Krypto-Mekka Deutschland? Die Blockchain-Strategie der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat ihre Blockchain-Strategie fertiggestellt. Das von Bundeswirtschafts- und Finanzministerium erstellte Positionspapier enthält über 40 mal mehr, mal weniger konkrete Maßnahmen, mit denen die Regierung Rahmenbedingungen für die Blockchain-Technologie und die Krypto-Ökonomie schaffen will. Auch in der staatlichen Verwaltung könnte die Technologie künftig Einzug halten. Auf internationaler Ebene sagt die Bundesregierung indessen Stable Coins den Kampf an.

Christopher Klee
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Bundestag

Beitragsbild: Shutterstock

| Neben Inhaberschuldverschreibungen will die Bundesregierung bald auch Aktien auf der Blockchain ausgeben

Die Bundesregierung hat ihre „Blockchain-Stragie“ für die Bundesrepublik Deutschland verabdschiedet. In dem Positionspapier, das BTC-ECHO vorliegt, umreißt die Bundesregierung ihren künftigen Umgang der mit den Chancen und Herausforderungen, die mit der wachsenden Verbreitung der Blockchain- und anderer Distributed-Ledger-Technologien (DLT) einhergehen.

Die Bundesregierung möchte mit ihrer Blockchain-Strategie Deutschlands „führende Position“ [sic] als ausbauen:

Deutschland soll ein attraktiver Standort für die Entwicklung von Blockchain-Anwendungen und Investitionen in ihre Skalierung sein. Gleichzeitig sollen Großunternehmen, KMUs und Start-ups genauso wie der öffentliche Sektor, die Länder, Organisationen der Zivilgesellschaft und die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt werden, informierte Entscheidungen über den Einsatz der Technologie zu treffen.

Die Blockchain-Strategie der Bundesregierung umfasst dabei fünf Schwerpunkte. Dazu zählen die Blockchain im Finanzsektor, die Förderung von innovativen Blockchain-Projekten abseits des Finanzwesens, gesetzliche Rahmenbedingungen, digitalisierte Verwaltungsdienstleistungen sowie die Verbreitung von Blockchain-Know-how.

Blockchain-Strategie soll Deutsches Recht für digitale Wertpapiere öffnen

Die Bundesregierung möchte die im Zeitalter der Digitalisierung immer mehr zum Anachronismus verkommene verbindliche Papierform bei der Erstellung von (zivilrechtlichen) Wertpapieren lockern.

Die Bundesregierung strebt an, das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere zu öffnen. Die derzeit zwingende Vorgabe der urkundlichen Verkörperung von Wertpapieren (d.h. Papierform) soll nicht mehr uneingeschränkt gelten. Die Regulierung elektronischer Wertpapiere soll technologieneutral erfolgen, so dass zukünftig elektronische Wertpapiere auch auf einer Blockchain begeben werden können.

Regierung will ICOs und Wallet-Anbieter an die Kandare nehmen

Die Blockchain-Strategie sieht noch für dieses Jahr einen Gesetzentwurf vor, der die Herausgabe bestimmter Arten von Krypto-Token in Form eines Initial Coin Offerings reguliert. Im Fokus sollen danach der Anlegerschutz sowie die Schaffung von Rechtssicherheit stehen. Möglicherweise brauchen ICOs künftig den regulatorischen Segen der BaFin:

Damit könnte gesetzlich sichergestellt werden, dass ein öffentliches Angebot bei bestimmten, zu definierenden Krypto-Token erst erfolgen darf, wenn der Anbieter zuvor ein nach gesetzlichen Vorgaben erstelltes Informationsblatt veröffentlicht 206 hat, dessen Veröffentlichung die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) 207 gestattet hat.

Ein weiterer, bereits Ende Juli verabschiedeter Gesetzentwurf sieht vor, dass auch die Anbieter von Krypto-Wallets eine BaFin-Genehmigung einholen müssen. Allerdings beschränkt sich der Entwurf auf sogenannte Custody Wallets. Dabei handelt es sich um Krypto-Wallets, bei denen der Wallet-Anbieter und nicht der Benutzer Zugriff auf Private Keys der Krypto-Einlagen hat.

Libra nein, Zentralbank-Coin: vielleicht

Die Bundesregierung möchte verhindern, dass aus Stable Coins wie Facebooks geplantem „Libra“ eine Alternative zu Fiatgeld bieten können. Die Regierung möchte diese Position auf europäischer und internationaler Ebene vertreten. Eine Begründung für diese Entscheidung liefert die Regierung nicht. Dafür deutet sie an, das Thema digitales Zentralbankgeld weiter beleuchten zu wollen:

Die Bundesregierung wird sich auf europäischer und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass Stablecoins keine Alternative zu staatlichen Währungen werden. Gleichzeitig wird die Bundesregierung den bereits bestehenden Dialog mit der Deutschen Bundesbank zu Digitalem Zentralbankgeld weiter ausbauen, um den aktuellen Stand der Entwicklung auszuloten.

