Verlängerung der Spekulationsfrist von Kryptowährungen auf 10 Jahre?

Der nachfolgende Artikel stellt eine Zusammenfassung der Ausarbeitung von CryptoTax zu der Verlängerung der Spekulationsfrist bei Kryptoassets dar. Er wurde verfasst von Klaus Himmer, dem CEO und Co-Founder von CryptoTax. Weiterführende Informationen zum Thema findet ihr unter www.cryptotax.io.

Klaus Himmer
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In den sozialen Medien und anderen Informationsmedien wurde in der letzten Zeit immer häufiger darüber diskutiert, ob bei einer Einkünfteerzielung durch den Einsatz von Bitcoin, Ether oder andere Kryptowährungen sich die Haltefrist von einem Jahr auf zehn Jahre verlängert. Einkünfte können bei Krypto-Assets durch verschiedene Möglichkeiten erzielt werden. Einerseits können Nutzer sich aktiv an den Blockfindungsprozessen beteiligen. Durch die verschiedenen Konsensprotokolle kann neben Mining auch Staking zur Erzielung von passivem Einkommen genutzt werden.

Weiterhin können auch dezentrale Netzwerkknoten, die auf einer Vergütungsstruktur aufgebaut sind, Einnahmen erzielen. Kryptowährungen wie Dash, PIVX oder Zcoin haben hierfür Masternodes in das bestehende System implementiert. Da diese Einkunftsquellen gleichzeitig essentielle Grundlage für die Funktionsweise der aufgezeigten Blockchain-basierten Systeme sind, hätte eine Verzehnfachung der Haltefrist in Deutschland neben der Auswirkung auf das Investmentverhalten der Anleger auch dämpfende Auswirkungen auf die Verbreitung dieser innovativen Technologien und damit auf den Technologiestandort Deutschland.

Hintergrund der Debatte ist der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG: „Bei [privaten] Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der [Spekulations-]Zeitraum auf zehn Jahre.“ Da eine grammatikalische Auslegung kaum Spielraum für Interpretation lässt, wird weitläufig die Auffassung vertreten, dass diese Vorschrift auch auf Kryptowährungen anzuwenden ist.

Die Verlängerung der Spekulationsfrist – eine Missbrauchsbekämpungsvorschrift

Die Fristverlängerung lässt sich auf das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 zurückführen und wurde aufgrund von Steuersparmodellen – sog. Containerleasingmodelle – eingeführt. Zweckgesellschaften verkauften Container an Privatanlegern und boten diesen Mietverträge sowie oftmals einen festgelegten Rückkaufswerte am Ende der Überlassungsdauer. Die Investoren erzielten mit den Containern Mieteinkünfte, welche steuerlich Einkünfte aus sonstigen Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG darstellen, da Container ebenfalls als private Wirtschaftsgüter gelten. Die Investoren konnten dabei die Mieteinkünfte um eine sog. Absetzung für Abnutzung (AfA) der Container mindern. Diese soll den Wertverzehr des Wirtschaftsguts reflektieren und bemisst sich nach der gewöhnlichen Nutzungsdauer. Die Nutzungsdauer bestimmt sich grundsätzlich nach den individuellen Begebenheiten des Wirtschaftsguts.

Um das Verfahren in der Praxis zu erleichtern, gibt es zusätzlich pauschal Angaben für Typen von Wirtschaftsgütern in sog. AfA-Tabellen des Bundesministeriums der Finanzen. Transportcontainer besitzen demnach eine pauschale Nutzungsdauer von 10 Jahren. Die Einkünfte der sonstigen Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG können somit jährlich durch die pauschale AfA in Höhe von 10 % der Anschaffungskosten des Containers verringert werden, was regelmäßig nicht der tatsächlichen Abnutzung der Container entsprach und sich daran zeigte, dass der vereinbarte Rückkaufswert erheblich über dem steuerlichen Buchwert lag.

Ist eine Anwendung auf Kryptowährungen sinnvoll?

