Digitale Staatswährungen Digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) in der Praxis – ein Blick auf die Avantgarde

Digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) sind mehr und mehr im Kommen. Eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zeigt, dass 80 Prozent der weltweiten Zentralbanken an CBDCs forschen und fast 50 Prozent konkrete Proof-of-Concepts oder Prototypen entwickeln. 10 Prozent der befragten Zentralbanken gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie planen bereits die Einführung einer CBDC für die breite Öffentlichkeit (sog. Retail CBDC) in den nächsten drei Jahren. In diesem Artikel stellen Jonas Groß und Jonas Weisbrodt die aktuell am weitesten fortgeschrittenen CBDC-Initiativen in China, Schweden, Bahamas, in der Ostkaribischen Währungsunion und auf den Marshall-Inseln vor und diskutieren Motive und Fortschritt der Projekte.

Jonas Groß
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Verschiedene Fiat-Währungen

Beitragsbild: Shutterstock

Chinas CBDC: DC/EP

Die chinesische Zentralbank (PBoC) gründete bereits 2014 eine spezielle CBDC Task Force, um CBDCs zu untersuchen. Gegenwärtig wird bereits ein Prototyp der chinesischen CBDC, DC/EP (digital currency/electronic payment) genannt, sowohl im privaten und auch im öffentlichen Sektor getestet. Weitere Tests sollen während der Olympischen Winterspiele 2022 stattfinden. 

Zum Hintergrund: In China verliert Bargeld zunehmend an Bedeutung. Während 2016 noch 40 Prozent aller Zahlungen in Bar getätigt wurden, waren es zwei Jahre später nur noch 20 Prozent. Insgesamt ist China eines der wenigen Länder, in denen der Anteil des Bargeldumlaufs (CIC, Cash in Circulation) am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den letzten Jahren gesunken ist (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Entwicklung des umlaufenden Bargelds in China. Quelle: Quelle: van der Knaap, de Vries (2018) 

Eine verringerte Nutzung von Bargeld birgt laut PBoC-Notenbanker Mu Changchun erhebliche Risiken, beispielsweise eine höhere Abhängigkeit von digitalen Zahlungsplattformen von Unternehmen wie Alipay. Eine CBDC als digitales Äquivalent zu Bargeld könnte die Entwicklung hin zu einer weniger Bargeld abhängigen Gesellschaft unterstützen, ohne dem Ausfallrisiko privater Plattformen ausgesetzt zu sein. 

Zudem ist die Einführung einer chinesischen CBDC durch die Internationalisierung des Renminbi (RMB) getrieben. Trotz intensiver chinesischer Bestrebungen zur Internationalisierung des RMB, dominiert weiterhin der US-Dollar als weltweite Reservewährung. Durch vereinfachte oder erst durch die CBDC mögliche RMB-Zahlungen ins bzw. im Ausland könnte eine CBDC die internationale Rolle und Verbreitung des RMB verstärken. Fällt der digitale Yuan jedoch ebenfalls unter Kapitalkontrollen, könnten diese Beschränkungen eine erfolgreiche Internationalisierung des RMB erschweren. 

Schwedens CBDC: die e-krona 

Neben China gehört Schweden ebenfalls zu den CBDC-Vorreitern. Im März 2017 startete die Schwedische Riksbank ihr CBDC-Projekt „e-krona“. Die Einführung eines E-krona-Prototypes ist bereits für Februar 2021 geplant. Danach wird die Riksbank entscheiden, ob sie eine solche CBDC flächendeckend einführen wird. Im Pilotprojekt wird zunächst eine unverzinste CBDC getestet. Für ihr Pilotprojekt plant die Riksbank eine zweistufige operative Struktur, in dem Banken die von der Zentralbank emittierten CBDC-Einheiten an die Endkunden verteilen. 