Kein Teil der Blockchain-Strategie: Regulatory Sandboxes

Um Innovationen im Bereich der Blockchain- und anderer DLTs zu fördern, will die Bundesregierung sogenannte „Reallabore“ einrichten:

Insbesondere bei noch jungen Technologien, wie der Blockchain-Technologie, bieten Pilotprojekte und Reallabore eine ideale Möglichkeit, um den Einsatz der Technologie in der Praxis sowie Regulierungsansätze zu erproben.

Infolge des Konsultationsprozesses zur Blockchain-Strategie habe sich die Bundesregierung dazu entschieden, Reallabore „systematisch in Deutschland zu etablieren“. Eine Regulatory Sandbox, wie es sie etwa in Großbritannien oder Südkorea gibt, sieht die Blockchain-Strategie indes nicht vor.

Ferner plant die Bundesregierung, DAOs im Rahmen von Förderprogrammen zu unterstützen und die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für die neue Kooperationsform ins Auge zu fassen.

Blockchain im Bürgeramt: Digitalisierte Verwaltungsdienstleistungen

Auch für den Bereich der Verwaltungsdienstleistungen will der Staat verstärkt das Potenzial der Blockchain-Technologie beleuchten. Dabei solle die Blockchain-Implementierung in Verwaltungsprozesse kein Selbstzweck sein. Stattdessen zieht die Regierung ihre Anwendung nur im Falle eines Vorteils im Vergleich zu bestehenden oder konkurrierenden Lösungen in Betracht.

Als vielversprechende Anwendungsbereiche sind beispielsweise die Fahrzeughaltung oder die digital gestützte Verifikation von oft dezentral vorgehaltenen Originaldokumenten, wie Urkunden und Zeugnissen, zu nennen.

Auch für das Anwendungsfeld der digitalen Identität sieht die Bundesregierung Chancen für die Blockchain. Die Technologie wird neben anderen Ansätzen nach dem Prinzip der Technologieneutralität untersucht:

Die Bundesregierung pilotiert Blockchain-basierte digitale Identitäten. Sie wird prüfen, ob diese Blockchain-basierten digitalen Identitäten einen klaren Mehrwert gegenüber bestehenden Lösungen versprechen und ob sie so gestaltet werden können, dass sie datenschutzrechtlichen Vorgaben gerecht werden. Hierbei werden auch geeignete weitere Anwendungen evaluiert.

Indes bahnt sich hier ein Konflikt mit der europaweiten eIDAS-Verordnung, die digitale Vertrauensdienste reguliert, an. Diese sieht zentrale Betreiber für eIDAS-Infrastrukturen vor – ein Ansatz, der sich nur schwer mit der Dezentralität einer öffentlichen Blockchain verbinden lässt.

Schaffung von Standards als zentrales Anliegen

Der Konsultationsprozess zur Blockchain-Strategie habe laut Bundesregierung gezeigt, dass es aufseiten der Befragten ein großes Verlangen nach standardisierten Schnittstellen, Normen und Zertifikaten gibt, die Unternehmen den Zugang zum Blockchain-Markt erleichtern. Dieser falle umso leichter, wenn

die Normen und Standards europäisch und international angewendet werden. Insbesondere bei Smart Contracts […] wird zusätzliche Transparenz gefordert.

Deshalb wurde im Konsultationsprozess auch die Forderung nach staatlich zertifizierten Smart Contracts laut. Die Bundesregierung beleuchtet nun die Möglichkeit eines standardisierten Audit-Verfahrens für Smart Contracts, das Unternehmen nutzen können, „um das Vertrauen in die Blockchain-Technologie und […] Smart Contracts zu erhöhen“.

Energiewirtschaft: Bundesregierung plant staatliches Register für Smart Contracts

Besonderes Augenmerk legt die Blockchain-Strategie auf den Energiesektor. So plant die Bundesregierung unter anderem die Einrichtung eines technologieübergreifenden „Pilotierungslabors“. Darin sollen Vertreter aus Energiewirtschaft, Gesellschaft und Behörden gemeinsam die Chancen und Risiken von neuen Technologien im Energiesektor eruieren. Ferner plant die Regierung das Aufsetzen eines zentralen Smart-Contract-Register für die Energiewirtschaft:

Insbesondere in der Energiewirtschaft haben Smart Contracts ein großes Potenzial zur Automatisierung und Effizienzsteigerung. Umso wichtiger ist die Transformation von Vertragsbeziehungen in digitale Sprache bzw. in digitalen Code. Die Bundesregierung wird daher zeitnah mit dem Aufbau eines Registers beginnen, das vertragliche Sachverhalte der Energiewirtschaft listet und so die Erfassung und Systematisierung von Smart Contracts ermöglichen soll,

hießt es dazu in dem Positionspapier.

Welche von dessen insgesamt über 40 angedachten Maßnahmen – die bisweilen eher den Charakter einer unverbindlichen Absichtserklärung haben – letztlich umgesetzt werden, bleibt indes ebenso offen wie dieFrage, ob eine nationale Regulierung einer weltumspannenden Technologie gerecht werden kann.

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