Die Zukunft des Geldes  Kryptowährungen und Fiatgeld im Machtkampf

Worin besteht der Unterschied zwischen inflationärem und deflationärem Geld und welche Basisgelder sollten das Mittel der Wahl sein? Im dritten Teil unserer Serie „Die Zukunft des Geldes“ widmet sich Gastautor Pascal Hügli verschiedenen Konzepten von Geld und geht der Entwicklung digitaler Währungen auf den Grund.

Pascal Hügli
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Kryptowährung - Fiat Geld

Beitragsbild: Shutterstock

Der folgende Artikel ist ein Gastbeitrag – BTC-ECHO übernimmt keine Haftung für den Inhalt. Trotz gewissenhafter Prüfung kann keine Garantie für die dargestellten Ausführungen gegeben werden.

Während es im ersten Teil dieser Artikelserie um die Kappung des Goldankers und den damit losgetretenen Entwertungskampf zwischen nationalen Währungen ging, wurde im zweiten Teil auf die neue Ära des (privaten) Geldwettbewerbs und dessen Auswirkungen auf staatliche Geldmonopole eingegangen.

Mit der Entwicklung der Technologie hat sich die Palette möglicher „Geld-Konzeptionen“ für Basisgelder erweitert. Grob lassen sich vier verschiedene Konzepte unterscheiden:

  • politisch, rechtlich orchestriertes Geld in der Form nationaler Währungen
  • durch die Natur im Angebot beschränktes Geld in der Form von Gold
  • im Angebot algorithmisch absolut beschränktes, disinflationäres Geld in der Form von Bitcoin
  • algorithmisches Geld mit konstanter Inflation in der Form eines Krypto-Assets

Wegen seines disinflationären Charakters und seiner absoluten Angebotsbeschränkung wird Bitcoin gerne als Gegenspieler zu nationalen Währungen angesehen, da diese gegenwärtig einer institutionalisierten Geldschöpfung unterliegen. Gemäß Narrativ ist es der Gegensatz zwischen deflationärem (eigentlich disinflationärem) und inflationärem Geld.

Die bittere Pille der Inflationierung

Diese Gegenüberstellung greift jedoch zu kurz. Je nach ideologischem Zugehörigkeitsgefühl wird entweder das eine oder das andere verteufelt. In der Tat dürften beide „Geld-Konzeptionen“ ihre inhärenten Nachteile haben. So hat ein inflationäres Geld Verteilungs- und Verzerrungseffekte, die desto gravierender und ungerechter ausfallen können, je stärker die Institution „Geld“ und deren Strukturen politisiert sind. Disinflationäres Geld hingegen reagiert kaum auf Nachfrageschocks, weshalb dessen natürliche Volatilität im Durchschnitt höher ausfällt. Im Falle von Bitcoin stellt sich zudem die Frage, ob seine Eignung als monetärer Hort, seine disinflationäre Angebotskurve sowie ein durch den freien Markt zur Verfügung gestelltes Sicherheitsbudget in Form von Transaktionsgebühren für die Miner zur Aufrechterhaltung des Blockchain-Netzwerks nicht im Widerspruch stehen.

Auch das ist eine Frage, die letztlich nur die Zukunft beantworten kann. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass Geld in einer nicht perfekten Welt wie der unsrigen, eine gewisse Inflationierung bedingt. In einem solchen Fall wäre Geld, das einer immer gleichbleibenden (weil algorithmisch festgelegt), berechenbaren Inflation unterliegt, dann wohl „as good as it gets“ und für einige eine bittere Pille, die es zu schlucken gälte. Natürlich unterläge auch dieses Geld Verteilungs- und Verzerrungseffekten, wie dem Cantillon-Effekt. Würde die Einflussnahme aufgrund der Reduktion des menschlichen Elements und des Spielraums für Günstlingswirtschaft minimiert, wäre diese Art der Inflation wohl als gerechter einzustufen, da sie algorithmisch und nicht politisch gesteuert ist.

Verschiedene Konzeptionen von Geld

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den obigen „Geld-Konzeptionen“ um sogenannte Basisgelder. Geld ist immer mehrschichtig zu verstehen. Obschon nationale Währungen wie US-Dollar, Schweizer Franken, aber auch Gold oder Bitcoin als alltägliches Tauschmittel verwendet werden können, taugen sie dazu in ihrer reinsten Form als Basisgeld gegenwärtig immer schlechter. Gold tut das am wenigsten gut, ist das Edelmetall doch schlichtweg zu unhandlich und unbeweglich. Aber auch der digitale Bitcoin auf Mainchain-Ebene eignet sich aufgrund steigender Transaktionsgebühren bei vermehrter Nutzung nicht sonderlich. Am brauchbarsten sind noch nationale Währungen. Doch selbst diese werden heute immer mehr über eine höhere Abstraktionsebene verwendet, zum Beispiel via Kreditkarte oder in Form von Bankeinlagen als Buchgeld – und eben nicht als Bargeld, das Basisgeld darstellt.