Die pauschale AfA entfaltet jedoch in der Regel nur eine temporäre Wirkung, da eine Diskrepanz zwischen steuerlichem Buch- und tatsächlichen Marktwert spätestens bei der Veräußerung im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäftes durch entsprechende Adjustierung der Anschaffungskosten berücksichtigt wird.  Da vor dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 Veräußerungen von privaten Wirtschaftsgütern ausnahmslos nach einem Jahr steuerfrei waren und somit eine steuerliche Berücksichtigung der AfA-Diskrepanz ausblieb, wurden derartige Containerleasingmodelle zu attraktiven Investitions- und Steuersparmodellen. Die Verlängerung der Spekulationsfrist auf 10 Jahre sollte derartige Modelle unattraktiv machen und stellt damit eine Steuervermeidungsbekämpfungsvorschrift dar. Eine teleologische Normauslegung unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsintention zeigt demnach deutlich, dass die Fristverlängerung nicht sinnwahrend auf nicht abnutzbare digitale Wirtschaftsgüter übertragbar ist.

Ist eine Abweichung vom Gesetzeswortlaut zulässig?

Das grundsätzlich Abweichungen von der grammatikalischen – als wortwörtlichen – Gesetzesauslegung möglich sind, zeigt die Rechtsprechung und ein konsekutives Schreiben des Bayerischen Landesamts für Steuern zu Fremdwährungsdarlehen. Dieses Schreiben umfasst die Fristverlängerung bei Festgeldanlagen in Fremdwährungen. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob erhaltenen Zinsen, welche als Einkünfte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 EStG in Betracht kommen, zu einer Fristverlängerung führen können. Da die Zinsen jedoch nicht aus dem selbstständigen Wirtschaftsgut Fremdwährung, sondern vielmehr aus der auf Fremdwährung lautenden Kapitalforderung stammen, wurde gegen eine Anwendung der besagten Vorschrift entschieden.

Masternodes, Staking, Mining, Bounties etc. – für was wird eigentlich die Vergütung bezahlt?

Die erhaltenen Block-Rewards und Transaktionskosten sind Vergütungen für die zur Verfügung gestellten Leistungen. Am Beispiel von Masternodes werden die erhaltenen Zahlungen nicht durch die ursprüngliche Einlage begründet, der Nutzer erhält Zahlungen für das Bereitstellen von Leistungen und Funktionen. Auch bei Staking und Mining werden die Einkünfte nicht durch den jeweiligen Coin erzielt, vielmehr ist bei Mining und Staking die Blockfindung der entscheidende Faktor für den Erhalt des Block-Rewards. Aus diesem Grund kann auch bei Kryptowährungen das Wirtschaftsgut von der vergüteten Leistung getrennt betrachtet werden. Die Zahlungen, die der Steuerpflichtige für seine Leistungen in den jeweiligen Systemen erhält, sind somit kein Ausfluss des privaten Wirtschaftsguts Kryptowährung, sondern vielmehr Entgelt für bereitgestellte Systemleistungen.

Fazit – keine Fristverlängerung für Kryptoassets?!

Unter Berücksichtigung der dargelegten Argumente sollte eine Verlängerung der Spekulationsfrist durch Einnahmen aus Krypto-Assets regelmäßig unbegründet sein. Die Fristverlängerung versteht sich als Missbrauchsbekämpfungsvorschrift, welche ferner aus einem konkreten Steuersparmodell geboren wurde. Da Kryptowährungen keinem substanzbedingten Wertverfall unterliegen ist eine Ausgestaltung als Steuersparmodell unmöglich. Hinzu kommt, dass potentielle Erträge in vielen Fällen nicht auf den Einsatz des Wirtschaftsguts, sondern auf systembedingte Leistungsangebote zurückzuführen sind.

Bei signifikanten Investitionsbeträgen ist es jedoch aus Risikogesichtspunkten durchaus ratsam eine rechtsverbindliche Auskunft gemäß § 89 AO vor Beginn der Tätigkeit einzuholen.

Weiterführende Informationen zum Thema findet man auf der Homepage von CryptoTax.

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