Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Philipp Sandner zu Blockchain-Unternehmen in der Corona-Krise.
Blockchain-Start-ups: Gefahren durch die Corona-Krise
Generell werden Blockchain-Start-ups in der aktuellen Situation vor Probleme gestellt. Finanzierungsrunden werden schwierig bis unmöglich. Das Budget von größeren Unternehmen wird zunehmend eingefroren werden. Gerade Start-ups im B2B-Bereich werden sich bei Vertriebsaktivitäten schwertun. Die so wichtigen Events und Konferenzen werden bis auf Monate hinweg ausfallen. Damit entfällt eine wesentliche Funktion der Konferenzen, bei denen sich Start-ups präsentieren und wichtige Kontakte aufbauen können. Hier kommt es aber auch auf den jeweiligen Einzelfall an: Vermutlich werden sich Start-ups im Bereich Kryptowährungen leichter tun als solche, die sich im Bereich Enterprise DLT bewegen.
Ein Blockchain-Start-up, das nun versucht, einem Großkonzern einen Prototyp zu verkaufen, wird es schwer haben. Unternehmen werden ihr Pulver trocken halten und ihre Prioritäten recht kompromisslos ändern. Was man nicht unbedingt machen muss, wird aufgeschoben. Für Innovations- und Orchideenprojekte wie Prototypenentwicklung könnte es schwierig werden.
Was nun aber folgt, ist ausgesprochen wichtig: Nicht alle Start-ups werden es schwer haben; hierzu muss man die jungen Blockchain–Unternehmen in zwei Gruppen aufteilen.
Sehr junge Start-ups: Schwerer Stand in Zeiten der Krise
Dies sind Start-ups, die gegebenenfalls einige Monate alt sind oder noch gar nicht gegründet sind. Dies sind auch Start-ups, die noch keine nennenswerte Visibilität erreicht haben oder noch keine Investoren gefunden haben. Ich denke, dass diese Start-ups mehrheitlich vor unüberwindbaren Hürden stehen. Faktisch ist das für einige Monate nun ein Kampf gegen Windmühlen, der nicht gewonnen werden kann.
Etablierte Start-ups: Durststrecke voraus
Dies sind Start-ups, die bereits seit einiger Zeit existieren und sich hier und da einen Namen gemacht haben. Kontakte wurden bei Konferenzen oder in diversen Workshops etabliert. Vertrauen durch erste persönliche Gespräche ist aufgebaut worden. Diese Start-ups werden es wesentlich leichter haben, möglicherweise profitieren sie von der Krise – sofern sie eine Durststrecke von einigen Monaten überstehen können.
Denn: Social Distancing – nun überall auf der Welt durch die Corona-Krise gefordert und binnen Tagen umgesetzt – führt dazu, dass noch nicht im eigenen Land präsente Start-ups (z. B. ausländische Wettbewerber-Start-ups oder neu entstehende Wettbewerber) keine Chance mehr haben, im eigenen Land Fuß zu fassen. Etablierte Jungunternehmen dagegen, die bereits Kontakte aufgebaut haben, können diese trotz Social Distancing vertiefen, auch mit Video-/Telefonkonferenzen. Es gibt weiterhin Unternehmen, die Blockchain-Projekte vorantreiben wollen (z. B. kleine profitable Banken, ggf. agile Mittelständler). Diese werden mit denjenigen Start-ups zusammenarbeiten, die sie bereits kennen. Neue Start-ups (z. B. gerade gegründet oder aus dem Ausland in den hiesigen Markt eintretend) haben keine Chance. Insofern kann der Coronavirus für etablierte Start-ups analog zu einer signifikanten Hürde für neueintretende Wettbewerber wirken.
Auswirkungen der Corona-Krise auf Bitcoin und den Krypto-Markt
Schon jetzt erkennt man, dass Bitcoin ohne Grenzen, ohne Shutdown übertragen werden kann. Auch während der furchtbaren letzten Tage hat das Bitcoin-Netzwerk zuverlässig alle 10 bis 11 Minuten einen neuen Block produziert. Es ist resilient. Ich denke, das verstehen zunehmend mehr Menschen. Diesen Aha-Moment haben nun viele.
Weiterhin kann Bitcoin als „digitales Gold“ angesehen werden. Der Preisverfall ist das Ergebnis eines Angebotsschocks, der durch De-Leveraging ausgelöst wurde und natürlich durch Angst (insb. Liquiditätsängste). Es ist durchaus vorstellbar, dass nach dem derzeitigen Preisverfall der Preis des Bitcoin steigen könnte. Vor allem wenn nun eine Wirtschaftskrise droht, könnte der Bitcoin seine Vorteile zeigen. Hierzu muss der Bitcoin aber von Investoren noch besser verstanden werden. Dies wird dauern, derzeit sind alle in Schockstarre.
Etablierte Unternehmen und Konzerne
Bereits jetzt merkt man, dass Unternehmen beginnen, ihre Prioritäten zu ändern. Budgets werden nach nur einigen Tagen Coronavirus in Deutschland eingefroren. Die Mitarbeiter in Unternehmen müssen zunächst lernen, digital zu arbeiten. Gremienprozesse müssen neu strukturiert werden, wenn Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten oder komplett ausfallen.
Natürlich ist es eine Einzelfallbetrachtung, aber im Durchschnitt kann man sagen, dass größere, traditionellere Unternehmen enorme Anpassungsstörungen haben werden – und das zu Lasten von neuen Projekten, die ggfs. entbehrlich sind. Wer schnell und agil ist (z. B. eine kleine Wertpapierhandelsbank) kann dies zu seinem Vorteil nutzen. Wer groß und langsam ist, und zudem sehr formalistisch agiert (Stichwort physische Unterschriftenmappe), ist auf Wochen oder Monate tendenziell lahmgelegt.