Bei Bitcoin könnte eine solch höhere Ebene das Lightning-Netzwerk darstellen. Dabei werden Bitcoin-Surrogate in Form von Bitcoin-Lightning-Einheiten off-chain, also nicht über die Blockchain ausgetauscht. Diese Off-Chain-Transaktionen können jedoch jederzeit auf die Blockchain geschrieben werden, um so die Lightning-Bitcoin-Surrogate mit Bezugnahme auf die in der Bitcoin Blockchain abgebildeten Besitzverhältnisse zu verrechnen. In diesem Sinne ist das Bitcoin-Lightning-Netzwerk mit dem Visa- oder MasterCard-Zahlungssystem zu vergleichen.

Stabilität ist gefragt

Technisch dürfte das Lightning-Netzwerk Bitcoin als geeignetes Zahlungsmittel fit machen und somit die Ursprungsidee aus dem Bitcoin White Paper von Satoshi Nakamoto eher Realität werden lassen. Technisch ermöglicht dieser Zusatz-Layer schnellere, günstigere Bitcoin-Transaktionen. Das Internet soll damit endlich ein eigenes Geld erhalten. Ökonomisch allerdings bleiben Fragezeichen, ob sich der Bitcoin jemals als geeignetes, allgemein akzeptiertes preisstabiles Tauschmittel etablieren kann. Aufgrund seiner Angebotsbeschränkung scheint Preisstabilität kaum jemals garantiert, da gewisse Volatilität stets eine Folge von unerwarteten Nachfrageschocks sein kann.

In diese Bresche versuchen sogenannte Stable Coins zu springen. Das bereits genannte Libra-Projekt schlägt in diese Kerbe. Viele andere findige Unternehmen sind derzeit ebenfalls dabei, den Heiligen Gral preisstabiler privater Währungen zu finden. Interessant sind dabei vor allem Stable Coins, die in möglichst dezentraler Manier durch andere Krypto-Assets gesichert – das heißt überbesichert – sind. Beispiele hierfür sind MakerDAO auf Ethereum und Money On Chain, ein ähnliches auf Bitcoin geplantes Projekt. Daneben gibt es andere Versuche der Imitation einer dezentralen Zentralbank, die ohne Besicherung, wohl aber durch eine ausgeklügelte algorithmische Geldpolitik Preisstabilität erzwingen wollen.

Die prominentesten Stable Coins sind zurzeit jene, die ganz konventionell an eine nationale Währung gebunden und durch diese gedeckt sind. Tether, USD Coin, Paxos Standard oder TrueUSD sind die bekanntesten und die meisten operieren aus den USA heraus. Auch aus der Schweiz kommen Stable Coins, allen voran der XCHF emittiert durch die Bitcoin Suisse AG.

Stable Coins erlauben zurzeit vor allem, was als erlaubte Pseudonymität beschrieben werden kann. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Unternehmen aus China, Russland oder auch Brasilien Stable Coins nutzen, um Kapitalverkehrskontrollen zu umgehen. Die G20 jedenfalls sieht bei Stable Coins klare Risiken: Geldwäscherei, Finanzierung von Kriminalität sowie Verletzung von Anleger– und Verbraucherrechten. In der EU bereitet man sich derzeit scheinbar auf eine Regulierung vor, um stärker gegen Stable Coins vorzugehen, die den Euro abbilden.

Digitale Zentralbankenwährungen

Während die Regulatoren Stable Coins künftig also etwas härter angehen dürften, scheinen Zentralbanken ein beobachtendes Auge auf diese Entwicklung zu werfen. Gemäß ihres Mandats und Wesens halten sie sich gedeckt und geben wenig über ihre eigenen Vorhaben preis. So wird vor allem spekuliert, dass erste Zentralbanken alsbald ihre eigenen
„Central Bank Digital Currencies“, kurz CBDC, lancieren werden.

Für Krypto-Assets wie Bitcoin sind diese keine direkte Konkurrenz, operieren beide doch von entgegengesetzten Prämissen aus. Wenig überzeugend erscheint in kurzer Frist auch die Vermutung, wonach direkt durch Zentralbanken emittierte CBDCs als Retail-Produkt für Bürger Relevanz haben werden. Würden Zentralbanken ihre digitale Währung direkt an den Endnutzer bringen, ohne dabei über Geschäftsbanken zu gehen, würden sie damit das aktuelle Finanz- und Bankensystem auf den Kopf stellen. Denn dann dürften Geschäftsbanken basierend auf einer CBDC Geldsurrogate in den Umlauf bringen – genauso wie bis dahin würde so das Risikomanagement der Geldschöpfung weiterhin an Private ausgelagert sein.

Welchen Weg Zentralbanken tatsächlich beschreiten werden, steht derzeit noch in den Sternen. Einige Spekulationen gehen dahin, dass Zentralbanken eine nächste größere Krise abwarten, um dann notleidende Geschäftsbanken bankrottgehen zu lassen und deren Kunden ihren alten Kontobetrag in der neuen digitalen Zentralbankwährung gutzuschreiben. Dann allerdings wäre ein Vollgeld-System Tatsache.

Im vierten Teil dieser Artikelserie geht es um mögliche Zukunftsszenarien. Ein besonderer Fokus liegt auf der Entwicklung Richtung „Modern Monetary Theory“ und wie deren Realitätwerdung konventionelles Geld immer wertloser machen könnte, während die Flucht in die Realwerte geldlose Werte immer wertvoller werden lässt.

Über den Autor

Pascal Hügli ist Chief Research Officer bei Schlossberg&Co, einem Schweizer Asset Manager mit Fokus auf digitale Assets.

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