahrsten Sinne des Wortes disruptiv. Sie hat das Potential, die Welt nachhaltig zu verändern. Schon jetzt werden regulatorische Details oder finanzielle Transaktionswege, die wir für vollkommen normal und in der Entwicklung abgeschlossen empfanden, durch die Blockchain in Frage gestellt und neu durchdacht.

Das Zweite, was mich reizt, ist der Aspekt Governance: Mithilfe der Blockchain-Technologie können Organisationen aufgebaut werden, die ansonsten nur von Staaten oder großen Organisationen realisiert werden können – und das weltweit.

Gibt es Projekte, über die Sie offen sprechen können?

Das Thema ist für viele unserer Kunden so wichtig, dass sie sich aus ihren frühzeitigen Projekten Wettbewerbsvorteile erwarten. Ich muss daher davon Abstand nehmen, Kundennamen zu nennen. Gerne aber möchte ich einige große Themenkomplexe, bezüglich derer es die meisten Projektsituationen und Anfragen gibt, kurz ansprechen.

Zum Einen existiert im Bereich Financial Services ein großes Interesse. Man möchte die Chancen und Risiken kennen lernen. Gerade in den Bereichen Transaction Banking wird die Frage gestellt, was die Technologie hergibt, ob bestimmte Finanzprodukte als Smart Contract abgebildet werden können und was ganz allgemein das Chance- und Risikopotential dieser Technologie ist.

Viele Banken sehen in den neuen Fintech-Unternehmen ein gewisses Bedrohungspotential und überlegen deshalb, wie sie sich zur Blockchain-Technologie positionieren. Um auf diese Fragen zu antworten, bauen wir Use-Cases auf, anhand derer die Möglichkeiten und Grenzen der Blockchain-Technologie aufgezeigt werden können.

Ein anderes großes, aktuelles Themenfeld sind die Versicherungen. Zwar tut sich auch hier viel bezüglich Insurtech-Startups, aber die klassischen Versicherer sehen ihre Kernwertschöpfung nicht so bedroht, wie es im Banking der Fall ist. Dennoch wird dort nach Vereinfachungen ihrer Systeme gesucht. Ein oft diskutierter Ansatz sind hier private Blockchains.

Schließlich erfreut sich das Stichwort Sharing Economy eines großen Interesses. Gerade in den Bereichen Automotive und Erneuerbare Energien ist Blockchain ein Thema, das häufig angesprochen wird. Man muss sich vor Augen halten, dass die Anzahl der Transaktionen, um die es hier gehen wird, gigantisch ist. Die Blockchain kann hier eine Schlüsseltechnologie sein, ist es mit ihr doch möglich, diese Transaktionen auf einer gemeinsamen Plattform zu dokumentieren und über Smart Contracts zu automatisieren.

Beim Blockchain Symposium wurde mit der Charity DAO ein System gemeinsam mit dem Blockchain-Startup Upchain vorgestellt. Generell sah man viele Vertreter von Startups auf den Podien und im Publikum. Man sieht also auf jeden Fall, dass Deloitte offen gegenüber dem Startup-Ökosystem ist. Wie würden Sie die Rolle der Startups und von Beratungsfirmen wie Deloitte beschreiben?

Innovationsführerschaft kann man heute nicht mehr durch Aktivitäten im eigenen Unternehmen erreichen. Bildlich gesprochen sind Startups die schnellen, wendigen Beiboote des Deloitte-Flottenverbands. Früher hatte man die Einstellung, dass Berater die Innovationsführer sein müssen, jetzt sehen wir es eher so, dass Unternehmen wie Deloitte das Ökosystem orchestrieren.

Deloitte pflegt deshalb einen guten Kontakt zur Start-up Community, wir sind auf szenerelevanten Veranstaltungen unterwegs bzw. organisieren diese und haben, ähnlich wie viele international agierende Großunternehmen, einen Bereich, der sich der gezielten Förderung von Start-ups widmet (Deloitte Digital Ventures).

