Über Token Engineering und das Wesen eines dezentralen Marktplatzes am Beispiel von Bitcoin

In diesem Gastartikel erläutert Stefanie von Jan, Token Engineer bei der Blockchain-Unternehmensberatung DW Innovate, den Aufbau eines dezentralen Marktplatzes. Klar und verständlich skizziert sie das am Blockchain-Primus Bitcoin. Wie mit Hilfe eines Token Koordination und Vertrauen in einem dezentralen Netzwerk erreicht wird.

Stefanie von Jan
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Beitragsbild: Shutterstock

Die Blockchain-Technologie ermöglicht die Erschaffung eines Netzwerkes, das dauerhaft ohne eine zentrale Entität auskommt. Dies wird idealerweise durch grundsätzlich unveränderbare Regeln sichergestellt, denen die Marktteilnehmer zustimmen, wenn sie sich dem Netzwerk freiwillig anschließen. Diese Regeln sind in Computercode auf Protokollebene verankert und deren Einhaltung werden durch das Netzwerk durchgesetzt.

Dies steht im starken Gegensatz zum traditionellen Marktverhalten, in dem ein Gesetzesbruch nur durch den langwierigen und ineffizienten Gang zum Gericht verfolgt werden kann. Darüber hinaus werden nationale Grenzen aufgehoben, da die Netzwerke für jeden zugänglich und unabhängig von nationalen Jurisdiktionen sind.

Bitcoin ist das beste Beispiel für eine dezentrales Netzwerk. Es gibt keine einzelne Partei, die über das Bitcoin-Protokoll verfügt, denn es wird dezentral von der Community betrieben und ist für jeden offen – sei es, um beim Mining mitzuwirken, das Protokoll weiter zu entwickeln oder um es einfach für Transaktionen zu nutzen.

Im Mining-Prozess stellen Miner ihre Hashing Power bereit, um Transaktionen zu validieren und die Sicherheit des Netzwerkes zu gewährleisten. Die grundsätzlichen Funktionalitäten und Regeln von Bitcoin sind seit dem Launch des Bitcoin-Netzwerkes im Januar 2009 fix im Code verankert.

Ökonomische Anreizmechanismen in dezentralen Netzwerken

Verschiedene technische, ökonomische und spieltheoretische Mechanismen werden eingesetzt, um diese Marktregeln durchzusetzen. Einerseits erhalten die Marktteilnehmer eine Vergütung, wenn sie wertvolle Arbeit für das Netzwerk leisten. Andererseits können Marktteilnehmer finanziell bestraft werden, wenn sie das Netzwerk zu ihrem persönlichen Vorteil missbrauchen, schlechte Arbeit leisten oder versuchen, das Netzwerk und damit die anderen Teilnehmer auszuspielen (zum Beispiel durch Spamming).

Dabei müssen alle Regeln ohne Anwendung einer Gesetzgebung durch eine jurisdiktive Gewalt durchsetzbar sein, da die Teilnahme meist anonym ist und das Netzwerk von keiner juristisch greifbaren Entität betrieben bzw. verwaltet wird. Zum Beispiel kann ein finanzieller Einsatz vor dem aktiven Handeln im Netzwerk als Pfand hinterlegt werden (Stake), welcher im Fall von den Regeln widersprechenden Verhaltens vom Netzwerk einbehalten und umverteilt wird.

Damit Miner an der Fortführung der Bitcoin Blockchain mitwirken, müssen sie einen Anreiz haben, ihre kostspielige Energie zur Verfügung zu stellen und in teure Hardware zu investieren. Eine vordefinierte Vergütung pro Block stellt dies sicher. Der Miner, der als erster erfolgreich den nächsten Block geschürft hat, erhält diese vordefinierte Vergütung, die sich aus den Transaktionsgebühren und der Block Subvention zusammen setzt, wobei ersteres Schwankungen unterliegt und letzteres derzeit 12.5 Bitcoins beträgt. Die Block Subvention halbiert sich alle vier Jahre. Da Miner auch die Gebühren für die Transaktion erhalten, ist sichergestellt, dass Miner auch nach deutlich reduzierter Block Subvention einen Anreiz haben, dem Netzwerk ihre Dienstleistung zur Verfügung zu stellen.

