Blockchain-Protokolle  Wir haben ein Zombie-Problem im Krypto-Sektor!

Immer mehr Zombie-Blockchain-Protokolle belasten den Krypto-Sektor. Woran man sie erkennt und was die aktuellen Kandidaten sind.

Sven Wagenknecht
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Zombie-Protokolle im Krypto-Sektor

Beitragsbild: Shutterstock

Als Zombieunternehmen bezeichnet man vor allem Unternehmen, die stark überschuldet sind, nur eine geringe Produktivität aufweisen und vor allem auf Fremdkapital angewiesen sind, um laufende Kosten zu bedienen. Gerade in Krisenzeiten oder dann, wenn sich die Finanzierungskosten erhöhen, stehen diese Unternehmen schnell vor dem Aus. Doch nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei Blockchain-Protokollen können wir den Begriff anwenden.

Zombie-Kryptowährungen: Was zeichnet sie aus?

Der ICO-Hype in 2017 sowie die Krypto-Hype-Phase in 2020 und 2021 haben viel Geld in Blockchain-Protokolle gespült. Die Gretchenfrage lautet nun: Was passiert mit dem Geld? Wird es für die Weiterentwicklung der Protokolle verwendet oder machen sich die Gründer ein schönes Leben davon? Zieht das Protokoll auch Open-Source-Entwickler außerhalb der Unternehmung oder Foundation an, die nicht auf der Gehaltsliste stehen?

Neben Metriken wie der Transaktionsanzahl oder dem Total Value Locked bei DeFi-Protokollen ist es vor allem die Entwickleraktivität, die Auskunft über das Zukunftspotential einer Kryptowährung gibt. Bedenkt man, dass sich die allermeisten Entwickler auf die führenden Smart-Contract-Protokolle verteilen, insbesondere Ethereum mit rund 25 Prozent, dann liegt es nahe, dass bei dem Gros der Kryptowährungen nur sehr wenig passiert. Dies zeigt sich in den Entwickler-Beiträgen auf GitHub durch sogenannte Commits. An ihnen lässt sich gut ablesen, bei welchen Protokollen viel eingereicht wird und bei welchen eher weniger bis gar nichts.  

Ein Smart-Contract-Protokoll auf dem kaum Transaktionen stattfinden und für das sich praktisch keine Entwickler interessieren, ist praktisch zu Tode geweiht und damit auch das Investment der Token-Holder. Im Gegensatz zu einem Unternehmen, wäre es daher durchaus angemessen, eine Kryptowährung auch dann als Zombie-Protokoll zu bezeichnen, wenn noch über ausreichend Geld in der Foundation beziehungsweise bei den Shareholdern gebunden ist.

Kein Vorsatz, aber mangelnder Fokus

Besonders gefährdet sind Projekte, die ihren ursprünglichen Fokus verloren haben, die ihre Hochzeit bereits durchlebt haben und nun nicht so genau wissen, auf welche Anwendungen sie sich fokussieren wollen. Anstatt ihren USP herauszuarbeiten, springt man von Trend zu Trend. Dies hat sich beispielsweise mit dem Aufkommen von NFTs gezeigt, wo in kurzer Zeit viele Protokolle aus den Jahren 2016, 2017 und 2018 inspirationslose und halbherzige NFT-Anwendungen herausgebracht haben.

Durch ausreichend Geld in der Foundation und interne Entwickler können viele Jahre ins Land ziehen, in denen nicht wirklich ein reifes Produkt herauskommt, aber jeder Mitarbeiter am Ende des Monats sein Gehalt erhält. Als Anleger kann man dann nur hoffen, dass es irgendwann zum großen Durchbruch oder zur Neuausrichtung kommt, die fruchtet.

Entwickleraktivität: Die Gewinner und die Verlierer

Um eine Einordnung zur Entwicklung der Development-Aktivität zu erhalten, können Berichte wie von Outlier Ventures oder Electric Capital hilfreich sein. Die höchste Anzahl eingereichter Commits können dabei folgende Protokolle für sich beanspruchen: Ethereum, Bitcoin, Polkadot, Cosmos und Solana. Ein besonders starkes Commit-Wachstum konnten in den letzten Monaten die Protokolle Solana und Avalanche für sich verzeichnen. Die Anzahl der aktiven Entwickler korreliert oftmals mit den eingereichten Commits, wobei hier vor allem Cardano heraussticht.

Stark abnehmend hingegen, also mit deutlich zurückgehenden Commit-Zahlen, fallen folgende Kryptowährungen auf: Bitcoin Cash, Axie Infinity, THORchain, BitTorrent und Dogecoin. Daneben stechen bei der Anzahl der aktiven Entwickler auch die bekannten Protokolle Tron oder EOS negativ hervor. Die Rangliste der wenigsten aktiven Entwickler führt dabei aber Bitcoin Cash an. Laut Stand Ende 2021 soll es nur noch einen einzelnen aktiven Entwickler geben.

Typische Krypto-Zombies: Hard Fork Coins

Auffällig hohes Zombie-Potenzial haben Hard-Fork-Kryptowährungen wie Bitcoin Cash oder Bitcoin Satoshi Vision. Wären sie Aktien und keine Kryptowährungen, dann würde man in diesem Fall von Depotleichen sprechen. Millionen von Menschen haben beispielsweise Bitcoin Cash durch die damalige Hard Fork noch in ihrer Wallet, auch wenn man das Projekt als praktisch gescheitert bezeichnen kann. Selbst Litecoin fällt im Bericht von Outlier Ventures hinsichtlich Commits und Entwickleraktivität besonders schlecht ab.

Ähnlich verhält es sich mit Ethereum Classic, auch wenn dieser Coin immer mal wieder einen kleinen Hype erlebt, wie aktuell durch die Flucht der GPU-Miner, die nicht mehr Ethereum minen können. Nachhaltig dürfte dieses kurze Aufblühen aber nicht sein – viel passiert von der Entwicklerseite hier nicht mehr.

Ähnlich wie Zombieunternehmen schaden auch Zombie-Kryptowährungen dem gesamten Ökosystem. Denn auch sie binden Ressourcen wie Kapital und insbesondere knappes Talent. Gerade letzteres wird händeringend von denjenigen Projekten, bei denen sich tatsächlich etwas tut, gesucht.

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