Ähnlich wie China verzeichnet auch Schweden einen geringeren Bargeldumlauf. Zuletzt betrug in Schweden der Bargeldumlauf (Currency in Circulation) gemessen zum BIP lediglich 1,4 Prozent des BIPs (siehe Abbildung 2) und stellte den weltweit niedrigsten Wert dar (Durchschnitt von 50 Ländern: 9 Prozent). Zudem ist in Schweden auch die Anzahl an Bargeldtransaktionen rückläufig. So werden zuletzt nur 20 Prozent aller Zahlungen in Schweden mit Bargeld abgewickelt. Nach Prognosen der stellvertretenden Gouverneurin der Riksbank, Cecilia Skingsley, wird Schweden bis 2023 bargeldlos sein. 

Abbildung 1: Entwicklung des umlaufenden Bargelds in Schweden. Quelle: Quelle: van der Knaap, de Vries (2018) 

Angesichts einer abnehmenden Bargeldnutzung könnte die e-krona den negativen Auswirkungen einer Marginalisierung des Bargelds, und damit einer Form von Zentralbankgeld für die breite Öffentlichkeit, entgegenwirken, indem sie weiterhin Zugang zu (digitalem) Zentralbankgeld bietet. Wenn die Akzeptanz von Bargeld immer weiter sinkt, verschwindet eine physische Alternative zu digitalen Zahlungen. Aus diesem Grund können Netzwerkeffekte leicht zu wettbewerbshindernden Oligopolen führen. Als alternatives Zahlungsmittel könnte ferner die e-krona den Wettbewerb fördern und Effizienzen erhöhen

Darüber hinaus sieht die Riksbank aufgrund der Entwicklungen rund um private Zahlungsdienstleister die Finanzmarktstabilität gefährdet. Laut Riksbank ergreifen gewinnorientierte Privatunternehmen weniger Maßnahmen als öffentliche Institutionen, um die Funktionsfähigkeit ihres Zahlungssystemen in Krisenzeiten zu gewährleisten. Eine CBDC könnte im Krisenfall oder bei finanziellen Problemen privater Zahlungsdienstleister eine robuste Alternative bieten und die Stabilität des schwedischen Zahlungsverkehrssystems erhöhen. 

Die Bahamas bauen auf Sand Dollar 

Das CBDC-Projekt der Bahamas, der sog. „Sand Dollar“, befindet sich bereits in der Testphase. Seit Dezember 2019 bzw. Februar 2020 wird die CBDC im Distrikt Exuma bzw. auf den Abaco-Inseln getestet. Die Zentralbank der Bahamas (CBoB) plant, das Projekt im Oktober 2020 auf alle Inseln auszuweiten. Im Gegensatz zu China und Schweden ist die nationale Währung, der bahamaische Dollar, an den US-Dollar gekoppelt. 

Die Einführung des Sand Dollars wird primär mit den erheblichen Lücken beim Zugang zu Finanzdienstleistungen (Stichwort: „finanzielle Inklusion“) begründet. Der anhaltende Rückgang von Bankfilialen führte zuletzt zu einer erhöhten Bargeldnutzung. Ein weiteres Ziel des Sand Dollar ist es daher, digitale Zahlungsdienste durch Effizienzsteigerungen attraktiver zu machen. Eine Substitution von Bargeld durch Sand Dollar verspricht letztlich Kosteneinsparungen, z.B. geringere Kosten für die Lagerung und Verteilung von Bargeld 

Um die finanzielle Inklusion zu erhöhen, wird für die Nutzung des Sand Dollars kein Bankkonto erforderlich sein. Darüber hinaus wird eine kartenbasierte Version, die über PoS-Geräte aktualisiert werden kann und mit der auch ohne Internetverbindung Zahlungen durchgeführt werden können, die Nutzung des Sand Dollars ohne mobiles Gerät ermöglichen. Sand Dollars werden nicht verzinst, und der maximal gehaltene Betrag ist limitiert. Die bahamaische Zentralbank plant ebenfalls wie Schweden eine zweistufige operative Verteilungsstruktur. Sand Dollar Transaktionen werden auf den inländischen Gebrauch beschränkt sein

Ostkaribische Währungsunion (ECCU): DCash 

Im März 2019 initiierte die Ostkaribische Zentralbank (ECCB) ihr CBDC-Projekt namens DCash – seit März 2020 wird DCash bereits getestet. Die ECCB emittiert den Eastern Caribbean Dollar (ECD), der in den acht Mitgliedstaaten der Ostkaribische Währungsunion (ECCU) als gesetzliches Zahlungsmittel gilt und an den US-Dollar gekoppelt ist. Die CBDC stellt nun eine digitale Variante des ECD zur Verfügung.  