Die Rolle von Deloitte ist hierbei zur Kernkompetenz der Start-ups komplementär: Die innovativen Developer und Designer können von unserem Wissen über den Markt und die zu beachtenden Regularien ebenso profitieren wie von unseren Kontakten am Zielmarkt. So entsteht eine triple win-Situation, welche positiv für Deloitte, das Startup und den Endkunden ist.

Sie treten ja mit verschiedenen Personen aus Wirtschaft, Politik und Forschung in Kontakt. Forschung und Wirtschaft haben natürlich schon länger Interesse an der Blockchain, wie ist es bei Politik?

Gerade bei den für die Banken relevanten Regulatoren (BaFin, EZB, FSA etc.) kann man durchaus eine gewisse Offenheit ausmachen. Man weiß Bescheid, dass die etablieren Verfahren eher suboptimal sind und ist deshalb grundsätzlich offen für neue Lösungen. Ähnliches lässt sich bezüglich Stichworten wie E-Government, Gesundheitskarte etc. sagen: man ist sich über die Suboptimalität bestehender Lösungen im Klaren (besonders wenn man den Vergleich mit hochinnovativen Ländern wie Estland anstellt) und sucht nach Alternativen.

Blockchain – Möglichkeiten und Grenzen

Wir haben viel über die Möglichkeiten der Blockchain gesprochen. Gibt es auch Bereiche, in denen Deloitte sagt “da ist die Blockchain keine Lösung”?

Aktuell ist die Blockchain-Technologie im Wandel; ein Vergleich von Bitcoin mit Hyperledger zeigt, wie unterschiedlich eine Blockchain-Technologie aufgebaut sein kann. Dennoch lassen sich manche Aussagen allgemein konstatieren.

Es kommt immer wieder vor, dass Kunden vollständig interne Prozesse wie z.B. im Bereich CRM mittels einer Blockchain “irgendwie” optimieren wollen. Das ist eher sinnlos, für Use Cases, in denen nicht mehrere Parteien aufeinandertreffen, tun klassische Datenbanksysteme eine bessere Arbeit.

Ein anderes Thema, was die Möglichkeiten und Grenzen der Blockchain-Technologie gut aufzeigt ist der Versuch, juristische Sachverhalte abzubilden: einen Ermessensprozess kann man per definitionem nicht in einen Smart Contract umwandeln. Doch auch hier gilt, dass es bei einigen Sachverhalten keiner Ermessensentscheidung bedarf. Hier lässt sich die Blockchain-Technologie wunderbar nutzen.

Viele juristische Prozesse würde es sehr vereinfachen, wenn die Verträge so gefasst wären, dass sie sich “algorithmisieren” also auf eine Computer-Code-artige Weise beschreiben lassen. Hier bewegen sich aktuell schon, unabhängig von der Blockchain, Juristen und Vertreter moderner Technologien aufeinander zu.

Man merkt: sicherlich existieren Grenzen, doch auch diese sind in Bewegung.

Was sind aus Deloitte-Sicht die nächsten heißen Eisen bzgl. der Blockchain?

Ich denke, es ist wichtig, dass all die innovativen Ideen, die in den letzten Jahren entstanden sind, reifen müssen. Sie müssen angenommen, professionalisiert und mit den regulatorischen Bedingungen in den verschiedenen Ländern in Einklang gebracht werden.

Doch zwei große Trends, in denen sich aktuell viel tut, möchte ich an dieser Stelle nennen: das ist zum einen die Sharing Economy, bei der immer mehr erkannt wird, wie die dahinter stehenden Visionen gerade mit der Blockchain und mit Smart Contracts realisiert werden können. Ähnliches lässt sich zu den Stichworten Internet of Things bzw. Internet of Everything sagen.

Leider sind wir am Ende des Interviews angekommen. Gibt es von Ihrer Seite noch einige Dinge, die Sie sagen wollen?

Wir haben uns ja erst im November getroffen. Was sich in diesem Vierteljahr in der Blockchain-Szene getan hat, was an neuen Ideen aufkam ist wirklich faszinierend. Ich kann jeden nur einladen, diese Entwicklung zu verfolgen und, wenn möglich, proaktiv zu begleiten, denn diese Technologie wird einen signifikanten Teil unserer Zukunft prägen.

Herr Siegel, vielen Dank für das Interessante Gespräch!

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