Bitcoin ist so designet, dass es keine Möglichkeit zum Betrug gibt. Dies liegt daran, dass Konsens im Bitcoin-Netzwerk sehr einfach gestaltet ist im Vergleich zu anderen Marktplätzen, welche für eine global übereinstimmende Meinung einen höheren Grad an Komplexität berücksichtigen müssen. Für eine Konsens-Bildung im Netzwerk benötigt Bitcoin lediglich den Beweis, dass Energie aufgewendet wurde – Proof of Work.

Dieser Konsens führt zur Lösung des Double-Spending-Problems ohne zentralen Entscheidungsträger: Es besteht keine Möglichkeit, Geld mehr als einmal auszugeben. Nur jene Transaktionen werden vom Netzwerk akzeptiert, die den vordefinierten Regeln entsprechen und dies schließt Double Spending aus. Deswegen ist es wichtig, als Zahlungsempfänger auf die Bestätigung der Zahlung durch das Netzwerk zu warten, um Betrug auszuschließen.

Inhärentes Vertrauen durch vordefinierte Regeln, die automatisch durch Code durchgesetzt werden

Damit die Marktteilnehmer darauf vertrauen können, dass die Regeln auch durchgesetzt werden, müssen diese öffentlich einsehbar und unabänderlich im Code definiert sein. Das ist es, was mit dem Begriff „vertrauenslos“ gemeint ist. Änderungen sind nur durch vorher bestimmte Steuerungsmechanismen möglich, die grundsätzlich eine deutliche Mehrheit des Netzwerkes benötigen. Die Halter der Token haben dabei ein Interesse an der Verbesserung des Netzwerkes, da ihr Token einem Anteil am Netzwerk entspricht. Eine Wertsteigerung des Netzwerkes sollte sich im Wert des Token wiederspiegeln. Das heißt im Umkehrschluss auch, dass das Netzwerk allen Mitwirkenden gehört, da sie die Weiterentwicklung bestimmen und an der Wertsteigerung partizipieren.

Der Bitcoin Code ist für jeden einsehbar und ausgestattet mit fixen Regeln. Es gab kaum Veränderungen auf Protokollebene seit dem Launch von Bitcoin. Die wenigen Veränderungen, die es gab, konnten nur durchgesetzt werden, da die Mehrheit des gesamten Netzwerkes zugestimmt hat.

Aufbau eines Netzwerkes durch initiale Block Subvention

Damit ein Marktplatz funktioniert und wächst, benötigt er Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage entsteht meist jedoch nur, wenn auch ein nachhaltiges Angebot vorhanden ist. Ein Fokus auf den Aufbau der Angebotsseite ist von Nöten. Uber und andere Marktplatz-Tech-Riesen investieren deshalb zuerst in den Ausbau der Angebotsseite, um den Konsumenten eine stabile Versorgung bieten zu können.

In dezentralen Marktplätzen ermöglicht die Emission von Token den Aufbau der Angebotsseite im Netzwerk. Noch bevor Konsumenten vom Angebot des Netzwerkes Gebrauch machen, können durch die Ausschüttung von Token an die Marktteilnehmer diese so vergütet werden, dass ein Angebot entsteht. Diese Ausschüttung der Block Subventionen in Form von Token erfolgt üblicherweise in regelmäßigen Zeitintervallen.

Nur durch Mining kann man die Block Subvention im Bitcoin-Protokoll erhalten und damit neue Bitcoins emittieren. In den ersten vier Jahren wurden 50 Bitcoins pro geschürften Block vergeben. Diese Bock Subventionen bilden einen Anreiz für Miner ihre Energie und Hardware für den Betrieb des Bitcoin-Protokolls einzusetzen.