Die große Mehrzahl der Transaktionen in der Ostkaribischen Währungsunion wird aktuell mit Banknoten oder Schecks abgewickelt. Zwar sind beide Zahlungsmethoden relativ ineffizient, allerdings sind derzeit digitale Zahlungsmethoden des Privatsektors sehr teuer und kommen deshalb weniger als Alternativen in Frage. Laut ECCB entsprechen etablierte Zahlungsdienste deshalb nicht immer den Bedürfnissen der Bevölkerung. Als langfristige Ziele des DCash nennt die ECCB deshalb „finanzielle Inklusion, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit“. 

Um Teile der Bevölkerung zu erreichen, die derzeit vom Finanzsystem ausgeschlossen sind, soll für Transaktionen mit der ostkaribischen CBDC kein Bankkonto notwendig sein. Es sollen jedoch Limits für Transaktionen und gehaltene CBDC-Bestände eingeführt werden. Die vollständigen Nutzung des digitalen, nicht-zinstragenden, ECD wird nur online möglich sein. Als Betriebsstruktur dient ein zweistufiges System, das auf einem DLT-Netzwerk basiert. 

Marshall-Inseln: SOV 

Im Februar 2018 gab die Republik der Marshall-Inseln (RMI) Pläne für die Ausgabe einer eigenen digitalen Währung namens „Sovereign“ (SOV) bekannt. Derzeit fungiert auf den Marshall-Inseln ausschließlich der US Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel. Mit dem SOV plant die RMI die Einführung eines zweiten, ausschließlich digitalen, gesetzlichen Zahlungsmittels. Ausschlaggebend für die Einführung des SOV sind derzeit teure und ineffiziente Zahlungsmethoden auf den Marshall-Inseln. So belaufen sich derzeit Kosten für Überweisungen auf durchschnittlich 10 Prozent des zu transferierenden Geldbetrags. Zudem verfügen nur wenige Menschen über Bankkonten oder Debitkarten. Mit dem SOV will die RMI Menschen ohne Anschluss ans Finanzsystem einen attraktiven digitalen Zahlungsdienst bieten und somit die finanzielle Inklusion erhöhen. 

Mit einem Anteil von rund 20 Prozent am jährlichen BIP ist die RMI in hohem Maße von Finanzhilfen der USA abhängig. 2023 endet allerdings diese finanzielle Unterstützung. Die Ausgabe des SOV wird somit auch eine neue Einnahmequellen darstellen, um die Abhängigkeit von den Hilfszahlungen zu reduzieren.  

Der SOV wird auf einer DLT basieren und sieht eine stabile Wachstumsrate des SOV-Geldangebots vor. Konkret wird die Geldmenge nach einer Erstausgabe von 24 Millionen SOV-Einheiten mit einer jährlichen Wachstumsrate von 4 Prozent wachsen. Die zusätzliche Menge an SOVs soll anteilsmäßig unter anderem an die Inhaber des SOVs verteilt werden, wodurch SOVs de facto verzinst werden.  

Zusammenfassung aktueller Retail-CBDC-Initiativen

Die CBDC-Vorreiter im Überblick

Über die Autoren 

Jonas Groß ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bayreuth und Projektmanager am Frankfurt School Blockchain Center. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören primär digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) und Stable -oin-Projekte wie Libra.  

Jonas Weisbrodt studiert Philosophy & Economics (B.A.) an der Universität Bayreuth. Neben makroökonomischen Fragen interessiert er sich für Spieltheorie. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit beschäftigt er sich mit spieltheoretischen Modellen autoritärer Regierungen. 

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