Tron und BitTorrent – wie geht es weiter?

Justin Sun, der Gründer von Tron, kündigte den Mitarbeitern seiner beiden Unternehmen an, dass man sich in den nächsten Jahren um die Schaffung eines gänzlich demokratischen Internets kümmern werde. Insider der Filesharing-Szene haben allerdings erhebliche Bedenken. Bei der Umwandlung des Bittorrent-Netzwerkes könnte man sehr viel falsch machen. Auch hat Sun in seiner Rede keinerlei Details genannt, wie dieses komplett dezentrale Internet denn nun im Detail aussehen soll.

Lars Sobiraj
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Beitragsbild: shutterstock

Im Juni kaufte Justin Sun das Unternehmen, das seit 2004 für die Betreuung und Weiterentwicklung des BitTorrent-Netzwerkes verantwortlich ist. Das dazugehörige Protokoll wurde Anfang der 2000er von Bittorrent Inc.-Mitgründer Bram Cohen entworfen. Bis heute ist es keinem Rechteinhaber gelungen, die Nutzung des BitTorrent-Protokolls unter ihre Kontrolle zu bringen. Zeitweise verbraucht es bis zu einem Drittel des gesamten weltweiten Datenaufkommens. Trotz der in vielen Ländern verschickten Abmahnungen an Verletzer des Urheberrechts, spielt diese Form des Filesharings bis heute eine sehr große Rolle.

Tron CEO, Justin Sun, sagte seinen Mitarbeitern, ihm gehe es beim Kauf von BitTorrent nicht um die mehr als 100 Millionen aktive Nutzer weltweit. Und auch nicht um die unglaublichen kommerziellen Möglichkeiten, die mit einer derart großen Community verbunden seien. Der BitTorrent Inc. sei es stets darum gegangen, das Internet zu demokratisieren. Und eines der Hauptziele von Tron sei es, das Internet zu dezentralisieren. Deswegen würden die beiden Unternehmen so gut zueinander passen. Er werde sein ganzes Leben darauf verwenden, auf diese Ziele hinzuarbeiten. Allerdings sagte Sun auch, dass es bis dahin noch 10 bis 20 Jahre dauern werde. Am Ende des Weges soll ein Internet frei von jeglichen Monopolisten wie Apple, Google oder Amazon stehen. Das „Web 4.0“ soll völlig dezentral und transparent aufgebaut sein.

BitTorrent: Wird es Nutzer erster und zweiter Klasse geben?

Sun hat Ende Juli bereits angekündigt, dass man über ein Vergütungs-System für Seeder (Uploader) nachdenkt. Das sind die Personen, die über ihre Internet-Leitung Dateien an Dritte hochladen, um die Verfügbarkeit und die Geschwindigkeit der P2P-Transfers zu optimieren. Das aber würde den Charakter des Peer-to-Peer-Netzwerkes auf den Kopf stellen, denn dort sollen finanzielle Aspekte eigentlich keine Rolle spielen. Als Bezahlung würde sich die Entlohnung mittels einer Kryptowährung anbieten. Als Betreiber einer eigenen Blockchain plus Kryptowährung wäre für Tron die Durchführung alles andere als ein Problem. Sun hatte in der Vergangenheit ehedem angekündigt, dass alle BitTorrent-Nutzer Teil des Tron- Ökosystems werden sollen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang allerdings, wer die Seeder bezahlen soll? Der Betreiber wird dies kaum aus eigener Tasche tun wollen, denn alle bisherigen Versuche, das Unternehmen zu monetisieren, sind fehlgeschlagen. Weder die Werbung, die man in der Software angezeigt hat, noch der eigene Online-Shop brachten den erhofften Durchbruch.

Bezahlen werden es wohl am Ende die Downloader, die sich eine höhere Geschwindigkeit wünschen. Dann allerdings hätte das geplante Web 4.0 nichts mehr mit Netzneutralität oder einer Gleichheit aller Teilnehmer zu tun. Dann gäbe es normale Nutzer, die ihre Daten langsamer erhalten. Und es gäbe Teilnehmer mit einer dicken Brieftasche, die sich leisten können, den Geschwindigkeitsvorteil zu kaufen. Würde man die Seeder in einer Kryptowährung bezahlen, deren Spur die Polizei nicht folgen kann, so wäre dies für die Kreativ-Wirtschaft eine Zukunftsvision, die düsterer nicht sein könnte. Für Hollywood und die Plattenlabels wäre dies noch dramatischer, als die Auferstehung von Megaupload, Hotfile und RapidShare zusammen. Ohne eine anonyme Bezahlung würde dieses Entlohnungs-System allerdings gravierende straf- und zivilrechtliche Fragen aufwerfen, schließlich werden via P2P zumeist Schwarzkopien und keine legalen Inhalte verbreitet. Die Ankündigung wirft also jede Menge Fragen auf, auf die der neue Betreiber erstmal eine passende Antwort finden muss.

Was steht bevor: ein Umbruch oder viel heiße Luft?

In Justin Suns Rede werden leider nur sehr wenige Einzelheiten genannt. Wie genau die digitale Revolution zur Erlangung des demokratischen “Webs 4.0” vollzogen werden soll, führt Sun nicht aus. Er erläutert lediglich, wo wir gerade stehen. Er beabsichtigt, dass die Protokolle von Tron als auch von BitTorrent verbessert werden sollen. Außerdem will man eine Serie dezentraler Apps entwickeln und neue Protokolle für dezentrale Online-Speicherdienste erschaffen. Aufgrund der fehlenden Details gibt es viel Raum für Spekulationen und Interpretationen. Der P2P-Blog TorrentFreak schloss seine Ausführungen mit den Worten“ Wir melden uns dann in 10 Jahren mit einem Update“ ab. Passender hätte man den Beitrag nicht zu einem Ende bringen können.

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