Ein Token ohne Verknüpfung mit einem Real World Asset hat nur einen Wert, wenn er den Sound-Money-Prinzipien folgt

Im Token Engineering werden die Prinzipien der Sound Money Theory berücksichtigt, um einen ökonomisch nachhaltigen und gesunden Token zu kreieren. Sound Money Theory basiert auf zwei Prinzipien:

1) Berücksichtigung der Interessen der Teilnehmer und logische Deduktion deren Verhaltens (Praxeology).

2) Ermöglichung eines freien Marktes, in dem sich das beste Netzwerk und der dazugehörige Token behauptet.

Ersteres wurde bereits im obigen Kapitel „Ökonomische Anreizmechanismen in dezentralen Netzwerken“ erklärt. In dem zweiten Punkt oben dient die Nachfrage nach dem Token als Proxy für die Entscheidung der Marktteilnehmer, welches Netzwerk sie wählen. Die Nachfrage definiert sich anhand des Nutzens inhärent im Token, der durch zahlreiche Faktoren bestimmt wird. Um die Nachfrage sinnvoll einzuschätzen, ist es notwendig, die Interessen der Teilnehmer zu berücksichtigen (Punkt 1 oben).

Die Nutzen eines Tokens

Welche Faktoren bestimmen also den Nutzen eines Token? Der Token ermöglicht, bestimmte Tätigkeiten auf dem Netzwerk auszuführen und dient als Zugang zum Netzwerk. Weitere Aspekte, die den Nutzen des Token bestimmen, sind: Zensurresistenz (Widerstand gegen Manipulation oder Missbrauch des Systems), Robustheit (uptime), begrenztes Angebot (begrenzte Inflation), Netzwerkeffekte, Wettbewerb, etc.

Zensurresistenz spielt in dezentralen Systemen eine übergeordnete Rolle, da die Datenintegrität oberste Priorität hat. Die Angebotsseite eines Token ist vordefiniert im Protokoll – zumindest sollte es bei jedem gut designten Token so sein. Denn die Investoren und Nutzer des Protokolls müssen wissen, worauf sie sich einlassen. Es ist absolut notwendig zu wissen, ob es eine beschränkte Anzahl an Token gibt und wann wie viele Token auf den Markt kommen, da dies erheblichen Einfluss auf die Preisentwicklung hat (je größer das Angebot, desto niedriger Preis bei gleichbleibender Nachfrage).

Bitcoin ist derzeit das sicherste dezentrale Geldsystem. Noch etwas konkretisiert ist Bitcoin die sicherste verteilte Datenbank der Welt, auf der nur eine bestimmte Art von Daten gespeichert werden können (Bitcoin-Transaktionen). Der Bitcoin Token dient gleichzeitig als Zugangstoken zu einem gewissen Speicherkontingent in dieser Datenbank (Blockspace). Hier kommen Netzwerkeffekte zu tragen: Je mehr Menschen Bitcoin nutzen, desto vielseitiger ist dieser Blockspace nutzbar – nämlich für Transaktionen mit noch weiteren Parteien.

Außerdem ist die Geld- und Währungspolitik im Bitcoin-Protokoll vorgegeben und praktisch nicht veränderbar. Das gibt dem Bitcoin-Protokoll eine völlig neue Art von Vorhersagbarkeit und damit Sicherheit für jene, die in Bitcoin investieren. Konkret können nicht mehr als 21 Millionen Bitcoin geschürft werden. Zudem werden pro Halving alle neu generierten Bitcoins pro Block halbiert. Dies entspricht einer drastischen Reduzierung der neu geschürften Bitcoins pro Zeitintervall. Dadurch, dass keine Inflation und Manipulation möglich ist, wird Bitcoin als das härteste derzeit bestehende Geld bezeichnet.

Nur aufgrund des hervorragenden Designs der Bitcoin Blockchain trifft diese auf eine so hohe Nachfrage, so dass Marktteilnehmer einen Anreiz haben bei der Aufrechterhaltung (Mining) und Weiterentwicklung der Nutzungsmöglichkeiten von Bitcoin (u.a. durch Second Layer wie Lightning) mitzuwirken.

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